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Für die Schweizer Reisebranche war der gestrige 8. September ein guter Tag. Die Planbarkeit ist zurück. Bild: Adobe

Kommentar Freie Ferienfahrt für Geimpfte

Gregor Waser

Der Bundesrat hat sich für eine ausgeweitete Zertifikatspflicht entschieden und wird neue, für Geimpfte erleichterte Einreisebestimmungen bekannt geben. Gut so. Reisen zu planen, wird einfacher.

Wir befinden uns im Monat 19 der Corona-Pandemie. Täglich infizieren sich über 3000 Leute in der Schweiz mit dem hochansteckenden Virus. Die Intensivstationen der Spitäler sind voll.

Für die Reisebranche nimmt der Horror kein Ende. Die nun so wichtige Wintersaison scheint auf den Langstrecken ein zweites Mal mehrheitlich ins Wasser zu fallen. Es ist zum Heulen – für Airlines, Hotels, Veranstalter, Reisebüros und Fernwehgeplagte.

Nun hat sich gestern der Bundesrat überaus deutlich für eine Zertifikatspflicht ausgesprochen. Nur wer über ein Covid-Zertifikat verfügt, kommt ab dem 13. September in die Innenräume von Restaurants, Fitnesszentren und Zoos – eine Angleichung an internationale Standards.

Und am 17. September wird der Bundesrat neue Einreisebestimmungen bekannt geben. Die Konsultation läuft. Nicht geimpfte oder nicht genesene Personen werden wohl bei der Einreise sowie nach vier bis sieben Tagen nochmals einen negativen Test vorweisen müssen. Wer geimpft ist, braucht bei Einreise bloss noch das gültige Zertifikat zu zeigen.

Die Planbarkeit ist zurück

Für die Schweizer Outgoing-Reisebranche war der gestrige 8. September ein guter Tag. Denn die bisherigen, stetig ändernden Reisebestimmungen haben viel Unsicherheit ausgelöst, so dass viele Ferienwillige auf Reisen ins Ausland verzichtet haben. Eine solide Planbarkeit fehlte in den letzten eineinhalb Jahren.

Auch gut: die Testpflicht für unter 16-Jährige fällt weg. Für die fluglastige Reisebranche zudem erfreulich: das neue Regime wird angeglichen und gilt auch für Reisende per Bahn und Auto – wie auch immer das kontrolliert werden soll. Das Flugbashing dürfte damit jedenfalls abnehmen.

Wer geimpft ist, dem Schweizer Herbst- und Winternebel entfliehen möchte, muss bei der Rückreise in die Schweiz also nicht mehr mit über Nacht ändernden Bestimmungen oder kurzfristig eingeführten Quarantänemassnahmen rechnen, sondern bloss noch das Zertifikat zücken. Freie Ferienfahrt für Geimpfte.

Im Gegensatz zum Outgoing- hadert aber der Incoming-Tourismus mit den geplanten Massnahmen. Geimpfte Touristen von ausserhalb Europas müssen sich nun nämlich plötzlich testen lassen, bevor sie im Hotelrestaurant dinnieren können.

Rote Köpfe

Noch gibt es in der Schweiz über zwei Millionen nicht geimpfte Personen über 16 Jahren. Die lassen sich in zwei Lager aufteilen. Die mehrheitlichen Zögerer und das kleinere Lager der kategorischen Impfgegner. Mit der angezogenen bundesrätlichen Daumenschraube dürften sich nun etliche Zögerliche doch für eine Impfung und damit ein erleichtertes Freizeitleben und vereinfachtes Reisen aussprechen. Ob die Impfquote von derzeit 53 damit aber über 60 oder 65 oder 70 Prozent steigt, muss sich zeigen.

Denn die Impf- und Massnahmengegner sind zwar nicht zahlreich – aber laut. Trifft man sie im Aufenthaltsraum des Sportclubs oder im Treppenhaus auf einen Schwatz, wie in den letzten Tagen erlebt, fliegen einem Argumente um die Ohren, die schwindlig machen.

Die Langzeitfolgen seien unbekannt, der Impfstoff sei zu rasch entwickelt, erhebliche Nebenwirkungen, Impfung bringe nichts und müsse gleich wieder erneuert werden, «das Virus kann mir nichts anhaben», die Impfung mache unfruchtbar.

Doch als Impfbefürworter läuft man mit Gegenargumenten ins Leere. Sogar der Fakt, dass über 90 Prozent der derzeit Hospitalisierten Ungeimpfte sind, wird schnöde vom Tisch gewischt. Dies sei eine Aussage von den staatlich unterstützten Mainstream-Medien, diese Zahl sei zweifelhaft ... Meine Güte! Die meinen das wirklich so.

In den nächsten Tagen und Wochen dürfte sich die Diskussion diesbezüglich noch weiter verschärfen. Insofern war der 8. September für die Stimmung im Treppenhaus und Clubhäuschen kein guter. Für die Reisebranche insgesamt aber schon. Vielleicht treffen vereinzelte Annullationen von Ungeimpften ein. Doch die Planbarkeit für die Mehrheit ist zurück. Reiseveranstalter, Airlines & Co. können einen Gang hochschalten.