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«Der Schweizer Markt ist immer noch nicht unter den Top 10 unserer Quellmärkte»
Jean-Claude RaemyFrau Domanovac, beginnen wir mal mit den Basics: Wie sehen die aktuellen Einreisemassnahmen nach Kroatien aus?
Reisende, die aus der Europäischen Union und dem Schengen-Raum und den mit dem Schengen-Raum assoziierten Ländern kommen - also auch Personen aus der Schweiz -, dürfen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft in die Republik Kroatien einreisen, wenn sie über ein gültiges digitales Covid-Zertifikat der EU verfügen. Wer kein EU-Covid-Zertifikat hat, muss einen negativen PCR-Test, der nicht älter als 72 Stunden ist, oder einen anerkannten Antigen-Schnelltest, der nicht älter als 48 Stunden ist, vorweisen können.
Reisende können auch eine Bescheinigung vorlegen, die nicht älter als 365 Tage ist, nachdem sie zwei Dosen eines in den EU-Mitgliedstaaten verwendeten Impfstoffs (Pfizer, Moderna, AstaZeneca, Gamaleya, Sinopharm) oder von der Weltgesundheitsorganisation für den Notfall zugelassene Impfstoffe erhalten haben (Covishield, Bharat Biotech; Covaxin, Sinovac; CoronaVac) oder unter Vorlage einer Bescheinigung, die nicht älter als 365 Tage nach Erhalt eines in einer Dosis erhaltenen Impfstoffs (Janssen/Johnson & Johnson) ist, wenn seit der Verabreichung dieser einen Dosis 14 Tage vergangen sind. Es wird auch die Bestätigung des Erhalts der ersten Dosis des Impfstoffs Pfizer, Moderna oder Gamaleya berücksichtigt, mit der die Einreise in die Republik Kroatien in der Zeit vom 22. bis zum 42. Tag des Erhalts des Impfstoffs oder ab dem 22. bis zum 84. Tag der ersten Dosis AstraZeneca-Dosen sowie mit Bestätigung einer überstandenen Covid-19 Infektion und dem Erhalt einer Impfdosis innerhalb von 8 Monaten nach Ausbruch der Krankheit, sofern die Impfung zum Zeitpunkt der Einreise innerhalb der vergangenen 12 Monaten durchgeführt wurde.
Es gibt bestimmte Ausnahmen für Diplomaten, humanitäre Helfer, Profisportler, Journalisten, Schüler, Studenten, Patienten die zur Behandlung kommen, Seeleute und andere auf einer Sonderliste, sowie Transitpassagiere, die sich weniger als 12 Stunden in Kroatien aufhalten. Diese Personenkategorien müssen entsprechende Dokumente vorlegen.
Das klingt kompliziert, bedeutet aber, dass die meisten Personen aus der Schweiz eigentlich recht problemlos einreisen können. Wie sehen die im Land angewendeten Corona-/Hygienemassnahmen aus?
Neben den Standardmassnahmen wie Maskenpflicht in Innenräumen und Händedesinfektion entscheiden die lokalen Gesundheitsbehörden über besondere und aktuelle Massnahmen, die je nach aktueller Situation eingeführt oder ausgesetzt werden. Aktuell können zum Beispiel Veranstaltungen mit bis zu 50 Gästen ohne Covid-Zertifikate stattfinden, der Zutritt zu allen öffentlichen Einrichtungen und öffentlichen Unternehmen erfolgt mit Vorlage der Covid-Zertifikate, Sitzplätze in Kinos und Theatern haben einen vorgeschriebenen Abstand… Aus meiner Sicht wichtiger: Das Ministerium für Tourismus und der kroatische Tourismusverband haben gemeinsam das «Stay Safe»-Signet für einen sicheren Aufenthalt für alle touristischen Einrichtungen eingeführt, die sich an das vorgeschriebene Protokoll halten und sich um die Gesundheit und Sicherheit der Touristen in Kroatien kümmern.
Wie hoch ist eigentlich die Impfquote im Land?
