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Marija Labović, die Direktorin der Serbischen Tourismusorganisation, findet, dass ihr Land für Schweizer Touristen viel bietet - die Pandemie hat dem zuvor guten Wachstum aus dem Schweizer Markt allerdings Halt geboten. Bild: TOS - Turistička organizacija Srbije

«Serbien bietet eine Kombination aus Genuss und Qualität»

Jean-Claude Raemy

Im Rahmen der Travelnews-Serie «Ländercheck» richten wir den Blick zum Jahresende nochmals nach Osteuropa, und zwar nach Serbien. Marija Labović, Direktorin der Nationalen Tourismusorganisation Serbiens (TOS), stellte sich unseren Fragen hinsichtlich Reisebestimmungen und aktueller Situation im Land und erklärt, was das Reiseland Serbien attraktiv macht.

Frau Labović, wie sehen die aktuellen Einreisemassnahmen nach Serbien aus?

Zum Schutz vor der Einschleppung ansteckender Krankheiten in das Hoheitsgebiet der Republik Serbien können ausländische Staatsbürger, denen weder ein vorübergehender Aufenthalt noch ein ständiger Wohnsitz in der Republik Serbien gewährt wurde, wie folgt nach Serbien einreisen:

  • mit einem digitalen EU-COVID Zertifikat
  • mit einem negativen PCR-Test, nicht älter als 48 Stunden, in Ausnahmefällen (Flugverspätung, usw.) nicht älter als 72 Stunden ab Ausstellungsdatum
  • mit einem vollständigen Impfnachweis von einem Staat mit dem die Republik Serbien eine gegenseitige Anerkennungsvereinbarung hat, wie z.B. Schweiz, Deutschland oder Österreich
  • mit einem Nachweis über eine positive Testung, die mindestens 14 Tage und maximal sechs Monate zurückliegt

Für Kinder bis 12 Jahre entfallen die oben genannten Einreisebestimmungen; Minderjährige zwischen 12 und 18 Jahren können auch ohne einen Nachweis einreisen, wenn sie innerhalb von 48 Stunden nach Einreise der zuständigen serbischen Gesundheitseinrichtung entweder einen negativen PCR- oder einen Antigentest eines serbischen Referenzlabors vorlegen.

Für Reisende im Transit - dieses darf maximal 12 Stunden dauern - ist kein Impf-/Genesungsnachweis oder negativer PCR-Test erforderlich. Dies gilt auch für Passagiere und Flugpersonal im Transit über serbische Flughäfen.

Ist man mal im Land, wie sehen dann die vor Ort angewendeten Corona-/Hygienemassnahmen aus?

Alle sind während ihres Aufenthalts in öffentlichen Innenräumen verpflichtet, Schutzmasken zu tragen und einen Abstand von mindestens zwei Metern zwischen zwei Personen einzuhalten, die nicht im selben Haushalt leben. Auch in öffentlichen Verkehrsmitteln besteht Maskenpflicht. Auf öffentlichen Plätzen im Freien ist das Tragen von Schutzmasken Pflicht, sofern es nicht möglich ist, einen Abstand von mindestens zwei Metern zwischen zwei Personen einzuhalten - also etwa vor Geschäften oder Apotheken oder an Bus- und sonstigen Haltestellen etc.

In geschlossenen Räumlichkeiten in Gastronomiebetrieben (Restaurants, Cafes, Bars, usw.) ist von 20:00 – 06:00 Uhr die Anwesenheit nur mit einem gültigen Covid-Zertifikat gestattet.

Bei der Durchführung öffentlicher kultureller und künstlerischer Veranstaltungen in Innenräumen ist die Anwesenheit von maximal 500 Besuchern gleichzeitig erlaubt, so dass jeder zweite Sitzplatz frei bleibt und mit Maskenpflicht für alle Besucher und Mitarbeiter, die an der Veranstaltungen teilnehmen bzw. mitwirken. Bei einer öffentlichen Kultur- und Kunstveranstaltung im Freien ist die Anwesenheit von maximal 500 Besuchern gleichzeitig erlaubt, so dass ein Abstand von mindestens zwei Metern zwischen den Besuchern eingehalten wird, mit Maskenpflicht für alle Besucher und Mitarbeiter, die an der Veranstaltung teilnehmen bzw. mitwirken.

