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Trotz der viel beachteten Fussball-WM im vergangenen Jahr ist ein Tourismus-Boom in Katar ausgeblieben. Bild: Adobe Stock

Deshalb profitiert Katars Tourismus kaum von der WM

Reto Suter

Drei Monate nach der Fussball-WM zeigt sich, dass Katar sein Image im Westen durch das Grossereignis kaum aufpolieren konnte. Anders die übrige arabische Welt: Sie hat laut Studien Sympathiepunkte gesammelt.

Am 18. Dezember 2022 blickten Milliarden von Fussball-Fans aus der ganzen Welt nach Katar – und fieberten beim womöglich besten WM-Final der Geschichte zwischen Argentinien und Frankreich mit. Superstar Lionel Messi führte seine Argentinier in einem Krimi mit Penalty-Drama zum Sieg und krönte damit seine unnachahmliche Karriere. Katar hatte sein perfektes Drehbuch für eine Weltmeisterschaft, die speziell in Europa für scharfe Kritik sorgte – unter anderem wegen Verstössen gegen die Menschenrechte, offener Homophobie und der Ausbeutung von Gastarbeitern.

Trotz der sportlich grossen Show und der einwandfreien Organisation des Emirats bleibt das westliche Bild von Katar trüb. Zu diesem Schluss kam die «NZZ» (Abo), nachdem sie Einblick in zwei Studien bekam, die mögliche Imagewinne Katars untersucht hatten. «Zumindest kurzfristig scheint die Weltmeisterschaft den Ruf Katars nicht wesentlich verbessert zu haben», sagt Adam Scharpf, einer der Studienautoren der Universität Kopenhagen. Politikwissenschafterin Eda Keremoglu von der Universität Konstanz, die sich mit der gleichen Fragestellung befasste, ergänzt: «Wir sehen, dass Sportwashing in Katar nicht funktioniert hat. Was die Untersuchungen aber auch zeigen: Im Westen erhöhten sich durch die WM die Sympathien für die arabische Welt insgesamt.

Boom bei Schweizer Touristen bleibt aus

Die Ergebnisse der Studien decken sich mit den Erfahrungen von Schweizer Reiseveranstaltern. Die Nachfrage nach Ferien im arabischen Raum sei generell sehr hoch, so der Tenor diese Woche am Arabian Souk im Zürcher Volkshaus, der wichtigsten Schweizer Branchenplattform für die Märkte Nordafrika, Nahost und Arabien. Buchungen gehen aber nicht in erster Linie für Katar ein, sondern für fast alle anderen Länder im arabischen Raum. Oman, Jordanien und Ägypten ziehen besonders.

Längere Aufenthalte in Katar, hier die Promenade in Doha, werden weiterhin kaum gebucht. Bild: Adobe Stock

Marcel Gehring, CEO von Let's go Tours, bringt's auf den Punkt: «Katar ist durch die WM zwar in die Köpfe der Leute gekommen. Das Land ist und bleibt aber eine Stop-Over-Destination in Kombination mit anderen Reisezielen.» Dass jetzt plötzlich deutlich mehr Touristinnen und Touristen aus der Schweiz Ferien in Katar buchen, sei nicht der Fall, so Gehring. «Von einem Boom zu sprechen, wäre definitiv vermessen.»

Ganz ähnlich fasst Thaynná Gross von Travelhouse die Situation zusammen. «Längere Aufenthalte in Katar bucht praktisch niemand», sagt die Spezialistin für Reiseziele im arabischen Raum und im Indischen Ozean. Als Stop-Over-Destination sei das Emirat aber attraktiv – zum Beispiel für einen Zwischenhalt nach Aufenthalten in Thailand oder auf den Malediven. Im Gegensatz zu Let's go Tours hat Travelhouse auch eine leichte Zunahme von Buchungen für Katar festgestellt.

Bilanzierend lässt sich sagen: In touristischer Hinsicht war die Fussball-WM in Katar – zumindest was den Westen betrifft – vor allem für die anderen Länder der arabischen Welt ein Segen. Das Emirat selbst profitiert nur im kleinen Rahmen von zusätzlichen Reisenden, die den Weg ins Land finden.