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Die Skitouristen aus Grossbritannien, Belgien und den Niederlanden haben ihre Schweiz-Ferien annulliert. Der Frust in den Wintersportorten ist gross. Bild: Adobe Stock

Frust, Ärger und ein fordernder Brief vor dem Showdown

Outgoing- wie Incoming-Touristiker hoffen auf eine bundesrätliche Umkehr bis am Freitag. Die Quarantäneliste kommt einer Abschottung gleich, wie sich zunehmend zeigt. Der SRV hat zusammen mit der Tourismusallianz bei Bundesrat Alain Berset interveniert.

Das Thema hält die Schweizer Reisebranche seit Montag in Atem, wir haben täglich darüber berichtet. Die wieder eingeführte Quartäneliste – mittlerweile figurieren 24 Länder darauf – sind für den Outgoing- wie für den Incoming-Tourismus ein No-Go und nun vor den gut gebuchten Weihnachtstagen ein Umsatzkiller.

Eine Quarantäneliste mag in den ersten Tagen, wenn noch keine Fälle einer neuen Mutation aufgetaucht sind, für einen gewissen Zeitgewinn sorgen. Doch danach hilft sie nicht mehr, kommentierten wir am Montag. Denn Omikron ist schon hier. Tests bei der Einreise wären viel zielführender, wobei dies bei einer ankommenden Maschine aus Südafrika gar nicht geschehen ist.

Bei den Schweizer Reiseveranstaltern gehen in diesen Tagen Annullationen im dreistelligen Bereich ein, stellten wir am Dienstag fest. Wer will schon in den nächsten Tagen nach Ägypten, Grossbritannien oder Südafrika reisen, im Wissen, nach der Rückkehr zehn Tage in Quarantäne zu gehen? Dabei, wie am Mittwoch berichtet, dämmen gemäss Weltgesundheitsorganisation (WHO) «blancet bans», also pauschale Reiseverbote, den Virusstamm nicht ein, sondern stellen eine schwere Belastung für die Lebensgrundlage zahlloser Menschen dar.

Zertifikat und Testen – statt Reiserestriktionen und Quarantäne!

Die Schweizer Tourismusallianz mit total 14 Verbänden, darunter auch der Schweize Reise-Verband, hat nun mit einem fordernden Brief bei Bundesrat Alain Berset interveniert. Selbstverständlich verstehe der Tourismussektor, dass Massnahmen zur Eindämmung einer neuen Covid-Variante rasch und präventiv eingeführt werden müssen. Die getroffenen Massnahmen seien aber weder verhältnismässig noch zielführend, heisst es im auch vom neuen SRV-Präsidenten Martin Wittwer unterzeichneten Schreiben.

«Verunsicherte Gäste aus den Niederlanden, Belgien, Tschechien und dem Vereinigten Königreich stornieren bereits getätigte Reservationen oder sehen davon ab, eine beabsichtigte Buchung vorzunehmen», weist die Tourismusallianz auf den Missstand hin. Und weiter: «Die Massnahmen des Bundes haben bereits auch im Outgoing-Bereich zu einem Einbruch der Buchungen geführt und bedeuten für die Schweizer Reisebranche einen Entzug der Geschäftsgrundlage. Frühzeitige Rückreisen von Schweizer Touristinnen und Touristen bringen zudem grosse Zusatzkosten mit sich.»

Konkret stellt die Tourismusallianz diese beiden Forderungen:

  1. Quarantäne für geimpfte und genesene Reisende aus wichtigen Quellmärkten unmittelbar aufheben, sobald sich die Omikron-Variante in der Schweiz verbreitet.
  2. Testen (PCR-Test oder Antigen-Schnelltest) statt Quarantäne für Reisende aus Ländern, die gemäss BAG als gefährdete Omikron-Quelle eingestuft werden.

Seit vergangenen Freitag stehen zudem André Lüthi und Walter Kunz (beide SRV) im täglichen Kontakt mit dem BAG, dem EDA und anderen Institutionen. Zudem ist nebst dem täglichen Austausch auf operativer Ebene nächste Woche ein SRV-Meeting mit BAG-Direktorin Anne Lévy anberaumt.