Bei der Durchführung von Sportwettkämpfen in Innenräumen ist die Anwesenheit von bis zu 30% der Gesamtkapazität der Anwesenheit von Besuchern in der Anlage, in der der Wettbewerb stattfindet, zulässig, sowie Maskenpflicht. Bei einem Sportwettkampf im Freien ist die Anwesenheit von bis zu 50% der Gesamtkapazität der Besucherzahl in der Anlage, in der der Wettkampf stattfindet, erlaubt und das Tragen von Schutzmasken für Besucher verpflichtend.
  
Wie ist denn die aktuelle Impfquote im Land?

In Serbien beträgt die aktuelle Vollimpfungsrate 46 Prozent der Gesamtbevölkerung.

«Serbien bietet zahlreiche touristische Angebote, die laut unserer Marktanalyse genau dem primären touristischen Interesse von Schweizern entsprechen.»

Wie stark setzen die speziellen Einreisebestimmungen und Hygienemassnahmen Ihrer Ansicht nach der touristischen Nachfrage zu?

Es hatte sicherlich Auswirkungen, insbesondere in Bezug auf die Anzahl ausländischer Touristen, aber die serbische Tourismusbranche hat sich sehr schnell an die neue Situation angepasst. Für Hotels, Gastronomiebetriebe und andere Beherbergungsbetriebe wurde das Zertifikat «Sauber und sicher» eingeführt. Dieses Zertifikat ist eine Garantie für Touristen, dass die von ihnen gewählte Unterkunftseinrichtung die hygienischen Bedingungen erfüllt und die vorgeschriebenen epidemiologischen Massnahmen einhält. Derzeit sind über 200 Beherbergungsbetriebe und etwa 300 Restaurants zertifiziert.

Wie wichtig ist eigentlich der Schweizer Quellmarkt für den Tourismus in Serbien?

Wir verzeichnen konstantes Wachstum. Im Jahr 2019 stieg die Zahl der Ankünfte aus der Schweiz um 18% und erreichte 32'592; dazu kommen 6074 Ankünfte aus der Schweiz, die Serbien mit dem Boot besuchten und nicht in die Statistik aufgenommen wurden. Die Zahl der Nächtigungen steig damals um 16 Prozent gegenüber 2018 auf insgesamt 72'199.

Mit dem Ausbruch der Covid-19-Epidemie Anfang 2020 ging die Zahl der Ankünfte und Nächtigungen weltweit zurück, und auch die Zahlen in Serbien sind deutlich zurückgegangen. Aber: In den ersten neun Monaten des Jahres 2021 stieg die Zahl der Ankünfte gegenüber 2020 wieder um 95 Prozent sowie die Zahl der Nächtigungen um 77 Prozent.

Sprechen wir hier primär von VFR-Business (Visiting Friends & Relatives) oder auch von klassischem touristischem Business?

In der Schweiz lebt eine grosse serbische Diaspora bereits in dritter und vierter Generation, ebenso wie Schweizer mit serbischen Wurzeln, die aber noch immer eine starke Bindung zu ihren Wurzeln in Serbien pflegen. Wir können also sagen, dass das VFR-Geschäft aus der Schweiz dominant ist. Das heisst aber auch, dass diese «Touristen» oft bei Verwandten oder in ihren eigenen Häusern in Serbien wohnen und daher nicht in die allgemeine Touristenstatistik einfliessen. Das schmälert aber keineswegs ihre Bedeutung als Touristen und geschätzte Gäste, die gleichzeitig Botschafter des serbischen Tourismus sind und die auf ihren Reisen oft von Freunden aus der Schweiz begleitet werden, denen sie Serbien mit viel Liebe zeigen.

Was macht Serbien für Schweizer attraktiv?

Wir haben ein passendes touristisches Angebot. Serbien bietet zahlreiche touristische Angebote, die laut unserer Marktanalyse genau dem primären touristischen Interesse von Schweizern entsprechen. Dazu zählen etwa Städtetrips, wo besonders Belgrad, Novi Sad und Niš, aber auch andere Städteziele in Serbien herausragen, Kurzaufenthalte, Rundreisen, sowie Aktivferien in zahlreichen Nationalparks, Naturschutzgebieten und UNESCO-Schutzgebieten. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese touristischen Angebote einfach miteinander kombiniert werden können. Allgemein bietet Serbien einen Reichtum an kulturellen Sehenswürdigkeiten und grosse Vielfalt in der Gastronomie.

