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Die Wurzeln von Halloween gehen auf uralte irisch-keltische Traditionen zurück, welche teils heute noch bzw. wieder - wie hier am Puca Festival in Drogheda - zelebriert werden. Bild: Failte Ireland

Wo die Halloween-Tradition rund 2500 Jahre alt ist

Irland darf als die Geburtsstätte der als Halloween bekannten Feierlichkeiten bezeichnet werden. Mit der heutigen, weitgehend US-geprägten Folklore hat das echte Halloween wenig gemeinsam. Im Rahmen einer spannenden Zoom-Konferenz informierte Tourism Ireland nun über das echte Halloween und machte Lust auf einen Besuch auf der grünen Insel.

Morgen ist es wieder soweit: Es ist der Abend vor Allerheiligen, im Englischen «All Hallow's Eve», aus dem sich der Begriff «Halloween» gebildet hat. Halloween wird seit einigen Jahren auch im deutschsprachigen Raum gefeiert, allerdings in einer «amerikanisierten» Version, und ohne sich viele Gedanken dazu zu machen, woher diese Tradition eigentlich stammt und was deren historische und soziologische Wurzeln sind.

Um es gleich vorwegzunehmen: Halloween hat seine Wurzeln primär in Irland. Im katholischen neuzeitlichen Irland, von wo es es in die USA gelangte. Doch die ursprünglichen Traditionen gehen nach Interpretation einiger Historiker noch viel weiter zurück, in die Zeit der Kelten. Der Beginn des keltischen Jahres erfolgte am Ende des Sommers, nachdem die Ernte eingefahren war und die Natur zu sterben begann - eine Zeit, in welcher gemäss altem Glauben die Seelen der Verstorbenen zurückkehren. Diese kann man im positiven Sinne mit Lichtern «leiten» und begrüssen, oder aber auch böse Seelen mittels grimmig aussehenden Lichtern und Verkleidungen fernzuhalten versuchen. Gefeiert wurde dies besonders am «Samhain» (ausgesprochen wie «Sauen»), einem hohen irisch-keltischen Fest, aus dessen urtümlichen Traditionen wohl das heutige Halloween hervorging.

Grund genug für die irische Tourismusbehörde «Tourism Ireland», auf die Halloween-Traditionen im eigenen Land aufmerksam zu machen, welche heute noch sehr lebendig sind und weit über das Kürbisschnitzen hinausgehen. Um dies näherzubringen, organisierte Tourism Ireland diese Woche einen vielseitigen internationalen Medien-Call, an welchem auch Travelnews teilnahm. Nachfolgend (unter dem Video) fassen wir einige der Infos für Sie zusammen.

Um also obige Traditionen näherzubringen, wurde mittels einer Zoom-Präsentation Stimmung gemacht. «Stimmung» im wörtlichen Sinne: Im Vorfeld des Calls erhielten Teilnehmer ein Paket mit irischen Produkten, welche im Zusammenhang mit besprochenen Themen sind und während dem Call verkostet werden konnte. Durch den Call führte die als Hexe verkleidete Monika Wörmann (Tourism Ireland) vor einem schaurigen Zoom-Hintergrund; die Call-Teilnehmer wurden derweil angehalten, ihre Zimmer zu verdunkeln und eine Kerze anzuzünden.

Cider, Apfelsaft, eine Kerze, Schokolade und auf Unterlagen die Eule, ein Symbol formwandelnder Götter - das waren die Begleiter des originellen und vielseitigen Webinars von Tourism Ireland. Bild: JCR

Schauriges in Buchform, als Festival und... als Kuchen

Nach einer kurzen Einleitung folgten Auftritte diverser zugeschalteter Persönlichkeiten. Den Auftakt machte die aus Köln zugeschaltete Autorin Hannelore Hippe, welche seit 40 Jahren die west-irische Region Connemara als zweite Heimat bezeichnet und seit 2015 unter dem Pseudonym Hannah O'Brien Romane mit Irland als Schauplatz veröffentlicht. Nach einer kurzen Diskussion über lebendige Samhain-Traditionen in Inishmore auf der irischen Insel Arran las sie Auszüge aus ihrem Roman «Irische Nacht», womit der Rahmen gesetzt war.

