Destinationen

An den Mittelmeerstränden – wie hier in Calvi auf Korsika – kehrt das Leben zurück. Bild: TN

Kommentar Tourismus-Restart – und nichts gelernt

Gregor Waser

Am Ballermann wird gefeiert wie eh und je. Auf den Schweizer Campingplätzen berühren sich die Zeltwände. Easyjet lanciert 21-Franken-Preise. So haben wir uns einen Post-Corona-Tourismus nicht vorgestellt.

Die Verzweiflung an den Tourismus-Destinationen war in diesem Frühling riesengross. Was bloss, wenn das gesamte Sommergeschäft ausfällt?

So weit kam es bekanntlich nicht. Der Tourismus-Sommer findet statt. Und wie! An Mallorcas Ballermann wird gefeiert. An den Schweizer Bergseen und auf den Campingplätzen wird geellbögelt. Airlines und Hotels liefern sich eine Preisschlacht, Easyjet bringt den 20.99-Franken-Tarif.

Jetzt kommt der grosse Aufschrei. Der deutsche Gesundheitsminister warnt, dass El Arenal nicht zum neuen Ischgl werden soll. Die Schweizer Presse fragt sich, ob die 40 Millionen Franken zusätzliche Unterstützung für Schweiz Tourismus wirklich nötig waren, um nun zusehen zu müssen, wie sich die Leute auf den Campingplätzen und an den Bergseen auf die Füsse stehen – bei gleichzeitigem Wiederanstieg der Infektionszahlen.

Zugegeben, die Ausgangslage könnte für Marketingleute im Reisebusiness nicht verzwickter sein – einerseits die Leute anlocken, andererseits dazu aufzurufen, sich nicht zu nahe zu kommen. Paradox.

Overtourism, Pandemie und CO2-Diskussion

Nach Jahren des anschwellenden Overtourism und der Parolen, sich für einen reduzierten, nachhaltigen, gesünderen, bewussteren, ruhigeren, rücksichtsvolleren Tourismus einzusetzen, passiert hierzu in diesen Tagen wenig. Die Corona-Pandemie als Chance? Von wegen. Es wird gleich wieder mit der grossen Kelle angerührt.

Es war abzusehen, dass sich junge Mallorca-Touristen wieder ins Nachtleben stürzen und in die Vollen gehen. Wieso werden da nicht schon im Voraus Massnahmen getroffen? Die nun zusätzlich aufgebotene Vielzahl an Polizisten hätte man von Anfang an bereitstellen können, um ausufernde Partys zu verhindern. Auch an den Schweizer Ferien-Hotspots wäre eine strengere Limitierung der Zutritte und Stellplätze zu begrüssen.

Immerhin reagiert heute Schweiz Tourismus mit der Botschaft alternativer Ziele – Bavonatal statt Maggia- und Verzascatal; und der Vorstellung alternativer Routen, abseits der überfüllten Wanderwege.

Doch dass wir aus Overtourism, Pandemie und CO2-Diskussion etwas gelernt haben? Fehlanzeige. Mit 20.99-Franken-Flugtarifen den Himmel wieder zuzupflastern, war wohl nicht die Idee. Der aktuelle Tourismus-Restart erfolgt ohne Learnings. Dabei wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, den künftigen Tourismus auszurollen – mit weniger Rabattitis, leiseren Ferienformeln und neuen, überraschenden Ansätzen.