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Max und Yasmine Hensler mit ihren Kindern vor der Lodge in Nordschweden: Trotz der coronabedingten Nachfrageprobleme bleiben sie zuversichtlich. Bild: zVg

Warum Nordschweden besonders verlockend ist

Jean-Claude Raemy

Die Mitternachts-Sonne kennt keine Pandemie: Schweizer reisen wieder nach Schweden - und fühlen sich dort sicher. Das freut auch Max Hensler, den Schweizer Betreiber der Norrsken Lodge im nordschwedischen Övertorneå.

Im Juni geht es langsam wieder los mit der Reiserei, zumindest in Europa, wo die Grenzen innerhalb des Schengenraums nun endlich wieder öffnen. Ein Land machte jedoch Schlagzeilen, weil es eigentlich gar nie geschlossen war: Schweden. Doch die Kritik an der Handhabe des Landes der Coronavirus-Krise wird immer lauter. Stockholm und die umliegenden grossen Ballungszentren in Schweden kämpfen mit der Tatsache, dass die Ansteckungszahlen und Todeszahlen nicht wie erhofft sinken. Ist das der Preis für die Herdenimmunität, welche Anders Tegnell, der nationale Verantwortliche, anstrebt? Könnte dies dem Tourismus gar schaden?

Nun, man kann sich nicht auf die Zahlen verlassen. Es wird in Schweden absichtlich wenig getestet und man muss annehmen, dass die Dunkelziffer fünf Mal höher ist als angegeben. In ein paar Monaten weiss man mehr. Trotzdem ist die Mehrheit der Schweden mit den Entscheidungen zu den Massnahmen zufrieden und halten diese erstaunlich diszipliniert ein. Und was die Touristen nicht abschrecken sollte: Schweden ist ein riesiges Land.

Stockholm liegt mehr als 1000 Kilometer südlich des Polarkreises. Das entspricht etwa der Strecke von Zürich nach London. Die Regionen Norrbotten und Västerbotten im Norden von Schweden sind so gross wie die Schweiz, Süddeutschland und Österreich zusammen. Hier leben jedoch weniger als drei Menschen pro Quadratkilometer. Die Wälder bedecken 99 Prozent der Fläche und es gibt mehr Rentiere als Einwohner. Mit anderen Worten: Hier fühlt man sich sicher. Darauf will etwa Max Hensler, Eigentümer und Betreiber der Norrsken Lodge im nordschwedischen Övertorneå, aufbauen. Övertorneå liegt am Fluss Torne unweit der finnischen Grenze und rund 75 Kilometer nördlich des finnischen Meerbusens. Hier ist es ruhig und anschaulich.

Und trotzdem hat auch Hensler die Auswirkungen der Corona-Krise gespürt. Plötzlich wurde nicht mehr gereist. Hensler, welcher vor drei Jahren mit seiner Familie an den Polarkreis in Schweden auswanderte und mit seiner Frau Yasmine die Norrsken Lodge führt (und einigen Schweizer von der SRF-Sendung «Auf und davon» bekannt sein dürfte, sagt: «Der Umsatz der letzten drei Monate ist auf null gesunken. Wir haben mit vielen Herausforderungen zu kämpfen; die Kosten müssen ja trotzdem bewältigt werden.» Doch ans Aufgeben denkt er nicht: Nun setzt er eben auf die Sicherheit und die Weite seiner Wahlheimat und an ein verbessertes Angebot.

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Traumhaft: Social Distancing ist in den Weiten des dünn besiedelten Lappland kein Problem. Bild: zVg

«Hier fühle ich mich sicher», sagt etwa ein Gast von Hensler aus der Schweiz, welcher ganz normal mit dem Flugzeug über Stockholm nach Luleå geflogen ist und eine Mietauto-Rundfahrt macht, «die Hotels und Camping-Plätze sind offen und notwendige Sicherheits-Massnahmen findet man überall.» Er fügt hinzu, dass er sich frei bewegen kann. Die Natur, die Stille und die Mitternachts-Sonne tun seiner Seele gut. «Auftanken nach den letzten Wochen ist wichtig», fügt er an.

