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Bäume, Seen, Weite: Finnland, wie man es liebt. Die Region Saimaa will dies nun touristisch mit einer Stadt von Weltformat verbinden. Bild: Rural Explorer

Finnland blickt in der Tourismusvermarktung über die Grenzen

Die Region Saimaa und St. Petersburg sollen touristisch gemeinsam vermarktet werden, und auch eine Annäherung an Estland ist geplant. Derweil muss die 100-Jahr-Feier von Åland leider weiterhin ohne ausländische Touristen auskommen.

Zuerst die schlechte Nachricht: Am 3. Juni hat die finnische Regierung bekannt gegeben, dass die Einreisebeschränkungen erneut verlängert werden, dieses Mal bis zum 27. Juni 2021. Damit werden sowohl die Kontrollen an den Binnengrenzen als auch die Beschränkungen im Aussengrenzverkehr fortgesetzt. Will heissen: Reisen in das nordische Land sind für Schweizer weiterhin nicht möglich. Noch besteht immerhin die Hoffnung, dass es für die Sommersaison dann kurzfristig doch noch klappt. Aber an vernünftige Ferienplanung ist derzeit nicht zu denken.

Die gebeutelte finnische Tourismusbranche bleibt deswegen jedoch nicht untätig. Besonders ein neues, länderübergreifendes Projekt finden wir interessant: Die Region Saimaa im Südosten des Landes will einen touristischen Korridor mit St. Petersburg im benachbarten Russland auf die Beine stellen. Der Saimaa-See ist der grösste See Finnlands, von der Stadt Lappeenranta am Saimaa-See aus sind es bis zur russischen Grenze gerade mal 26 Kilometer und bis nach St. Petersburg knapp 200 Kilometer. Da liegt eine engere Kooperation auf der Hand - doch grenzüberschreitender Tourismus ist aus mannigfaltigen Gründen schwierig, ganz abzusehen von den Vorbehalten von Finnen gegenüber Russen (Russland herrschte jahrhundertelang über Finnland, bis zu dessen Unabhängigkeit 1917, doch es kam auch im Rahmen des Zweiten Weltkriegs nochmals zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Ländern).

Doch das ist passé. Nun gibt es bald einen «Saimaa-St. Petersburg Travel Corridor»; die ersten Broschüren wurden gedruckt und erste paketierte Kombireisen zwischen diesen Zielen sind für 2022 geplant. Konkret kooperieren St. Petersburg und die Städte der Region Saimaa im Tourismusmarkt, also bei der Produktentwicklung sowied der Vermarktung und dem Verkauf. Es geht darum, sowohl bei Reisebüro-Agenten als auch beim Konsumenten das Bewusstsein zu schaffen, dass die Stadt und Region St. Petersburg inklusive dem Ladoga-See ideal mit dem Saimaa-See und dem Südosten Finnlands kombiniert werden kann. Teilnehmer am Projekt sind die finnischen Städte Imatra, Lappeenranta, Mikkeli und Savonlinna aktuell bereits im Marketing-Konsortium «Lake Saimaa Purest Finland» verbunden sowie auf russischer Seite die Stadt St. Petersburg sowie die Oblast Leningrad (also der Verwaltungsbezirk rund um St. Petersburg). Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird vom EU-Kooperationsprogramm «Südostfinnland-Russland» finanziert.

Grenzüberschreitende visumsbefreite Angebote

«Die im Rahmen dieses Projekts gestartete Kooperation wird natürlich auch nach Ablauf des EU-Projekts weiterlaufen», versichert derweil Mirka Rahman, der Tourismusdirektor von Lappeenranta. Diese Stadt hatte bereits 2015 mit dem Tourismusinformationsbüro von St. Petersburg einen Kooperationsvertrag unterzeichnet.

Konkrete Reiseprodukte sind für 2022 geplant; hierfür existieren bereits konkrete Angebote der Spezialisten Voigt Travel aus den Niederlanden sowie von Fintouring aus Deutschland. Weitere Akteure sollen noch mit an Bord kommen und grenzüberschreitende Reiseerlebnisse anbieten, welche die bereits bestehenden grenzüberschreitenden (sprich: visumsbefreiten) Kreuzfahrt-Angebote ergänzen. Eine Website existiert ebenfalls schon für dieses Projekt; die Detailinfos findet man unter diesem Link.

Für Rahman bieten die Kombination aus Natur und Kultur sowie den grenzüberschreitenden Schifffahrten im Dreieck von Ladogase, Saimaa-See und Finnischem Meerbusen wichtige Trumpfkarten, die es für den Restart des Tourismus - den man sich gegen Ende Jahr erhofft - konsequent auszuspielen gilt.

Gemeinsame Luftfahrtkontrolle mit Estland

Das ist noch nicht alles, was an grenzüberschreitenden Projekten passiert. Finnland befindet sich aktuell im engen Austausch mit Nachbar Estland hinsichtlich einer Fusion der Flugverkehrs-Kontrolleinrichtungen. Bereits ab 2022 wollen die beiden Länder ihren Luftraum «teilen», also eine einheitliche «Air Traffic Control» bieten mit zwei Zentren in Helsinki sowie in Tallinn, welches über den Finnischen Meerbusen hinweg lediglich 87 Kilometer entfernt liegt.

Kommt dieser Plan zustande, könnten damit Kosten eingespart und die Sicherheit erhöht werden. Europa ist bekanntlich ein Flickenteppich von nationalen Luftverkehrs-Kontrollzonen, was teils verunmöglicht, die sinnvollste und damit auch umweltschonendste Route zu fliegen. Die beiden Nachbarländer wollen hier gemeinsam das Problem anpacken - und damit einen sinnvollen und für den Konsumenten letztlich kostenfreien Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.

100 Jahre Åland

Und dann ist da noch Åland, so etwas wie eine grenzüberschreitende Region per se. Formell gehört die Inselgruppe Åland zu Finnland, die Amtssprache ist jedoch schwedisch und Åland, eine entmilitarisierte Zone, geniesst auch weitgehende politische Autonomie. Bekannt ist dies vor allem in der Kreuzfahrt, in welcher Åland als Zollfreizone fungiert und damit auf dem Weg von Helsinki nach Stockholm oder umgekehrt Kreuzfahrer steuerfrei Waren in recht hoher Menge einführen dürfen (es gelten die üblichen Tax-Free Grenzen, wie sie bei der Einreise aus Nicht-EU-Ländern gelten).

Und in Åland beginnt heute (9. Juni) eine grosse Party: Nämlich «100 Jahre Åland». Genau genommen werden erst 99 Jahre gefeiert, denn das Parlament von Åland  kam am 9. Juni 1922 erstmals zusammen. Die Idee ist jedoch, die Feierlichkeiten auf ein ganzes Jahr auszudehnen. Natürlich unter anderem mit der Hoffnung, dass dann bei der effektiven 100-Jahr-Feier in einem Jahr auch wieder zahlreiche internationale Reisende mit dabei sein können. Eine Übersicht über die kommenden Feierlichkeiten und Events bietet diese Website.

Es gibt also einiges, worauf sich die Finnen und Finnland-Fans freuen können, insbesondere jetzt nach dem gegen Kanada verlorenen Eishockey-WM-Final. Bleibt zu hoffen, dass die finnische Regierung, gemeinsam mit jener Norwegens, nun endlich bald etwas Lockerungen zulässt. Dänemark und Schweden machen in dieser Region vor, wie es gehen kann...

100 Jahre alt und immer noch verträumt wie eh und je: Die Åland-Inseln. Bild: Patrik Linderstam

(JCR)