Destinationen

Typisches Sujet aus den Ferien in den Schweizer Alpen wie hier in Savognin GR: zumindest ein Regenbogen ist am oft grauen und regnerischen Himmel auszumachen. Bilder: TN

Das Wetter war schuld

Gregor Waser

Schöne Sommerferien in der Schweiz waren eigentlich angerichtet. Doch dann zogen die Regenwolken auf. So bilanzieren die Feriendestinationen die letzten Wochen.

Erneut waren die Erwartungen gross der Schweizer Feriendestinationen, wie schon im letzten Corona-Jahr nun auch 2021 auf viele Schweizer Gäste zu zählen, um dem weiterhin fehlenden Anteil ausländischer Gäste – zumindest jener der Fernmärkte – entgegenzuwirken.

Die Aussichten waren gut. Denn die Fragezeichen und Unsicherheiten, was Ferien im Ausland betrifft, spielten den Schweizer Feriendestinationen eigentlich in die Karten. Schweizer Touristen, die in normalen Jahren Strände bevorzugen, setzten bei der Planung auf Schweizer Bergziele. Doch reisten sie nun auch wirklich an? Travelnews hat mit einigen Schweizer Destinationen gesprochen – das Zwischenfazit für diesen Sommer fällt durchwässert aus.

«Wir haben unter dem schlechten Wetter gelitten.»

«Gut geht’s uns», sagt Christoph Leibundgut, Kommunikationsleiter von Interlaken Tourismus, «seit dieser Woche scheint die Sonne wieder. Nur war das leider in den letzten Wochen nicht der Fall.» Die definitiven Juli-Zahlen liegen zwar noch nicht vor, doch Leibundgut spricht von einer Zurückhaltung bei Schweizer und süddeutschen Gästen, die ihre Anreise vom Wetter abhängig gemacht haben und dann teilweise eben ausblieben. Gut aber für Interlaken: «Auf unseren Strassen sehen wir wieder vermehrt arabische Gäste, die haben uns im letzten Jahr gefehlt. Und was die Schweizer Gäste betrifft, hatten wir zumindest gute Juni-Zahlen.»

Das Fazit von Andres Lietha, Direktor von Engelberg Titlis Tourismus, fällt ebenfalls durchzogen aus: «Mai und Juni waren sehr gut, doch nun haben wir unter dem schlechten Wetter gelitten, viele kurzfristigen Buchungen blieben aus.» Lietha unterscheidet dabei nach Unterkunftsformen: «Ferienwohnungen werden frühzeitig gebucht, die Gäste sind angereist. Hotels haben tendenziell mehr Ausfälle gehabt. Gerade für die drei grossen Hotels, die auch auf ausländische Gäste angewiesen wären, war dies ein schwieriger Juli.» Und Andres Lietha sagt, das Wetter sei sogar noch wichtiger als die Coronasituation. Für Engelberg weiterhin schwierig: der so wichtige indische Gruppenmarkt ist vorerst noch inexistent.

Roland Schuler, der neue Direktor von Arosa Tourismus, zeigt sich ziemlich zufrieden mit der bisherigen Sommersaison: «Nach einem Rekordsommer im 2020 und der aktuellen Pandemiesituation ist man davon ausgegangen, dass das Gästeaufkommen nicht mehr auf dem Niveau des Vorjahres sein wird. Der sehr schöne Juni hat jedoch viele Schweizer*innen nach Arosa geführt. Vorallem war auch die Zunahme mit Gästen aus der Romandie spürbar.» Der Juli sei dann von einer unsicheren Wetterlage geprägt gewesen: «Grosse Gewitter blieben in Arosa aber aus und die Gäste konnten meist schönere Tage als vorausgesagt erleben. Die Durchführung der Swiss Orientierungswoche mit 2500 Teilnehmern hat dazu geführt, dass trotz allem zufriedenstellende Buchungszahlen entstanden. Der Juli wird im Vergleich zum Vorjahr mit etwa minus 5% in der Hotellerie zurückbleiben. Im Vergleich zum Sommer 2019 ist aber eine Steigerung von 25-30% entstanden.»

«Deutlicher Anstieg von Gästen aus der Westschweiz.»

Positiv fällt die Zwischenbilanz in Gstaad aus. Eliane Zürcher, Marketing Manager bei der Gstaad Marketing GmbH, sagt: «Wir sind mit dem Buchungsaufkommen sehr zufrieden. Die Zahlen sind ähnlich wie im Sommer 2020 – teilweise sogar noch besser. Im Juli 2021 verzeichnen wir mehr Logiernächte als im Juli 2019. Die ganz grosse Mehrheit, über 90 Prozent unserer Gäste stammt aus der Schweiz. Ein grosser Teil davon aus der Romandie. Der Anteil ausländischer Gäste hat im Vergleich zum letzten Sommer leicht zugenommen, etwa aus Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten.»

