Destinationen

Erst vereinzelte Passagiere waren am Montag am Flughafen Zürich auszumachen. Bild: CKA

Die Reiserei geht verhalten los

Mit der gestrigen Grenzöffnung in den Schengen-Raum sind Europa-Reisen wieder möglich. Einen Ansturm gabs in den ersten 24 Stunden aber noch nicht.

Nach dreimonatigem Lockdown sind Europa-Reisen seit gestern wieder möglich. Mit der Grenzöffnung sei ein wichtiges Grundrecht an die Bürger zurückgegeben worden: die Reisefreiheit. Allerdings bedeute das nicht, dass die Coronavirus-Pandemie ein «Ablaufdatum» bekommen habe, sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Interview mit Radio SRF. Mit dem Lockdown hatten die Grenzübertritte gemäss Keller-Sutter um 60 bis 70 Prozent abgenommen.

Auch der Gang durch den Flughafen Zürich zeigte gestern: das Passagieraufkommen ist noch bescheiden. Auf Anfrage von Travelnews sagt Bettina Kunz, Sprecherin des Flughafens Zürich: «Am Montag verzeichneten wir rund 50 Abflüge und 50 Ankünfte, also Total rund 100 Passagierflüge. Zum Vergleich: letztes Wochenende waren es zwischen 80 – 90 Passagierflüge und an einem Wochenende Ende Mai bis zu 44 Passagierflüge. Der Flugverkehr bewegt sich zwar immer noch auf tiefem Niveau. Wir sind jedoch auf gutem Weg, den Betrieb geordnet weiter hochzufahren – unter Einhaltung der BAG-Richtlinien.»

Die Grenzöffnung bedeutet für den Flughafen Zürich in Bezug auf die Grenzabwicklung, dass die Schengen-Binnengrenzkontrollen entfallen. Die ID-/ Passkontrolle für Passagiere ankommend aus dem Schengenraum entfällt. Durch die Grenzöffnungen wird es wieder möglich, zusätzliche Destinationen anzufliegen.

Auch die Swiss fährt nun im Juni ihren Flugbetrieb teilweise wieder hoch und plant, ab Zürich und Genf bis zu 190 Flüge an 41 europäische Ziele durchzuführen. «Der Aufbau erfolgt dabei gestaffelt, das Angebot wird über die Wochen sukzessive erhöht», sagt Swiss-Mediensprecher Michael Stief. Wieder angeflogen werden verschiedene Ziele im Mittelmeergebiet wie Málaga, Barcelona, Madrid und Valencia in Spanien oder Brindisi, Neapel und Rom in Italien. Auch die Anbindung von Skandinavien wird mit Flügen nach Göteborg in Schweden und Kopenhagen in Dänemark wieder gestärkt. Zudem werde die Swiss weitere wichtige europäische Zentren in ihr Programm aufnehmen wie Paris, Brüssel oder Moskau. Und die bestehenden Verbindungen nach Amsterdam, Athen, Berlin, Lissabon, London, Porto und Stockholm werden ausgebaut. «Über die Sommermonate ist ein weiterer Ausbau des Angebots geplant, wobei sich SWISS eng an den Reisebedürfnissen und –vorlieben der Schweizerinnen und Schweizer orientieren wird», ergänzt Stief.

Beliebteste Destination: Paketzentrum

Auch am Flughafen Genf begann der Neustart zaghaft. Rund 2500 Fluggäste passierten die Terminals. Normalerweise liegt die tägliche Zahl der Passagiere in dieser Saison zwischen 40'000 und 60'000. Die Abflugtafel zeigte 15 Flüge nach Paris, London, Frankfurt, Rom, Lissabon und München an. Die meisten Geschäfte des Flughafens waren weiterhin geschlossen. Wegen des geringen Andrangs lohnt es sich für sie nicht, zu öffnen.

Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) stellte am Montag eine Zunahme des grenzüberschreitenden Verkehres in allen Regionen fest. So habe der Verkehr an den stark frequentierten Grenzübergängen in den Ballungsräumen Basel, Chiasso, Genf und im Raum Schaffhausen/Zürich stark zugenommen. Diese grosse Zunahme sei zum einen dem grossen Bedürfnis zuzuschreiben, im benachbarten Ausland wieder einzukaufen oder die teils seit Wochen in Paketzentren lagernde Ware abzuholen.

Die SBB halten sich noch zurück, für eine Bilanz des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs sei es noch zu früh. Belastbare Zahlen würden erst Ende Juni vorliegen.

Die Corona-Zahlen in den Grenzregionen

Doch wie sicher ist die Reise über die Grenze? Nicht überall ist die Lage gleich: Die einzelnen Regionen jenseits der Grenzen bleiben unterschiedlich schwer vom Coronavirus betroffen. Das Nachrichtenportal Nau.ch hat die Zahlen näher angeschaut.

Der meistverbreitete Indikator für die Verbreitung des Coronavirus ist mittlerweile die 7-Tage-Inzidenz: Sie gibt an, wie viele Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner in der vergangenen Woche registriert wurden. Schweizweit beträgt dieser Wert aktuell 1,6.

Die Grenz-Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg gehörten neben dem bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen zu den Bundesländern mit den höchsten Infektionszahlen: Alleine in Bayern starben über 2500 Personen am Coronavirus. Mittlerweile ist die Situation in beiden Bundesländern jedoch unter Kontrolle: Die 7-Tage-Inzidenz beträgt in Bayern aktuell 1,9. In Baden-Württemberg gab es in den letzten 7 Tagen gar nur noch einen Corona-Fall pro 100'000 Einwohner: Das ist einer der tiefsten Werte unter den Nachbarregionen. Einkaufstouren nach Konstanz oder Lörrach sind somit ähnlich sicher wie in der Schweiz.

Aus Frankreich liegen diese Zahlen vor: Im Département Haut-Rhin, welches die Grenzgebiete um Basel umfasst, wurden 2,9 Fälle verzeichnet. In den an die Juraregion angrenzenden Départements Doubs und Territoire de Belfort liegen die Werte höher: Hier sind es 4,3 und 4,4 Fälle pro 100'000 Einwohner über 7 Tage. Die Grenzregionen des Waadtlands und Genfs sind wieder sicherer: Das Département Jura verzeichnet 1,6 Fälle, Ain (mit Lyon) verzeichnet 2,9 Fälle. In Haut-Savoie am Genfersee sind es nur 1,1 Fälle.

Die Lombardei erlebte einen der schwersten Ausbrüche in Europa – die Region mit der Hauptstadt Mailand verzeichnete über 90'000 Fälle. In der vergangenen Woche kam es in der Lombardei offiziell zu 1463 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Das entspricht einer 7-Tage-Inzidenz von 14,5 – Höchstwert unter den Schweizer Grenzregionen. Ganz anders im Aostatal: Die ans Wallis grenzende Region registrierte zuletzt keine einzige Neuinfektion. Die 7-Tage-Inzidenz ist Null. Im Piemont liegt die 7-Tage-Inzidenz bei 4,7, im an Graubünden grenzenden Trentino-Südtirol bei 1,1.

Die österreichische Grenzregion, das Vorarlberg, verzeichnet gemäss nur noch 10 aktive Fälle: In den vergangenen sieben Tagen kamen noch 5 neue Fälle dazu. Hochgerechnet entspricht das einer 7-Tage-Inzidenz von 1,3.

(GWA)