In Kroatien sind etwa 60 Prozent der erwachsenen Bevölkerung geimpft, das sind 50 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Impfung von Kindern unter 12 Jahren hat vor Kurzem begonnen. Mit der Durchimpfungsrate sind wir noch nicht zufrieden, denn - wie in ganz Europa - gibt es eine ablehnende Haltung eines Teils der Bevölkerung.
Wie stark setzt dies bzw. setzen die speziellen Einreisebestimmungen und lokalen Hygienemassnahmen aus Ihrer Sicht der touristischen Nachfrage zu?
Kroatien wird von Touristen als sicheres Reiseziel wahrgenommen, wie die letzten beiden touristischen Saisons gezeigt haben, als wir im Vergleich zu anderen touristischen Zielen im Mittelmeer eine Rekordzahl an Touristen hatten. Die Nachfrage nach Campingplätzen, 5-Sterne-Hotels, Villen und dem nautischen Tourismus ist nicht eingebrochen. Der Nachfragerückgang macht sich bei Beherbergungskapazitäten mit geringerer Qualität in den Städten bemerkbar, denn der Gast von heute wünscht sich Komfort, aber auch eine gewisse Distanz zu Menschenansammlungen.
«Die Nachfrage nach Campingplätzen, 5-Sterne-Hotels, Villen und dem nautischen Tourismus ist nicht eingebrochen.»
Wie wichtig ist der Schweizer Quellmarkt für den Tourismus in Kroatien?
Der Schweizer Markt ist wichtig, aber leider immer noch nicht unter den Top 10 unserer Quellmärkte. Traditionell werden die ersten Plätze von Touristen aus Deutschland, Slowenien, Österreich, Italien, Tschechien, Polen, der Slowakei, Ungarn, Bosnien und Herzegowina und Frankreich eingenommen, auch Touristen aus der Ukraine und Russland nehmen zu.
Wenn wir in die entgegengesetzte Richtung schauen, wie interessant ein touristischer Besuch in der Schweiz für Touristen aus Kroatien ist, ist die Antwort: Sehr! Aber es gibt noch relativ wenige solcher Reisende. Der Grund dafür ist sicherlich das Fehlen von Werbeaktivitäten der Schweizer Tourismusindustrie in Kroatien, denn es hat sich gezeigt, dass Reiseziele, welche die Leute besser kennen, für sie attraktiver und zugänglicher sind.
Sprechen wir beim Tourismusgeschäft primär von VFR-Business oder auch von klassischem touristischem Business?
Touristen aus der Schweiz gibt es leider immer noch zu wenige. Die Mehrheit bilden aus unserer Sicht Geschäftsreisende bzw. Familienbesuche von in der Schweiz lebenden Kroaten. Sie verbringen die meiste Zeit des Aufenthaltes, überwiegend im Sommer, an der Küste.
Und wir dachten, immer mehr Schweizer besuchen Kroatien... Was besuchen übrigens «klassische» Touristen vor Ort?
Touristen, die Kroatien zum ersten Mal besuchen, erkunden hauptsächlich die Küste, von Dubrovnik bis nach Istrien. Interessant ist, dass Touristen aus Tschechien, Polen und der Slowakei den kroatischen Süden bevorzugen, während Touristen aus Deutschland, Italien, den Niederlanden und Slowenien den nördlichen Teil der Küste bevorzugen. Nach der Erkundung der Küste und der Inseln beginnen ausländische Touristen, den Rest Kroatiens zu erkunden. Es ist eine besondere Geschichte mit dem östlichen Teil des Landes, der von vielen Touristen besucht wird, die mit Flussschiffen auf der Donau anreisen. An der Spitze stehen vor allem Touristen aus den USA.
Die Zusammensetzung der Touristen in Zagreb ist vielfältig. Die Stadt wird von einer grossen Anzahl jüngerer Touristen besucht, die vor allem wegen dem vielfältigen Angebot und Veranstaltungen kommen; leider sind es derzeit nicht mehr so viele wie vor der Pandemie. Ein beliebtes Ziel junger Leute ist auch Split, wo bis zur Pandemie das Ultra-Festival stattfand, während Touristen, die Luxus und exzellenten Service lieben, die Inseln Lošinj und Hvar sowie Dubrovnik besuchen.
