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Gehen Sie doch mal an die Wärme nach... Lappland
In der Schweiz ist der Juli gefühlt komplett ins Wasser gefallen. Regen, Regen, nochmals Regen und für die Saison doch recht tiefe Temperaturen bestimmen mehrheitlich das bisherige Sommerwetter. Kein Wunder, sehen sich viele Schweizer jetzt erst recht nach Ferien im Süden. Wobei... wieso unbedingt in den Süden? Im Norden herrschen aktuell nämlich auch hohe Temperaturen. Erstmals wurde dies vielleicht deutlich, als man hörte, dass an den EM-Spielen in St. Petersburg Temperaturen von bis zu 35 Grad herrschten. St. Petersburg befindet sich ungefähr auf demselben Breitengrad wie Helsinki und Oslo.
Doch auch noch nördlicher davon ist es derzeit ungewöhnlich heiss. In Lappland herrschten diese Woche Temperaturen über 34 Grad - ungewöhnlich heiss für die Polarkreisregion. Letztmals wurden 1914 ähnliche Temperaturen gemessen. Schon der Juni war in Lappland im Schnitt der heisseste seit Beginn der Messungen im Jahr 1844.
Ist das von Vorteil für die lokalen Tourismusanbieter? Travelnews hat bei Max Hensler, dem Schweizer Betreiber der Norrsken Lodge im schwedischen Övertorneå, direkt an der finnischen Grenze, nachgefragt. «Wir dürfen täglich Gäste - vor allem aus der Schweiz und Deutschland - empfangen», holt Hensler aus, «das Wetter im Süden ist einfach zu schlecht und viele flüchten in die Wärme nordwärts. Auch das ist ungewöhnlich. Die Hitze hier ist wahnsinnig, noch nie hatten wir so lange so heiss am Polarkreis. Unsere Gäste nehmen das aber locker. Am Strand kühlen sie sich im 18 Grad kalten Wasser ab und sonnen sich.»
Hensler zufolge wollen nun viele gar bis zum Nordkap. Da die Einreise über Finnland nach Norwegen möglich ist, wenn man geimpft/genesen oder negativ getestet ist, führt die Reise für viele «bis ganz nach Oben». An der finnischen und norwegischen Grenze wird man kontrolliert. Hensler erklärt, dass laut meteorologischem Dienst das Wetter im Hohen Norden über die nächsten Wochen konstant schön bleiben sollte - nun hofft er, dass noch viele Gäste kurzfristig sich für den Norden entscheiden werden.
Neue Probleme
Das heisst natürlich nicht, dass der Norden jetzt gleich der neue Süden ist und es alle Jahre so sein wird, auch wenn bereits entsprechende Gerüchte kursieren. Klar ist jedoch, dass die Hitze im Norden die dortigen Bevölkerung wie auch Flora und Fauna recht unerwartet trifft und zuvor unbekannte Probleme schafft.
Besonders für die Tierwelt ist die Wärme ein grosses Problem. Henslers Mitarbeiterin Eva-Maria vom hauseigenen Husky-Camp erzählt, dass die Hunde kaum essen und den ganzen Tag schlafen. «Wir haben gelacht, als wir gestern über die Temperaturen diskutiert haben», so Hensler, «es ist 70 Grad zu warm. Die Hunde mögen eher -35 als +35 Grad.» Wobei es natürlich im Sommer auch in Lappland nie -35 Grad ist. Doch im Mittelwert sind die Temperaturen rund 10-20 Grad zu hoch. Das führt dazu, dass man die Tiere auch weniger sieht. Dazu Hensler: «Die Rentiere sind verschwunden. Normalerweise sieht man die Rentiere in Strassennähe. Nicht jetzt. Sie suchen Schatten und kühlere Gebiete im Wald, wo Wasser zu finden ist. Die Flucht vor Angreifern wie Bär, Wolf oder Vielfrass, ist bei solchen Temperaturen schwierig, da sie nicht längere Zeit rennen können.»
Zudem werde das Trinkwasser langsam knapp; viele Gemeinden in der länderübergreifenden Region Lappland haben den Wasserverbrauch limitiert. Duschen ist nur noch einmal pro Woche erlaubt, Autowaschen derzeit verboten. Die Gefahr von verheerenden Waldbränden, ähnlich wie 2018, ist hoch und Feuer machen im Freien ist verboten. «Wir brauchen dringend Regen, seit Wochen ist es trocken», sagt Hensler. Gäste im Norden würden mit etwas Regen klarkommen - schliesslich ist man ja gekommen, um Skandinavien geniessen und nicht Nordafrika. Doch vorerst dauert die Hitze an. 34 Grad weit nördlich des Polarkreises: Das mag attraktiv klingen, ist aber eigentlich gar kein gutes Zeichen.