Destinationen

Im 20-Minuten-Rhythmus galt es an der ATB in Wien für die Einkäuferinnen und Einkäufer von Ausstellerin zu Aussteller zu wechseln. Bilder: TN

Österreich lebt die neuen Tourismustrends

Gregor Waser

An den Österreichischen Tourismustagen/ATB in Wien trafen sich diese Woche 350 internationale Einkäuferinnen und Einkäufer mit über 260 Ausstellenden der einzelnen Regionen. Welche touristischen Entwicklungen anstehen, erfuhren die ATB-Teilnehmenden – darunter 20 Schweizer Gäste und Travelnews – auch auf dem Wissens- und Innovationscampus.

Die zahlreichen Speeches an den Österreichischen Tourismustagen/ATB vom 16. bis 19. Mai 2022 waren gespickt mit dem Wort «finally». Nach unzähligen Zoom-Meetings und zwei virtuellen ATBs trafen sich die Touristiker «endlich» wieder live: zu Fachgesprächen und Podiumstalks im Austria Center in Wien und abends in fantastischen Locations, wie sie Wien so viele hat, zum Get-together, vorzüglichen Speisen, Walzer- und modernen Klängen.

Nach dem Switzerland Travel Mart und dem Germany Travel Mart zogen nun auch die Österreichischen Tourismustage viele Einkäuferinnen und Einkäufer aus der ganzen Welt an, total 350, darunter 20 Schweizer Gäste, etwa von Hotelplan Suisse, Railtour Suisse, Woman Travel oder Twerenbold Reisen. Das Reiseland Österreich meldet sich nach zwei Jahren der harten Massnahmen zurück, seit anfangs Woche können Reisende auch wieder ohne Auflagen nach Österreich gelangen.

Unter dem Motto «ReDesign Tourism | now» widmeten sich die Vorträge und Panels jenen Themen, die nach der grossen Tourismuskrise die Erholungsphase bestimmen dürften: Österreich als Green Destination, die Zukunft der Mobilität, neue Anwendungen durch Datenbündelung, Gästetrends, die Erholung des Städtetourismus und Strategien gegen den Arbeitskräftemangel im Tourismus.

«Wir gehen in einen Sommer, in dem die Nachfrage wieder auf einem breiteren Fundament fusst», sagte Lisa Weddig, Chefin seit einem Jahr der Österreich Werbung. Kamen im Sommer 2021 noch 82 Prozent aller Nächtigungen aus dem DACH-Raum, erwartet sie in diesem Jahr vermehrt Gäste aus allen europäischen sowie den arabischen Ländern. «Wir sehen heuer gute Aussichten aus Südeuropa, den Niederlanden und den arabischen Ländern. Und wir rechnen mit einer stabilen Nachfrage aus den USA sowie dem DACH-Raum.» China sei indes nach wie vor vom internationalen Reiseverkehr abgeschnitten. Insgesamt blickt die ÖW-Chefin positiv auf den kommenden Sommer. Und sie nahm sich auch Zeit, ausführlich mit der Schweizer Delegation zu sprechen.

Und in welchen Bereichen ortet Carmen Breuss die aktuellen Trends? Dazu sagt die DACH- und ad interim Frankreich-Chefin der Österreich Werbung zu Travelnews: «Immer mehr Gäste suchen nach authentischen Erlebnissen. Sie wollen sich mit den Lebenswelten der Einheimischen auseinandersetzen. Die Geschichten und Menschen hinter den Produkten gewinnen an Bedeutung. Persönliche Begegnungen, Herkunftsbezeichnung bei Nahrungsmitteln, gelebte Traditionen werden geschätzt.» Es steige das Bedürfnis nach Natur und nach Bewegung im Freien. Outdoorangebote und Aktivitäten seien verstärkt gefragt.

Bekanntlich ist bei Schweizer Gästen Österreich auch wegen des guten Preis-/Leistungsverhältnisses beliebt. Dazu sagt Carmen Breuss: «Die in vielen Destinationen erhältlichen Sommer- oder Inclusive-Cards liefern Inspirationen und helfen gerade Familien, das Ferienbudget im Griff zu behalten.» Und zur aktuellen Situation sagt sie: «Die Nachfrage nach Städtereisen und Kulturangeboten steigt erfreulicherweise deutlich spürbar an. Dies bestätigen auch die zunehmenden Frequenzen im grenzüberschreitenden Bahnverkehr.»

Nachhaltigkeit wird gelebt

Wie inspirierend und zukunftsweisend die Panels, Diskussionen und Expertengespräche einer solchen Touristikermesse sind, erfuhr Travelnews beim dreitägigen Besuch eindrücklich.

US-Umweltschützer Marc Buckley zeigte auf der Vortragsbühne den Weg in eine grüne Zukunft auf. Welche Modelle im Tourismus führen zu Resilienz und nachhaltigem Erfolg? Wie sieht eine Welt aus, die für alle funktioniert? «Behandeln Sie andere und den Planeten so, wie Sie behandelt werden wollen», lautete eine seiner Antworten.

Wie ein genussvoller und entschleunigter Österreich-Aufenthalt ausschauen kann, zeigten in der Messehalle zum Beispiel Martin Martschnig und Hari Hittinger von Kostrunde.com auf. Sie organisieren drei-, viertägige Genussreisen rund um Wien und stellen ganz nach Gästegusto die Touren zusammen, hier eine Degustation, dort ein feines Essen, gefolgt von einem Besuch bei einem lokalen Produzenten oder einem Nickerchen in der Blumenwiese.

Dass auch Museen grün sein können, erläuterte Irene Wolfram vom Museum Hundertwasser. Das Haus ist nicht nur ökologisch gebaut und betrieben, auch die Sammlungen sind grünen Themen gewidmet. Dem Besucher eröffnet sich in Wiens erstem «grünen Museum» das visionäre ökologische Engagement von Friedensreich Hundertwasser. Er experimentierte mit begrünten Dächern und pflanzte Bäume in die Fassade.

Und welche Themen Bad Ischl / Salzkammergut als europäische Kulturhauptstadt 2024 prägen werden, schilderte Stefan Heinisch, der Leiter der Bewerbungsinitiative. Neben Baukultur, Handwerk, Kulturtourismus stehen auch die Themen Mobilität, Nachhaltigkeit und Regionalentwicklung im Zentrum.

Klar, wie an jeder grosse Messe: als Besucher kann man sich ob der Vielfalt der Themen und den zahlreichen Begegnungen verlieren. Doch es bleibt ein toller Eindruck zurück: die Reisewelt dreht sich wieder. Österreich ist sehr gut aufgestellt, um künftigen Gästewünschen zu entsprechen. Und die Schweizer Reiseveranstalter, die je zwei Dutzend 20-minütige Gesprächssessions mit den Austria-Anbietern absolvierten, zeigten sich über die Kontakte, die neuen Begegnungen und die künftigen Geschäftsopportunitäten sehr zufrieden.