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Ein buddhistischer Tempel in Colombo: Touristen können das Land weiterhin bereisen. Bild: AdobeStock

«Reisen nach Sri Lanka sind unbedenklich»

Jean-Claude Raemy

Der südasiatische Inselstaat durchlebt eine seiner grössten Wirtschaftskrisen. Für Touristen habe dies aber nur geringe Auswirkungen, argumentieren die Spezialisten.

Sri Lanka, die Gewürzinsel im Indischen Ozean gleich südlich von Indien, ist ein wundervolles Reiseziel. Das Land ist schon seit längerem wieder offen für Reisende, noch mit Bedingungen; seit dem 1. März 2022 brauchen geimpfte Reisende aber keinen Test zur Einreise mehr. Damit ist Sri Lanka im innerasiatischen Vergleich relativ unkompliziert zum Bereisen in Covid-Zeiten - woraus man sich bestimmt auch Zuspruch erhoffte. Und tatsächlich zog die touristische Nachfrage zuletzt wieder an.

Doch seit einer Woche ist Sri Lanka wieder in den negativen Schlagzeilen. Das Land befindet sich aktuell in der schlimmsten Wirtschaftskrise seiner 74-jährigen Geschichte; eine noch nie dagewesene Lebensmittel- und Treibstoffknappheit sowie eine Rekordinflation und Stromausfälle haben in Sri Lanka zu zahllosen Demonstrationen geführt, welche sich gegen die Regierung wenden. Der Druck wurde so gross, dass ausser dem Präsidenten selber die gesamte Regierung zurückgetreten ist. Wie es weitergeht, ist derzeit unklar - Sri Lanka kann seine Schulden kaum mehr bedienen, zumal wichtige Deviseneinkünfte aus wichtigen Industrien wie der Tourismusbranche pandemiebedingt fehlen.

Just jetzt, wo der Tourismus nach der Covid-Krise wieder anzieht, könnte die Krise ebendiesem schaden und sich damit weiter akzentuieren. Es stellt sich für Touristen die Frage: In ein krisengeschütteltes Land reisen oder nicht? Das EDA berichtet inzwischen von einer «angespannten Lage» vor Ort; rät jedoch nicht von Reisen ab. Wie sehen die Spezialisten die Situation vor Ort?

«Der Tourismus ist minimal tangiert»

Manta Reisen, der Spezialist aus dem Hause DER Touristik Suisse, verfügt seit langem über Sri-Lanka-Kataloge, zumal Sri Lanka sehr oft in Kombination mit der Paradedestination Malediven verkauft wird. Geschäftsführer Thomas Meier erklärt gegenüber Travelnews: «Meine Product Managerin ist soeben aus Sri Lanka zurückgekehrt und hat die Situation vor Ort aus erster Hand miterlebt. Ihr zufolge ist der Tourismus minimal tangiert; sie habe vor Ort kaum etwas vernommen und in den Hotels ist die Strom- und Nahrungsmittelversorgung sichergestellt.» Sie habe zwar die Schlangen vor den Tankstellen gesehen und auch eine Ausganssperre erlebt (die inzwischen aufgehoben ist), doch keine Einschränkungen oder gar Gefahrensituationen erlebt.

Aktuell habe Manta mehrere Kunden vor Ort, jedoch von keinem einzigen besorgte Rückmeldungen erhalten. Meier führt weiter aus: «Die Proteste finden vor allem an Wochenende und in den Städten statt. Die Touristen, die sich auf Rundreisen oder in Strandhotels befinden, bekommen davon wenig mit. Mir tut es sehr leid für die Bevölkerung, was gerade passiert. Ich habe aber Vertrauen darin, dass sich die Situation, welche wir natürlich weiter beobachten, bald entspannen wird. Die Situation vor Ort ist für Reisende jedenfalls unbedenklich, ich sehe kein akutes Gefahrenpotenzial oder sontigen Impact, welcher eine Reise unzumutbar machen würde. Es gab keine Toten und keine nennenswerten Sachbeschädigungen. Dafür hat man nun Sri Lanka fast für sich allein.»

