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Man darf die Impfung kritisch betrachten - eine bessere Lösung des Corona-Problems ist indes noch nicht in Sichtweite. Bild: AdobeStock

Kommentar Die Impfskeptiker sind auch in den Reisezielen ein Problem

Jean-Claude Raemy

Für Länder, die auf Einkünfte aus dem Tourismus angewiesen sind, kommt das tiefe Impfniveau vor Ort immer teurer zu stehen. Denn die hohen Zahlen vor Ort bugsieren die Reiseländer auf immer mehr Rote Listen. Die Schweiz reagiert bisher noch am Gelassensten.

Viele vor allem südeuropäische Länder haben zu Beginn der Sommerferien in grösserem Stile wieder Touristen zugelassen. Die Massnahmen vor Ort wurden natürlich nicht gänzlich fallengelassen und aufgrund der vielfach bereits geimpften Einheimischen wie auch Einreisenden ging man von einem «kalkulierbaren Risiko» aus, welches man gerne einzugehen bereit war, um der wichtigen Reiseindustrie das ersehnte Sommergeschäft zu ermöglichen.

Leider liessen die Probleme - auch und gerade wegen der sich rasant verbreitenden Delta-Variante - nicht lange auf sich warten. Die Zahlen stiegen mancherorts wieder steil an. Mit dem Resultat, dass die Mittelmeer-Zielgebiete wieder in rötlichen Tönungen auf die berüchtigten Ampellisten in diversen wichtigen Quellmärkten gerieten, und somit die Touristen entweder frühzeitig abreisten, stornierten oder auch nicht mehr kurzfristig buchten. Aktuell liegen Länder wie Zypern, Spanien, Griechenland, Portugal oder die Türkei weit über jenen Schwellwerten, welche als «unbedenklich» taxiert werden (die EU taxiert eine Inzidenz von unter 50 als unbedenklich... für die aktuellsten Werte in den Ländern weltweit siehe unter diesem Link). Aus Schweizer Sicht erfreulich: Hierzulande wurde die Risikoländerliste des BAG nicht wieder aktiviert und man vertraut auf die Impfung - zumindest bei Rückkehr in die Schweiz werden keine Barrieren geschaffen; die Einreisepflicht in die jeweiligen Länder muss man trotzdem gut anschauen. Andere Länder reagieren da viel extremer.

Und den grössten Schaden nehmen wie so oft die Ferienländer selber. Die Nachfrage ist weit weg von den üblichen Niveaus und das zarte Restart-Pflänzchen ächzt. Allerdings ist die Situation vor Ort teils auch selbstverschuldet - das Impfniveau ist in einigen der Ferienländer weiterhin extrem tief und die Bereitschaft zum impfen nimmt auch nicht wesentlich zu. Das trägt zu den hohen Zahlen im Landesinneren bei, welche wiederum zur Platzierung auf Roten Listen führen.

Nicht nur die Reisenden sind schuld, sondern auch einheimische Impfmuffel

Nehmen wir als Beispiel Griechenland, einer der Ferien-Favoriten 2021 der Schweizer Bevölkerung. Das Land sähe gerne höhere Impfquoten, kämpft aber ebenfalls mit der tiefen Impfbereitschaft, vor allem bei Männern im Alter von 17-44 Jahren. Wie das griechische Portal GTP Headlines festhielt, sind rund ein Drittel der griechischen erwachsenen Bevölkerung nicht geimpft und wollen daran auch nichts ändern. Viele sind skeptisch gegenüber der Impfung, noch mehr fürchten sich gar nicht erst vor einer Ansteckung (ob sie fürchten, potenziell ihnen nahestehende Personen anstecken zu können, wurde nicht gefragt).   

Griechenland und insbesondere die griechische Tourismusindustrie betrachten diese Impfskepsis mit grösster Sorge. Denn diese trägt dazu bei, dass das Land eben wieder in diversen wichtigen Quellmärkten als «ansteckungsgefährlich» betrachtet wird und somit das Tourismusgeschäft in Mitleidenschaft gezogen wird. Zahllose Reisen wurden bereits abgesagt, weil den Personen im jeweiligen Quellmarkt bei Rückkehr aus Griechenland inzwischen wieder Quarantäne droht. Dies, nachdem die 14-Tages-Inzidenz in Griechenland innert Kürze von unter 100 auf über 150 schnellte und inzwischen bei 361 angelangt ist.

Wir wollen ja keine schlafenden Hunde wecken... aber würde man die in der ersten Jahreshälfte gültige Regel «CH+60» anwenden, müssten trotz auch in der Schweiz hohen Infektionswerten (aktuelle 14-Tages-Inzidenz bei 125) gleich 55 Länder auf die Risikoländerliste setzen, darunter viele beliebte Reiseziele. Doch die Schweiz hat bislang einen anderen, vernünftigeren Weg als die unsäglichen Ampelsysteme gewählt (obwohl ein solches leider zur Diskussion steht). Es wird auf die Impfquote im eigenen Land, auf die Situation im medizinischen Bereich sowie auf das Verantwortungsbewusstsein der Reisenden gebaut. Ein Ampelsystem würde das Problem nicht bzw. nur punktuell lösen, wie Travelnews bereits festhielt.

Es ist auch den Zielländern zu raten, die Impfquote zu erhöhen, um Herr der Lage zu werden. Dann sinken die Zahlen und die Reisenden können wieder kommen. Und die Reisenden werden dann in der Öffentlichkeit auch nicht mehr alleinige Schuld tragen an steigenden Infektionszahlen - das Problem ist, wie oben am Beispiel Griechenland festgemacht, auch ein hausgemachtes Problem.