Es folgte ein Beitrag über das «Puca Halloween Festival», welches alljährlich an historischen Orten im Osten des Landes stattfindet - konkret auf dem Hill of Ward in der Grafschaft Meath, wo einst Druiden ihre heiligen Rituale vollzogen, bei den Ruinen des nahe gelegenen Trim Castle, Irlands grösster anglonormannischer Festung, sowie auf den Strassen von Drogheda in der Grafschaft Louth. Zu Halloween werden an diesen historischen Stätten drei Nächte lang berauschende Lichtshows, Musikveranstaltungen und vergnügte interaktive Erlebnisse geboten, bei denen Vergangenheit und Gegenwart aufeinandertreffen. Bei der «Coming of Samhain»-Prozession im nahegelegenen Athboy werden zudem die Flammen wie einst in alter Vorzeit am Gipfel des Tlachtga entfacht. In einem stimmungsvollen Beitrag erzählte das aus Irland zugeschaltete irische Performance-Ensemble «Candlelit Tales» (in Person der Gründer Aron und Sorcha Hegarty sowie Oisín Ryan) über die überlieferten Figuren des Samhain. So lernte man etwa, dass «Puca» im Gälischen «Geist» bedeutet und dass das keltische Jahresende die Zeit ist, wenn Geister und Formwandler heimkehren - darunter etwa Morrigan, eine Geisterkönigin, welche drei Formen einnehmen kann - als schöne junge Frau, als altes Weib oder als Rabe.

Nach dem schön düsteren Beitrag folgte etwas Aufheiterung mit einem Beitrag von Tara Walker, der Inhaberin der «East Coast Cookery School» in Termonfeckin (County Louth). Sie erzählte Wissenswertes über kulinarische Traditionen Irlands, welche bis in die Keltenzeit zurückreichen, darunter etwa das speziell zu Halloween zubereitete «Barmbrack», ein würziges Sauerteiggebäck mit Fruchtfüllung, welches die Teilnehmer mit etwas Butter zuhause gleich mitkosten konnten. Speziell daran ist nicht nur der Geschmack, sondern der Umstand, dass auch Gegenstände in das Brot eingebacken werden. Zum Beispiel bedeutet ein Ring, den man im Brot findet, dass man Liebe finden wird bzw. eine Hochzeit bevorsteht, oder eine Münze, dass man zu Reichtum kommen wird, derweil ein Stück Stoff als Zeichen bevorstehender Armut gilt oder Zweige nahenden Streit voraussagen. Weiter berichtete Tara Walker putzmunter über eine weitere traditionelle Halloween-Mahlzeit, das «Colcannon», ein Eintopf aus Kartoffeln, Grün- oder Weisskohl, Zwiebeln, Milch und Butter.

Tara Walker miteinem frischen Barmbrack, live aus Ost-Irland zugeschaltet.

Cider fürs Gemüt, Masken für den Schutz

Nach dem Essen das Trinken! Nicht live, aber immerhin per Videoeinspielung präsentierte Mark Jenkinson von Cockagee Cider seinen Apfelschaumwein, welcher anders als übliche Ciders schmeckt - davon konnten sich die Call-Teilnehmer zuhause dank einer zugesandten Flasche gleich selber überzeugen. Klar, Cider, aus im Herbst geernteten Äpfeln gewonnen, gehört zu jedem richtigen Halloween dazu. Slainte!

