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Das gemächliche Inselleben - hier eine Privatinsel nahe Praslin (Seychellen) - ist gerade in Corona-Zeiten in Traum. Bild: Tommaso Nervegna

Fernab aller Sorgen auf den Seychellen

Jean-Claude Raemy

«Da wäre ich jetzt gerne» heisst die neue Travelnews-Serie über traumhafte Ferienorte, an die man sich in diesen Wochen des Reisestillstands sehr gerne zurückerinnert. Heute: Travelnews-Chefredaktor Jean-Claude Raemy schwelgt geistig im Indischen Ozean.

Auf den Seychellen war ich bislang drei Mal - allerdings sind es seit dem letzten Mal bereits 15 Jahre her. Die Sehnsucht nach diesem Inselparadies im Indischen Ozean ist eigentlich permanent vorhanden. In diesen für die Reisebranche und auch für das Privatleben turbulenten Zeiten ist die Sehnsucht allerdings noch grösser als üblich.

Zum einen sind die Seychellen kein Massenziel. Social Distancing ist problemlos möglich. Was nicht heisst, dass es auf den Inseln etwa langweilig wäre. Mit etwas Hilfe der freundlichen Einwohner findet man durchaus auch versteckte und doch lebhafte Clubs oder Bars. Würde mich das zu normalen Zeiten extrem locken - was gibt es Schöneres als auf einer Tropeninsel unter dem Sternenhimmel auf einer belebten Veranda zu unterhaltsamer Musik einen «Coco d'Amour» zu trinken? - verhält sich dies in Corona-Zeiten natürlich etwas anders. Jetzt locken die Ruhe, Abgeschiedenheit, das «Dolce Farniente» unter Palmen. Man merkt, die Pandemie hinterlässt auch in der Seele spuren, man ist ausgelaugt, will trotz dem Lockdown eigentlich gar nicht viel Action, sondern einfach mal Ruhe, Entspannung, weg sein von all dem Gekreisch und den stets wechselnden Bestimmungen rund um die Pandemie.

Meine beste Therapie war stets das Reisen. Und jetzt auch wieder: Ich wäre aktuell am liebsten auf den Seychellen.

Eigentlich hätte ich diese Sehnsucht bereits im November 2020 stillen können, als ich mich für eine Studienreise mit Qatar Airways eintrug. Zunächst gab es eine Flugplanverschiebung seitens der Airline, beim Ausweichdatum im Januar 2021 dann herrschte Unsicherheit über die Durchführbarkeit aufgrund verschärfter Einreisebestimmungen. Sign of the times.

Aber die Inseln sind geduldig und ich werde früher oder später dorthin zurückkehren. Aktuell muss ich mich halt an die schönen Erlebnisse dort zurück erinnern und daraus Kraft ziehen. Den Nonstopflug ab Zürich mit Air Seychelles gibt es zwar nicht mehr, aber man kommt mit Edelweiss jetzt auch nonstop hin, oder mit den Golf-Carriern mit einem Zwischenstopp. Die Erreichbarkeit ist also gewährleistet. Und so ist man innert weniger Stunden am Flughafen von Mahe, mit lediglich 2-3 Stunden Zeitverschiebung, und kann sich auf den Transfer zum Hotel machen. In der Regel bleibt man zunächst gleich auf Mahe, der grössten Insel im Inneren Archipel der Seychellen. Die meisten wird es auch nach Praslin ziehen, der zweitgrössten Insel, weltberühmt für die «Vallée de Mai», ein Unesco-Weltnaturerbe, in welchem die berühmte «Coco de Mer» wächst, die grösste Nuss der Welt, welche einer weiblichen Beckenregion ähnlich sieht. So eine «Coco de Mer» steht bei mir im Wohnzimmer und erinnert mich täglich an dieses kleine Fleckchen Paradies auf Erden.

Natürlich kann man auch noch weiter auf die drittgrösste Insel, La Digue, deren Granitformationen am Strand «Anse Source d'Argent» aus zahllosen Werbefilmen bekannt sind und so etwas wie den «perfekten Strand» darstellen. Auf der Insel sieht man immer noch Ochsenkarren als Fortbewegungsmittel, und nimmt selber meist das Velo. Herrlich entschleunigend in unserer hektischen Welt.

Die totale Entschleunigung

Natürlich gibt es noch weitere Inseln, deren Besuch sich lohnt und deren meiste auch ein oder mehrere Resorts bieten. Da wären etwa Silhouette, Sainte-Anne (unweit des Flughafens von Mahe), Denis Island, Desroches, Alphonse, Bird Island und mehr. Insgesamt 115 Inseln zählt der afrikanische Kleinstaat; im Inneren Archipel handelt es sich um Granitinseln, im weiter entfernten Äusseren Archipel um Koralleninseln, ähnlich den Malediven. Letztere sind aber weniger gut erschlossen. Was auch seine Vorteile hat: Ein Atoll dieses Äusseren Archipels ist Aldabra, das grösste Atoll des Indischen Ozeans, bestehend aus vier Hauptinseln und 42 weiteren kleinen Inseln. Berühmt ist Aldabra als Heimatort von Riesenschildkröten; es ist aber noch viel mehr als das und deshalb ebenfalls ein Unesco-Weltnaturerbe.

Meinen persönlichen Favoriten haben ich aber noch gar nicht erwähnt. Frégate Island, eine kleine Privatinsel im Inneren Archipel, im Privatbesitz des deutschen Milliardärs Otto Happel. Auf der Insel liegt das Resort «Frégate Island Private», mit lediglich 16 luxuriösen, sichtgeschützten Villen. Ich hatte das unfassbare Glück, nicht nur ein Mal, sondern gar zwei Mal dort vorbeischauen zu können (hoffentlich wird es noch ein drittes Mal geben, irgendwann). Auch hier leben Riesenschildkröten, dazu endemische Vogelarten. Es gibt einen luxuriösen Spa. Und vor allem finden sich hier einige der schönsten Strände der Welt: Die «Anse Victorin», mit schneeweissem Sand, Palmen und keinerlei störenden Gebäuden oder Einrichtungen. Man erreicht den Strand über kleine Treppenstufen und trifft dort allenfalls den einen oder anderen Gast aus einem der anderen 15 Bungalows.

Wem selbst das zu viel ist, kann oben an der Treppe, welche durch einen kleinen Tropenwald Zugang zur «Anse Macquereau» bietet, ein Absperrseil einhaken, welches signalisiert, dass der Strand besetzt ist. So hat man den kleinen Traumstrand ganz für sich. Und falls man Lust auf einen Drink oder auch was zu essen hat, ist an einer Palme am Strand ein kleines Telefon befestigt, mit welchem man den Service anrufen kann. Das Personal bringt dann das Gewünschte direkt an den Strand. Als Nicht-Milliardär sowas mal erlebt zu haben, prägt...

Und ja, genau dort wäre ich jetzt gerne - nicht allein, gerne mit der Familie. An einem einsamen Traumstrand unter der Tropensonne, mit einem feinen Drink, und die Gedanken höchstens auf ein gutes Buch, die Sandburg der Tochter, die nächste Spa-Behandlung oder das exquisite Abendmenü gerichtet, statt auf PCR-Tests, Grenzschliessungen und Protestgeheul in Sozialen Medien. Oh, jetzt bin ich gerade wieder zurück in der harten, kalten Realität...