Destinationen

Unberührte Wüste, tolle Küste, Natur und Kultur satt: Algerien hätte eigentlich alles - muss sich aber noch massiv ins Zeug legen, um Touristen anzuziehen. Bild: Amine M'Siouri/TN

Erwacht gerade ein neuer touristischer Gigant?

Algerien führt elektronische Visa für Reisende ein und will die touristische Entwicklung fördern, um endlich eine Rolle für Nordafrika-Reisende zu spielen. Weiterer Schuss in den Ofen oder endlich mal ein seriöser Ansatz?

2018 schrieb Travelnews über Algerien als einen «potenziellen touristischen Riesen im Tiefschlaf». Eigentlich hätte das Land alles, um touristische erfolgreich zu sein: Strände am Mittelmeer, Berggebiete, riesige Wüstenflächen, antike römische Städte, moderne arabische Kultur und, als vielleicht allergrösstes Gut, viel Entwicklungspotenzial und einen sehr tiefen Bekanntheitsgrad, was in Zeiten des Overtourism eigentlich riesiges Interesse schüren müsste.

Doch leider war die frühere französische Kolonie im Gegensatz zu den Nachbarn Marokko oder Tunesien stets mit sich selber beschäftigt, also mit Bürgerkrieg und internen Querelen, und die Elite setzte viel zu lange konsequent nur auf Öl. Das schwarze Gold macht 20 Prozent des algerischen BIP und 85 Prozent seiner Exporte aus. Dagegen wurde die Tourismusindustrie sträflich vernachlässigt. Darüber hinaus figuriert Algerien weiterhin nur auf Rang 103 (von 180) auf der Liste der sichersten Länder der Welt.

Mit der Schwäche des Ölpreises und der sich mittelfristig abzeichnenden Abkehr von der globalen Abhängigkeit fossiler Brennstoffe scheint nun aber doch ein Umdenken in Algier einzusetzen. Die algerische Regierung hat einen «Plan destination Algérie» beschlossen, in dessen Kern die Einführung einer elektronischen Visumsausstellung steht.

Aktuell ist die Visumserteilung für eine Reise nach Algerien alles andere als einladend. Zunächst muss man einen noch mindestens sechs Monate gültigen Pass besitzen, darüber hinaus muss eine gültige Hotelreservation oder ein Zertifikat eines algerischen Reiseunternehmens präsentiert werden, ebenso eine gültige Reiseversicherung. Ein Visum für 90 Tage kostet umgerechnet fast 100 Franken und die Erteilung dauert bis zu zwei Wochen. Dies gilt es zu verbessern. Algerien will mit dem E-Visum den damit erzielten Erfolg aufstrebender Tourismusländer wie Laos, Myanmar oder Kambodscha kopieren, orientiert sich bei der touristischen Öffnung aber auch beim «OPEC-Bruder» Saudi-Arabien, welcher seit einiger Zeit mit wachsendem Erfolg den Tourismus als neue Einkommensquelle fördert und dabei zunächst ebenfalls mit einfacheren Visumsprozeduren anfing.

Algerien hat zweifelsfrei Potenzial. Nun wird sich weisen, ob die Regierung dieses wirklich abzurufen gewillt ist und ähnlich konsequent und erfolgreich wie Saudi-Arabien vorgeht, oder es wieder einmal nur Lippenbekenntnisse sind, wie sie schon seit Jahren auf Tourismusmessen mit algerischer Präsenz zu hören waren.

(JCR)