Dazu gibt es gute Verbindungen zwischen Serbien und der Schweiz. Mit der Schweiz gibt es mehrere Flugverbindungen; ab Zürich, Genf und Basel mit Belgrad und Niš, variabel je nach Saison. Es ist aber auch möglich, mit dem Bus oder PKW sowie via Zagreb oder Budapest mit der Bahn anzureisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Schweizer laut Marktanalyse viel in Europa unterwegs sind, natürlich an erster Stelle in den Nachbarländern, danach folgen die Länder Südosteuropas.

«In Serbien können Sie  durch die grösste Wüste Europas wandern.»

Was besuchen denn «klassische Touristen»?

Inländische Touristen entscheiden sich überwiegend für den Besuch von Thermen und Bergzentren, während ausländische Touristen sich in städtischen Gebieten aufhalten, überwiegend in der Hauptstadt Belgrad. Aber auch sie entscheiden sich immer häufiger für den Aufenthalt in Thermen und Bergen.

Was würden Sie insbesondere Schweizer Touristen empfehlen?

Serbien bietet eine Kombination aus Genuss und Qualität. Sie können Geist & Körper in einer der vielen Thermen stärken, die die heilenden Eigenschaften von Wasser, Luft und Erde nutzen. Sie können den teuersten Käse der Welt probieren, Pula, hergestellt aus Eselsmilch einer seltenen Art von Balkaneseln, die auf der Weide im Naturschutzgebiet Zasavica leben. Sie können den einzigartigen Wein Bermet aus der Fruška gora, der mit mehr als 20 verschiedenen Gewürzen angereichert ist, geniessen.

In Serbien können Sie auch durch die grösste Wüste Europas wandern, die Banater Sandwüste (Deliblatska peščara). Bei uns können Sie sehen, wo die Donau am breitesten und tiefsten ist. Wir haben Klöster, die Teil der europäischen Kulturstrasse «Transromanica» sind. Hier lässt sich auch erfahren, warum das EXIT-Musikfestival in Novi Sad eines der besten in Europa ist.

Wenn Sie Abenteuerlust empfinden, empfehlen wir, den Tara-Nationalpark zu besuchen und an einer Bärenbeobachtungstour teilzunehmen oder mit dem Kajak durch die Mäander des Uvac-Flusses zu paddeln, wo sich der Lebensraum der Gänsegeier befindet. All diese und viele andere Reiseziele sind einzigartig und nicht nur für den serbischen Tourismus wichtig, sondern stellen auch einen Teil des reichen touristischen Angebots Europas dar.

Hat sich denn in Serbien aufgrund der Pandemie das touristische Angebot im Land verändert?

Die Destinationen mussten sich der neuen Situation anpassen, was sie schnell und erfolgreich getan haben. Das Corona-Virus hat auch dazu geführt, dass immer mehr Menschen im Home-Office arbeiten, eröffnete ihnen aber auch die Möglichkeit, ihr Büro an einen Zielort ihrer Wahl zu verlegen, da lediglich eine stabile Internetverbindung und ein Arbeitsplatz erforderlich sind. Durchschnittlich acht Stunden wird gearbeitet, danach wird die Freizeit für Sightseeing und das Geniessen der Destination genutzt. Wir haben diesen Trend erkannt und speziell für diese Zielgruppe ein neues Produkt namens «Serbien – Open Office» entwickelt.

Wie sieht der touristische Ausblick für 2022 aus? Was sind Ihre Erwartungen?

Es sieht danach aus, dass 2022 von inländischen und regionalen Touristen geprägt sein wird, für die Serbien aufgrund der praktischen Landverbindungen und erleichterten Reisebestimmungen ein interessantes Reiseziel ist. Die Prognosen der Welttourismusorganisation gehen davon aus, dass die touristischen Trends aus der Zeit vor der Pandemie, an die wir uns gewöhnt hatten, erst 2023 zurückkehren werden.

TOS-Direktorin Marija Labović erwartet für 2022 noch keine grosse Rückkehr internationaler Touristen; das Geschäft werde von inländischen und regionalen Touristen geprägt sein. Bild: TOS - Turistička organizacija Srbije