Destinationen

Die USA bleiben ein tolles Reiseland - egal wer Präsident ist. Bild: Dimitry Anikin

Kommentar Die USA werden ein führendes Reiseziel bleiben

Jean-Claude Raemy

Noch ist der US-Wahlkampf nicht entschieden und ungeachtet des Ausgangs wird viel über negative unmittelbare Zukunftsaussichten für das Land diskutiert. In Bezug auf die touristische Zukunft sind wir da weniger pessimistisch.

Noch ist es nicht definitiv entschieden. Schon die ganze Woche schaut die Welt gebannt auf die USA, wo über den nächsten Präsidenten gestimmt wird, wobei aktuell noch ausgezählt wird. Uns liegt es fern, hier politische Kommentare abzugeben. Aber wie gestaltet sich die Sache für die Reisebranche? Immerhin sind die USA seit Jahren das klar beliebteste Fernreiseziel der Schweizer - natürlich mit Ausnahme von 2020, weil dieses Jahr seit März ein Einreiseverbot gilt.

Die Frage lautet: Hat der Ausgang der Präsidentschaftswahl einen Einfluss auf die künftige touristische Nachfrage? Gerade in der Schweiz haben viele das Gefühl, dass eine Abwahl Trumps ein positives Zeichen setzen würde. Das mag es in vielerlei Hinsicht, aber in Bezug auf die Reise-Nachfrage spielt dies eine minime Rolle. In den vergangenen Jahren war die USA-Nachfrage trotz Trump weiterhin hoch, wenn auch nicht mehr Rekord-hoch, wofür es aber andere Gründe als Trump gibt. Faktoren wie Dollarkurs und Flugangebot sind wichtiger als wer gerade im Weissen Haus sitzt. Dass die USA ein derzeit politisch gespaltenes Land sind, spielt aus touristischer Sicht ebenfalls kaum eine Rolle. Auf das touristische Angebot wirkt sich dies nicht aus.

Übrigens, die hohe mediale Aufmerksamkeit für die Wahlen widerspiegelt die wirtschaftliche und sicherheitspolitische Bedeutung der USA. Die vielen Schreckensszenarien über den «Untergang der Weltmacht USA» wirken dabei aber irgendwie unverhältnismässig. Was vergessen geht: Die US-Demokratie hat schon ganz andere Stürme bewältigt. Dass nun brav alle Stimmen ausgezählt werden und dem Twitter-Druck des amtierenden Präsidenten nicht nachgegeben wird, spricht doch auch für die US-Demokratie. Die Wunden im Land können heilen.

Die USA sind ein «Stehaufmännchen»

Fakt ist: An den natürlichen und kulturellen Attraktionen des Landes hat sich ja nichts geändert. Über das Thema Sicherheit braucht man sich auch nicht zu lange aufhalten. Die jüngsten Terroranschläge gegen westliche Ziele fanden jedenfalls in Europa und nicht in den USA statt. Sobald die Einreise wieder erlaubt ist, werden Airlines ihre Transatlantik-Angebote wieder hochfahren. Es gibt eigentlich keinen Grund, weshalb die Nachfrage für die USA mittelfristig nicht wieder stark steigen sollte. Allerdings ist auch klar, dass die USA möglicherweise etwas mehr Zeit zur touristischen Erholung benötigen werden als näher gelegene Reiseziele, weil doch einige noch Respekt vor Longhaul-Reisen in Corona-Zeiten haben - in der Regel jedoch unbegründet.

Wie sieht die Situation spezifisch in der Schweiz aus? Nicht schlecht. Es gibt eine «systembedingte Nähe» zwischen den USA und der Schweiz, welche exzellente Wirtschaftsbeziehungen miteinander pflegen: Die USA sind der zweitwichtigste Exportmarkt der Schweiz, welche ihrerseits in den USA als Direktinvestor auf den 6. Rang aufgerückt ist. Man mag Trump als Person inakzeptabel finden; in wirtschaftlicher Hinsicht hat seine Amtszeit der Schweiz nicht geschadet. Manche befürchten gar, dass es mit Biden eher wieder schwieriger werde hinsichtlich der Wirtschaftsbeziehungen, man erinnere sich an die Auseinandersetzungen der USA mit der Schweiz rund um das Bankgeheimnis während der Amtszeit Obamas, dessen Vize Biden bekanntlich war. In erster Linie werden die USA aber post-Corona und ungeachtet des Wahlausgangs die Wirtschaft baldmöglichst wieder in Gang zu bringen versuchen. Die Geschäftsreiserei zwischen den beiden Ländern wird wieder zunehmen, garantiert.

Und in Bezug zu Leisure-Reisen gehen wir auch davon aus, dass es sowohl auf Anbieterseite die bekannte amerikanische «Resilience» gibt, eine Art Überlebenskunst, als auch auf Seiten der Schweizer das Bedürfnis, dieses tolle Reiseland bald wieder zu besuchen. Nicht umsonst reisten zu Spitzenzeiten knapp eine halbe Million Schweizer/Innen pro Jahr in die USA; viele erinnern sich sehnsüchtig an ihre Reise und möchten wieder hin, während bei den Millennials und Gen-Z der Zugang zur US-Kultur via TikTok und dergleichen omnipräsent ist, das Interesse am Land und an Reisen dorthin also folglich (weiterhin) vorhanden ist.

Kurz: Der Appetit auf einen «US-Trip» ist weiterhin gross. Gewiss, das Land ist alles andere als so perfekt, wie es viele Hurra-Patrioten dort gerne darstellen, und durchlebt aktuell eine schwierige Zeit. Tun das nicht fast alle anderen Länder weltweit auch, aber eben weniger im Medienfokus? Und haben innenpolitische Probleme, sofern nicht direkt sicherheitsrelevant für Reisende, schon mal eine wesentliche Rolle bei der Nachfrage-Entwicklung gespielt? Eben. Die Reisebranche kann sich bereit halten. Ob Biden oder Trump: An den USA als führende Reisedestination wird auch in Zukunft kaum ein Weg vorbei führen.