Bruno Huggler, Direktor von Crans-Montana Tourismus, stellt fest: «In der Hotellerie liegen wir im Moment rund 10% unter 2019, aber natürlich bedeutend höher als 2020. Beim Gesamtvolumen, also inklusive Frequenzen in den Zweitwohnungen liegen wir rund 3% unter den sehr guten Frequenzen von 2020. Fast 90% der Gäste sind Schweizer, davon 75% aus der Westschweiz. Die ausländischen Gäste kommen zwar wieder vermehrt, doch die Zahlen sind noch weit entfernt von 2019.»

Traditionell einen hohen Anteil von Schweizer Gästen hat das Unterengadin, entsprechend gut fallen die Zahlen in diesem Sommer aus. Madeleine Papst, Leiterin Medien, Marke und Content bei Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG, sagt: Die Buchungen werden in etwa vergleichbar sein mit dem starken Jahr 2020 und somit auch stärker als 2019. In der Hotellerie verzeichnen wir im 2021 mehr Buchungen als im 2020, wo coronabedingt die Hotellerie weniger stark nachgefragt wurde. In den letzten Jahren konnten wir innerhalb des Schweizer Marktes einen Anstieg von Gästen aus der Westschweiz verzeichnen.»

Auch Schweiz Tourismus hat sich in diesen Tagen bei den lokalen Partnern umgehört und hat diese aktuellen Zahlen eruiert «Unterkünfte erwarten landesweit durchschnittlich ein kleines Minus von -1 % für die Feriensaison. Bei den Tagesausflügen und Eintritten wird im Vergleich zur Vorjahresperiode ein kleiner Zuwachs von +1 % vorausgesagt, dies vor allem dank wieder stattfindenden Veranstaltungen sowie wetterunabhängigen Aktivitäten wie Museumsbesuchen», stellt Markus Berger fest, Mediensprecher von Schweiz Tourismus. Damit ist der Sommer 2021 gleich schlecht wie im Vorjahr und wird insgesamt rund 40 Prozent unter dem absoluten Rekordjahr von 2019 bleiben – hier eingerechnet sind auch die weiterhin schlechten Zahlen aus den Städten.

«Buchungsplus im September und Oktober von 36 Prozent.»

Doch wie sind die Aussichten für die nächsten Wochen? Zwei Trümpfe sollen stechen. Meetings sowie Ferienwohnungen. Andres Liehta stellt in Engelberg zunehmende Buchungen für Seminare und Firmenevents im zweiten Halbjahr fest. Auch Gstaad rechnet mit einer Zunahme der Übernachtungen dank wiedererstarkten Seminaren. Und stellvertretend für die Ferienwohnungsbranche sagt Bianca Gähweiler, Mediensprecherin der Interhome Group: «Gegenüber dem Vorjahr verzeichnen wir für die Monate September und Oktober 2021 aktuell ein Buchungsplus von 36 Prozent».

«Ich habe hohe Erwartungen an den Herbst», sagt Bruno Huggler. «Im letzten Jahr verzeichneten wir im Herbst Rekordfrequenzen in Crans-Montana. Wir dehnen die Verfügbarkeit des Angebots bewusst aus, die Bahnen sind 365 Tage in Betrieb, der Ortsbus und viele Infrastrukturen sind bis Ende Oktober offen. Golfspielen ist solange möglich, wie es das Wetter erlaubt. Wandern und Biken ist ebenfalls sehr beliebt in dieser Jahreszeit.»

Aber auch für die kommenden Wochen gilt: neben der epidemiologischen Situation wird vor allem auch das Wetter der entscheidende Faktor sein. Christoph Leibundgut präzisiert: «Der Wetterbericht wird entscheidend sein – ich sage bewusst nicht <das Wetter>. Wenn da ein paar Wölkchen über Interlaken dargestellt werden, merken wir das sofort und die Gäste bleiben teils aus. Dabei können wir das schönste Wetter haben, wenn der leichte Föhn die Wolken wegbläst.» Also: der Ball liegt nicht nur bei Petrus sondern auch bei den Wetterdiensten.

Trotz regnerischen Sommerferien: dank Photoshop können die Ferienerinnerungen in ein gutes Licht gerückt werden.