Letzteres hat auch damit zu tun, dass zu Jahresbeginn die grösste Touristengruppe vor Ort aus Osteuropa und Russland kam - Kundengruppen, die nun infolge des Ukraine-Kriegs weggefallen sind. Manta selber verzeichnete ab Februar für März/April viele Sri-Lanka-Buchungen und es kommen auch jetzt noch neue herein, allerdings bereits für die Wintermonate. Denn die Saison in Sri Lanka endet im Mai, wenn der Monsun einsetzt. Bis Ende April kann man auch weiterhin mit Edelweiss nonstop nach Colombo fliegen (auf dem Rückweg via Male), und laut Meier seien diese Flüge gut ausgebucht. Alternativen gibt es sonst mit Emirates oder anderen auch genügend. Doch natürlich ist man auch in Sri Lanka derzeit noch entfernt von früheren Nachfrage-Leveln: «Sri Lanka ist aktuell noch ein Nischenprodukt im Indischen Ozean, aber ich bin zuversichtlich», schliesst Meier.

«Touristische Leistungsträger werden bevorzugt»

Stephan Roemer, Inhaber von Tourasia und auch CEO der DMC Diethelm Travel in Asien, erklärt auf Anfrage von Travelnews: «Wir haben mit Diethelm Travel Sri Lanka ein Team von rund 60 Mitarbeitenden vor Ort und sind täglich in Kontakt. Zurzeit befinden sich etwas über 40 Tourasia-Gäste in Sri Lanka und alle können ihre Reisen wie geplant, ohne massgeblichen Einschränkungen, durchführen.

Bei der Situation handelt es sich um eine innenpolitische Situation, welche den Tourismus nur am Rande berührt. Wir sehen keine Gefahr oder nennenswerten Einschränkungen bei den Reisen und Hotels, die wir anbieten. Aus Vorsicht empfehlen wir aber den Reisenden, die Hauptstadt Colombo zu meiden und stattdessen in Negombo zu übernachten, sollte der Kunde einen Aufenthalt in Colombo geplant haben - was eher selten ist, da die Stadt selber wenige Touristenattraktionen hat. Wir haben Anfragen von Reisebüros und Kunden, welche sich über die Lage informieren. Diesen geben wir aktuell ein vorgefertigtes Statement ab. Wir haben nach wie vor auch neue Anfragen und Buchungen.»

Im erwähnten Statement wird die Situation vor Ort geschildert und dabei auch festgehalten, weshalb der Tourismus, zumindest der organisierte Tourismus, nicht betroffen ist: «Die Regierung stellt aufgrund Zuteilungskontingenten sicher, dass touristische Leistungsträger bevorzugt versorgt werden und dadurch weder Restriktionen im Transport oder bei den Hotels entstehen. Die meisten Hotels haben zusätzlich ihre eigene Stromproduktion mit Generatoren, was mögliche Stromausfälle überbrückt. Touristen dürfen davon ausgehen, dass das Reisen im Land sowie Hotelaufenthalte ohne nennenswerte Einschränkungen durchgeführt werden. Tourasia garantiert die Durchführung sämtlicher Angebote. Bei den Flügen und Pauschalleistungen bestehen die unveränderten Vertragsbedingungen.»

Fazit

Wer Sri Lanka bereits gebucht hat, kann getrost gehen. Reist man hin, hilft man dem Land indirekt aus dem Wirtschaftsproblem heraus; das Risiko, selber von der Ressourcen-Knappheit im Land oder allfälligen Protesten betroffen zu sein, ist gering. Es wurde zwar von Fällen berichtet, wo aus Touristenbussen das knappe Benzin entwendet wurde. Der Zorn der 22-Millionen-Bevölkerung richtet sich allerdings klar nicht gegen Touristen, sondern gegen die aus seiner Sicht korrupte Regierung. Da die Saison allerdings ohnehin in wenigen Wochen endet, können jene, die ganz sicher gehen wollen, ihre Sri-Lanka-Reise für die nächsten Wintermonate buchen.