Wieder etwas «historischer» ging es dann im folgenden Beitrag von Clodagh Doyle zu, eine Kuratorin am National Museum of Ireland, welche aus Turlough (County Mayo) zugeschaltet war. Dort gibt es eine Sonderausstellung zu ländlichen irischen Traditionen Sie erzählte viel Wissenswertes über die Maskentraditionen an Halloween, mit eingespielten Artefakten aus dem Museum wie aus Hasenhaut hergestellten alten Masken, oder auch verzierten Halloween-Kreuzen, welche zu Halloween im ganzen Haus aufgehängt wurden, um böse Geister fernzuhalten. Ebenso erzählte sie über Kinderspiele, welche oft eine Art «Challenge» waren (an Türen klopfen, auf Friedhöfe gehen) und aus welchen das heutige «Trick or Treating» letztlich hervorging. Ebenfalls spannend: Ursprünglich wurden die leuchtenden Lampione in Speiserüben geschnitzt, sahen also aus wie unsere «Räbeliechtli», bevor zum Kürbisschnitzen übergangen wurde.

Wohl viel Schauriger als heutige Masken: Ein traditionelle ländlich-irische Halloween-Maske, ein Ornat des National Irish Museum, präsentiert von Clodagh Doyle (oben rechts).

Von Hexen und Vampiren

Als nächstes wurde eine Hexe eingespielt - «Grimeena the Witch» (gespielt von Gemma Walker vom In Your Space Circus), welche Werbung für das seit 1985 alljährlich stattfindende «Derry Halloween Festival» machte. In der nordirischen Stadt wird Halloween über drei Tage hinweg stadtweit zelebriert, mit Events zu Tag wie zu Nacht (Konzerte, Rundgänge, Folklore-Umzüge etc.), derweil die Bevölkerung mit aufwändiger Dekoration ihrer Heime und auch Arbeitsplätze zur speziellen Stimmung beiträgt. Leider konnte der Patron des Events, das Skelett Walter (welches im Stadtwappen zu sehen ist), dieses Jahr Corona-bedingt keine ausländischen Gäste empfangen (lässt sich aber digital verfolgen). Doch das Festival wird ja, wie die Toten auch, im nächsten Jahr bestimmt wiederkommen und dann hoffentlich auch wieder für ausländische Gäste ein Erlebnis sein.

Den Abschluss des Calls machte der aus North Carolina (USA) zugeschaltete Dacre Stoker, der Urgrossneffe von Bram Stoker, dem berühmten irischen Autoren, dem wir die Romanfigur «Dracula» zu verdanken haben. Seit acht Jahren wird in Dublin jährlich das «Bram Stoker Festival» zelebriert. Nun hat Dracula selber nur am Rande mit Halloween zu tun (höchstens als wiederkehrender Toter), doch Stoker erzählte, wie sein Urgrossonkel 1847 mitten in eine Zeit von Hungersnot und Cholera geboren wurde, selber schwer erkrankte und mirakulös gesundete, und aufgrund der vielen in seiner Kindheit gehörten keltischen Mystik- und Schauergeschichten, viele davon speziell zur Halloween-Zeit, sein Penchant für gruslige Erzählungen gewann. Ein interessanter Einblick in die Entstehung von weltberühmten Figuren wie eben Dracula, welche verwoben sind mit uralten Überlieferungen und Mythen - so wie nun auch das moderne Halloween nicht direkt, aber über Umwege auf uralte Traditionen und Erzählungen zurückgeht.

Also, nächstes Jahr zu Halloween nach Irland? Lust dazu machte der Call - und hoffentlich auch dieser Bericht - dazu auf jeden Fall. Dieses Jahr klappt es ja leider nicht. Aber am Wochenende wird zumindest digital viel los sein in Irland – ein Highlight ist am 31.10. um 21 Uhr Schweizer Zeit das Video des grossen «Púca Bonfire» am Hill of Ward im Boyne Valley. Oder Sie basteln einen eigenen fliegenden Besen oder ein schauriges Spinnennetz mit der Anleitung von Derry Halloween. So oder so - happy Halloween!

(JCR)