Destinationen
Den Recovery-Plan in der Hinterhand
Gregor WaserPer Youtube-Livestream hat Schweiz Tourismus seine Partner über den aktuellen Krisenmodus informiert, am gestrigen 15. April, am Tag an dem in Arosa der Schweizer Ferientag über die Bühne hätte gehen sollen. In der einstündigen Präsentation und Frage-Antwort-Interaktion kamen eingangs auch die neue ST-Präsidentin Brigitta Gadient und Wirtschaftminister Guy Parmelin zu Wort – mit Dankesworten für die Solidarität, Lobesworten für Aktionen wie 1000 Gratis-Ferienwochen, das beleuchtete Matterhorn und den generellen Durchhaltewillen.
In enger Absprache mit der Branche und dem SECO hat ST den Rahmen des Bundesbeitrags zur Nachfrageförderung definiert. Dieser soll 2020 bis 2022 ein schlagkräftiges, zusätzliches Marketing ermöglichen. Es besteht aus zwei separaten Teilen: Das Recovery-Programm des Bundes soll 40 Millionen Franken spezifisch für die Recovery-Kampagne 2020-22 umfassen, mit minimaler Partizipation der Tourismuspartner. Separat davon soll der Bund 27 Millionen Franken einmalig Entlastungszahlungen zu Gunsten der Tourismuspartner zur Deckung von deren Marketinginvestitionen im 2021 leisten.
Ausführlich informierte ST-Direktor Martin Nydegger über den aktuellen Zustand der Ferienschweiz und die nächsten Monate. Tatenlos blieb die Vermarktungscrew in den letzten Wochen wahrlich nicht. Neu hat etwa die Marktforschungsabteilung von Schweiz Tourismus ein Indikatorensystem erarbeitet, welches aufzeigt, wann in welchem Markt der richtige Zeitpunkt zur Lancierung von Marketingaktivitäten erreicht ist. Das System aggregiert unter anderem Daten aus Google-Trends, Visaanträgen, Covid-19-Fallzahlen, Website-Besuchen auf MySwitzerland sowie Einschätzungen der ST-Marktleiterinnen und -leitern. Das System ist in einem übersichtlichen Cockpit zusammengefasst und kann nach Märkten gefiltert werden. Es steht für ST-Mitglieder ab sofort auf STnet.ch im Mitgliederbereich zur Verfügung.
Am gestrigen Recovery-Talk nahmen online 1250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer teil. Martin Nydegger und ST-Vize Urs Eberhard gaben einen detaillierten Einblick in die geplante «Recovery-Kampagne», welche schon bald die zweite Phase starten wird. Erstmals wurde deren Basis, der Claim «Wir brauchen Schweiz» und der dazugehörige Imagefilm präsentiert. Ab Minute 14:01 bis 15:31 des gestrigen Youtube-Streams ist die 90 sekündige, sehenswerte Filmsequenz zu sehen – lehnen Sie zurück und drehen Sie den Sound auf:
Ausführlich nahm Martin Nydegger während dieses gelungenen Informationsformats auf die im Chat eingegangenen Fragen live Stellung. Wir präsentieren hier eine Auswahl:
Der touristische Sommer dürfte schwierig werden. Haben Sie vor, die Herbstsaison besonders zu fördern?
Martin Nydegger: Die Sommersaison wird schwierig, das sehen wir auch so. Wir orten im Heimmarkt aber durchaus Chancen schon im Sommer. Der Herbst dürfte aber dann auch in den umliegenden Märkten auf Anklang treffen. Und wir vermarkten den Herbst ja bereits mit einem eigenen Status.
Wer kann sich im 2021 überhaupt leisten, in die Schweiz zu reisen angesicht der Rezession in vielen Ländern?
Diese Bedenken teilen wir. Der finanzielle Druck wird in vielen Ländern steigen. Für uns ist es wichtig, dass wir diesem Druck standhalten und nicht mit Billigangeboten aufwarten und permanenten Preisnachlässen. Zeitlich limitierte Sonderaktivittäen scheinen mir aber schon sinnvoll. In den Fernmärkten besteht aber eine hohe Zahlungsbereitschaft, dort stehen wir auf der Bucketlist.
Welche Hygiene-Massnahmen sehen Sie vor im Gastgewerbe?
Grundsätzlich gelten die Verhaltensvorschriften des BAG. Als Tourismusbranche sind wir gut beraten, uns daran zu halten. Ich bin überzeugt, dass die Sicherheits-, Verlässlichkeits- und Hygiene-Attribute der Schweiz ziehen werden. International stehen wir beim Environmental Performance Index in der Kategorie Hygiene auf dem ersten Platz. Diese Sauberkeit und Verlässlichkeit können wir jetzt auch ausspielen. Zwar sind dies im normalen Leben langweilige Themen und noch kein Reisemotiv. Aber wir dürfen dies jetzt ausspielen und der Welt mitteilen.
Was denken Sie zur Entwicklung des MICE-Marktes?
Es ist eine spezielle Situation. In früheren Krisen war vor allem die Alpenregion betroffen, nun sind alle betroffen. Die Städte sogar noch ein bisschen mehr. Die Städte hat es in der Hochsaison erwischt. Die Aussichten sind nun schwierig, es hängt sehr stark von den Reiserestriktionen ab, Schengen-Visa können derzeit nicht ausgestellt werden. Im MICE-Geschäft unterscheiden wir Kongresse, Incentives und Corporate Meetings. Wir gehen davon aus, dass Corporate Meetings zuerst wieder auf den Plan rücken, Firmen haben den Drang sich physisch zu treffen. Und dies sollen sie in der Schweiz tun.