Was würden Sie insbesondere Schweizer Touristen empfehlen?
Neben den bekannten Naturschönheiten hat Kroatien auch eine grossartige und vielfältige Gastronomie, die in der Welt noch immer nicht genügend anerkannt ist. Für Liebhaber von Meeresfrüchte-Spezialitäten gibt es, zumindest nach Ansicht der Japaner, bei uns den besten Thunfisch der Welt. Kvarner-Garnelen haben denselben exzellenten Ruf, und fast jeder Küstenort kann mindestens noch ein paar weitere lokale Spezialitäten vorweisen. Der Osten Kroatiens ist bekannt für hausgemachte Wurstwaren, die «Kulen», aber auch für sein aufstrebendes touristisches Angebot. Das kontinentale Kroatien, angeführt von Zagreb, entwickelt den Abenteuertourismus durch eine Reihe von Veranstaltungen, die an die Bedingungen, in denen wir derzeit leben, angepasst sind. Die Liste der Empfehlungen ist lang und es wäre jetzt der richtige Zeitpunkt für Touristen aus der Schweiz, sie langsam zu entdecken.
«Das Fehlen von Werbeaktivitäten der Schweizer Tourismusindustrie in Kroatien ist bedauerlich.»
Hat sich aufgrund der Pandemie das touristische Angebot im Land verändert?
Ja, es hat sich wie überall auf der Welt verändert. Wir können sagen, dass einige Touristen zu häufigeren Gästen geworden sind, indem sie ihre heimatlichen Wohnorte in Westeuropa durch die kroatische Küste ersetzt haben. Warum ist das so? Die meisten geben an, sich in unserem Land sicher zu fühlen, die Massnahmen seien milder und sie leben so normal wie möglich. Wir nehmen das vielleicht nicht so wahr, weil es unser Tagesablauf ist, aber Gästen wird immer vertraut, oder?
Vor dem Hintergrund, dass die ITB Berlin nur online durchgeführt und die FESPO Zürich wie viele andere Reisemessen auch abgesagt wird: Findet die Tourismusmesse Place2Go 2022 statt? Wie sehen Sie die Zukunft von Live-Messen in Kroatien generell?
Es tut uns sehr leid, dass die ITB Berlin als Publikumsmesse abgesagt wurde, ebenso wie die FESPO. Vorerst arbeiten wir so, als ob unsere Place2Go stattfinden würde und hoffen, dass sich bis zu unserem Messetermin vom 17.–19. März 2022 mit den ersten Frühlingstagen die Situation stabilisiert. Wir sind eine kleinere Messe und können alle von uns geforderten Gesundheits- und Sicherheitsstandards umsetzen, sowie die Messe selbst entsprechend der aktuellen Situation organisieren. Meistens müssen wir kreativ sein, um sowohl für B2B-Partner als auch für ein breiteres Publikum interessant zu bleiben.
Wie sieht denn der touristische Ausblick für 2022 aus? Was sind Ihre Erwartungen?
Meine Erwartungen sind immer hoch, obwohl uns die letzten zwei Jahre gelehrt haben, dass es auch anders gehen kann. Als wir von der Touristensaison nichts erwartet haben, geschah ein Wunder, und jetzt, wo wir viel erwarten, sollten wir vielleicht vorsichtig sein. Kroatien hat den grossen Vorteil, dass es in erster Linie eine Selbstfahrer-Destination ist und nicht so sehr von Fluggästen abhängig ist. Deshalb ist die Zahl der Touristen gross.
In Kroatien entwickelt sich eine neue Richtung des Tourismus, nämlich «Travel Nomaden», und wir sind derzeit eines der beliebtesten Reiseziele der Welt für diejenigen, die in unserem Land vorübergehend als Touristen leben und es erkunden möchten.