Unzählige Zusatzstunden fallen an

Der zusätzliche Frust in der Reisebranche ist gross. Nach 21 Monaten der Rückschläge fällt nun mitten in der Phase der wieder aufkeimenden Reiseströme ein erneuter Hammer. Annullationen, Umbuchungen, endlose Telefonate mit verunsicherten Kunden, Abklärungen mit Versicherungen, Ringen um anfallende Kosten. Der Arbeitsalltag der Reiseveranstalter und Reisebüros ist erneut von viel Leerlauf geprägt, die vielen zusätzlichen Arbeitsstunden sind auf den Umsatz bezogen wirkungslos.

«Die neuen Regeln führen zu Verunsicherung, Absagen von Reisen und frühzeitigen Heimreisen», postet Hotelplan-Schweiz-Chef Tim Bachmann auf LinkedIn. Das gehe nicht spurlos an Hotelplan Suisse vorbei. «Seit Freitagabend haben viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre privaten Pläne hintenangestellt, haben unzählige Zusatzstunden geleistet und auch am Wochenende Sonderschichten übernommen. Dank diesem grossen Einsatz konnten wir unsere Kundinnen und Kunden schnellstmöglich informieren, Fragen beantworten, frühzeitige Rückreisen organisieren und Umbuchungen tätigen. Merci für Euren Einsatz, Eure Flexibilität und Eure Nerven!», richtet er sich an sein Team.

Annullationswelle bei Schweizer Hotels

Im Kanton Wallis ist Fassungslosigkeit auszumachen. Touristiker und Politiker sprechen von einem Schnellschuss des BAG. Endlich wären die Betten von Verbier bis Zermatt mit Touristen gefüllt, viele davon aus Grossbritannien, Belgien oder den Niederlanden. Doch diese Gäste müssten nun nach Ankunft erst zehn Tage in Quarantäne. Toll, Weihnachten und Neujahr im Hotelzimmer zu verbringen, wenn draussen die sonnigen Pisten locken. Entsprechend hagelt es nun Annullationen.

Staatsrat Christoph Darbellay spricht in der «NZZ» (Abo) von der negativsten Massnahme, die Bern seit Monaten ergriffen habe: «Dieses Regime bedeutet faktisch eine Grenzschliessung. Die kaufkräftigen Gäste weichen einfach nach Italien oder Frankreich aus.» Für Darbellay wäre es mit einem Covid-Zertifikat samt PCR-Test, der negativ und nicht älter als 48 Stunden sein sollte, für Touristen aus dem Ausland auch getan. Eine Wunschvorstellung, die sich mit jener der Schweizer Reiseveranstalter, was rückkehrende Auslandreisende betrifft, deckt.

Auch Damian Constantin, Direktor von Wallis Promotion, hält mit seinen Unmut nicht zurück. «Wir haben im letzten Winter allen gezeigt, dass man in den Walliser Bergen sicheren Skiurlaub machen kann». Zur Erinnerung: die Schweiz liess als einziges Alpenland die Bergbahnen im Betrieb, die Verpflegung erfolgte indes im Aussenbereich der Bergrestaurants. Einen Corona-Hotspot, mit Ausnahme eines mit Briten vollgepferchten Hotels in Wengen, gab es im Schweizer Wintertourismus nicht.

Die Walliser Mitte-Fraktion hat im Nationalrat bereits mal einen Vorstoss deponiert. Sie fordert vom Bundesrat Alternativen zur Quarantäne. Ob der Bundesrat am Regime aber überhaupt etwas ändern will? Die Zweifel darüber sind bei Touristikern derzeit gross.

Und wenn auch der Bundesrat am Freitag auf seinen Entscheid zurückkommen sollte, der angerichtete Schaden ist bereits sehr gross. Die Annullationen sind eingegangen. Kommende Buchungen sind unterbunden.

(GWA)