Es ist möglich, ausschliesslich Feriendestinationen und Campingplätze von Schweizer Auswanderern auf der Rundreise von Stockholm zum Polarkreis zu besuchen. «Es ist nicht zwingend notwendig, aber es tut gut, wenn jemand Schweizerdeutsch spricht», meint besagter Gast, «auch das erhöht mein Gefühl sicher zu reisen.» Viele Schweizerinnen und Schweizer, welche die Polarkreis-Region schon bereist haben, wissen das. Sie kommen wieder. Ja, sind sogar schon da. Andere sind in den Startlöchern und warten nur darauf endlich wieder raus zu gehen, in die Freiheit, nach dem Lockdown, der auch auf das Gemüt drückt. Es ist aber keine Flucht, sondern eine Belohnung für die Anstrengungen und das Ungewöhnliche in diesen verrückten Zeiten.

Viele haben sich entschieden nur bis Stockholm zu fliegen und einen Camper zu mieten. Sie möchten in ihren eigenen vier Wänden flexibel reisen können. Durch das Gesetz des «Allmannrechts» haben sie die Möglichkeit, überall zu parken, zu übernachten und selbst zu kochen. Auch das gibt Sicherheit. «Wir glauben, dass Camping eine gute Alternative für diesen Sommer wird», erklärt Max Hensler hierzu.

«Camping wird eine gute Alternative in diesem Sommer.»

Neue Eindrücke sollen die Camper in die Norrsken Lodge locken. «Das Erlebnis und eine gute Geschichte sind Balsam», sagt der Schweizer Gast stellvertretend für Hensler, «anstelle einer normalen Kanu-Tour kann man hier unter der Mitternachts-Sonne über den Polarkreis paddeln. Einmalig!» Draussen in der Wildnis sei es am besten - zurück zur Natur, weniger digital, mehr analog. Feuer machen ohne Feueranzünder, Kaffee kochen, Essen finden im Wald. «Ich hätte nie gedacht, dass man so viel Essbares in der Wildnis finden kann, ohne gerade einen Elch erlegen zu müssen» witzelt der Schweizer Gast. Auf den geführten Wilderness-Touren der Norrsken Lodge kann man solches und viel mehr von den einheimischen Guides lernen. Vor allem Kinder finden das sehr «cool».

Die Ferien am Polarkreis in Schweden zu verbringen, sieht Hensler als Bereicherung für die ganze Familie. Es sei sicher, man fühle sich frei und die Anreise ist mit Flugzeug oder dem Camper einfach. Eine echte Alternative für alle, welche das Fernweh plagt. Und natürlich hat er das passende Angebot: Die Norrsken Lodge verfügt über 12 Hütten, ein kleines Boutique-Hotel, ein Restaurant und liegt direkt am Torne-Fluss mit 300 Metern Wasserlinie entlang dem Grenzfluss zu Finnland. Der Polarkreis ist wenige Minuten entfernt. Einkaufsmöglichkeiten sind zu Fuss in 15 Minuten erreichbar. Im Activity-Center kann man sich über die Region erkunden und verschiedene Aktivitäten wie Wanderungen, Wilderness-Touren, Kanu-, Kajak, SUP-Touren, Fischen, Fahrräder mieten und vieles mehr.

Hensler hofft nun, dass das Bedürfnis nach Ferien, aber auch nach Weite und Natur nach den beengten Lockdown-Tagen, wieder für gute Auslastungen sorgt. Nordschweden lockt! Trifft sich gut, dass Nordschweden gerade gemeinsam mit Nordnorwegen und Nordfinnland auch eine Tourismuskampagne lanciert hat...

Camping wird in nächster Zeit besonders gut laufen, glaubt Max Hensler. In Nordschweden gibt es dafür ein gigantisches Angebot. Bild: zVg