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Blick vom Loreley Felsen auf Sankt Goarshausen und den Rhein: So liebt man Deutschland. Aber die aktuellen Ereignisse im Land sorgen für verringerte Reiselust. Bild: AdobeStock

Vermiest sich Deutschland gerade den Reiseherbst?

Prophylaktische Corona- und Energiesparmassnahmen sowie ein drohender Pilotenstreik bei der Lufthansa: Die jüngsten Nachrichten aus unserem nördlichen Nachbarland sorgen nicht gerade für Reiselust für die kommenden Wochen.

Eigentlich ist alles angerichtet für einen goldenen Reiseherbst in Deutschland: Die geografische, sprachliche und kulturelle Nähe, seit jeher Anziehungspunkte für Reisen von Schweizern nach Deutschland, werden durch einen historisch schwachen Eurokurs gegenüber dem Franken ergänzt. Auch das Wetter macht mit und es gibt ja genügend Anreisemöglichkeiten mit Flug, Bahn oder Auto.

Doch just nun ziehen Wolken auf. Zunächst einmal durch Regeln, welche die deutsche Politik als Präventivmassnahme gegen ein WIderaufflackern von Covid in Kraft setzen will. So wurde ein «Infektionsschutzgesetz» durchgeboxt, welches ab Oktober 2022 eine FFP2-Maskenpflicht im Fern- und Flugverkehr - also in Flugzeugen und in der Bahn - vorschreibt, sowie den Bundesländern im Fall hoher Ansteckungszahlen die Möglichkeit gibt, weitergehende Massnahmen zu beschliessen, wie zum Beispiel die Maskenpflicht in Geschäften oder auch erneut Reise- und Beherbergungsverbote. Das ist per se eigentlich gar nicht so viel, abgesehen von der Maskenpflicht (gegen die sich die Airlines bereits wehren) sind ja nur Optionen beschlossen - aber die Reaktionen der Tourismusindustrie liessen nicht lange auf sich warten. Und gerade Schweizer, die sich an die komplette Befreiung sämtlicher Corona-Massnahmen längst gewöhnt haben, werden die Rückkehr des Maskenobligatoriums kaum goutieren. Wer Verwandte oder Bekannte in Pflegeheimen besucht, muss zudem einen frischen Coronatest mitbringen. Deshalb sieht man in Deutschland auch weiterhin an jeder Ecke Coronatest-Anbieter.

Es geht aber noch weiter. Bereits ab September, also ab kommender Woche, treten in Deutschland spezielle Energiesparmassnahmen in Kraft, die bis zum 28. Februar 2023 gelten sollen. In öffentlichen Gebäuden dürfen Arbeitsräume nur noch bis zur einer Raumtemperatur von höchstens 19 Grad geheizt werden. Die Beleuchtung von Leuchtreklamen/Werbetafeln ist von 22 Uhr bis 06 Uhr untersagt - immerhin wurden da in der zweiten Version der Verordnung noch Schaufenster herausgenommen. Private Pools dürfen nicht mehr mit Strom und Gas geheizt werden. Aus Touristensicht besonders schade: Öffentliche Gebäude und Denkmäler dürfen nicht mehr für ästhetische Zwecke nachts beleuchtet werden. Auch diese Massnahmen sind vielleicht nachvollziehbar und gerade für Touristen wenig relevant, man würde sie aber wohl eher in einem Drittweltland als in Deutschland erwarten.

Aus touristischer Sicht am schlimmsten wiegt jedoch die Gefahr, dass der Verkehr nach Deutschland beeinträchtigt wird. Über die Wirren einer Bahnfahrt mit der DB haben wir schon berichtet. Zugausfälle, Verspätungen und überhitzte Züge animierten bisher nicht, statt auf Flugzeuge auf die Bahn zu setzen. Doch nun droht auch im Luftverkehr (noch mehr) Chaos. Die Lufthansa - welche sich wie die Swiss hierzulande mit Entschädigungsforderungen des Reisevertriebs aufgrund der vielen Annullierungen während den Sommermonaten konfrontiert sieht - muss nun möglicherweise auch Pilotenstreiks verkraften. Die Tarifkommission der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit lehnte am Donnerstag (25. August) ein nachgebessertes Angebot von Lufthansa ab, womit nun «jederzeit» Streiks möglich sind.

Fazit: Natürlich lieben wir Deutschland. Aber die strenge Corona-Prophylaxe, die aufgrund der hohen Abhängigkeit von russischem Gas entstandenen Energiesorgen und die Wirren in der Luft und auf Schienen lassen manchen Schweizer aktuell den Kopf schütteln darob, was im «Grossen Kanton» gerade passiert. Bleibt zu hoffen, dass dies nicht zu einer Delle in der touristischen Nachfrage führt.

(JCR)