Destinationen

Lachen in schwierigen Zeiten: (v.l.) Colin Stewart (Chairman LATA), Jeremy Skidmore (Moderator), Felipe Uribe (Marketingleiter Chile Tourism Board), Anasha Campbell Lewis (Tourismusministerin Nicaragua), Maria Amalia Revelo (Tourismusministerin Costa Rica) und Olivier Ponti (Forward Keys). Alle Bilder: NKR

Lateinamerika kämpft sich zurück

Konflikte, Proteste und blutige Ausschreitungen lassen im laufenden Jahr den Tourismus in Lateinamerika zusammenbrechen. Am World Travel Market in London präsentierte die LATA nun die Trends fürs letzte Quartal. Diese geben Anlass für etwas Hoffnung.

Plus 7 Prozent in Nordamerika, plus 33 Prozent in Afrika und dem nahen Osten, plus 2 Prozent in Europa, plus 9 Prozent in der Asien-Pazifik-Region: Bei der Ansicht der internationalen Ankünfte zwischen Januar und September dieses Jahres dürfte es Touristikern warm ums Herz werden. Mit einer Ausnahme: jenen, deren Kernbusiness Lateinamerika ist. Als einzige Weltregion verzeichnete sie im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 1,2 Prozent. Die Prognose fürs letzte Quartal geht mit einem Plus von 0,1 Prozent zwar in die richtige Richtung, wirkt neben den anderen Destinationen aber doch eher mickrig (siehe Bild unten).

Touristen reisen wieder nach Nicaragua

Doch es gibt auch durchaus positive Zahlen, die Olivier Ponti von Forward Keys im Namen der Latin American Travel Association (LATA) am World Travel Market (WTM) in London verkünden kann. Zum Beispiel für Nicaragua. Eine geplante Sozialreform der Regierung entfachte dort letzten Frühling einen blutigen Konflikt, der Hunderte von Menschenleben forderte. Wenig überraschend brachen die Buchungszahlen unverzüglich ein – und zwar um zwei Drittel. Seit Anfang dieses Jahres zeigen sowohl die Buchungszahlen wie auch die Zahl der Ankünfte wieder steil nach oben. Für das letzte Quartal 2019 kann – im Vergleich zum letzten Jahr – ein Plus von über 98 Prozent verzeichnet werden.

Nicaragua sei ein perfektes Beispiel dafür, dass Touristen heute belastbarer geworden sind als früher, so Ponti. «Zwar stürzen die Zahlen nach einem Konflikt, einer Epidemie oder einer Naturkatastrophe immer noch drastisch ein, die Zeitspanne, bis sich ein Land touristisch wieder erholt hat, ist aber massiv kürzer geworden und sinkt kontinuierlich weiter», erklärt Ponti.

Auch Colin Steward, Chairman von LATA, bestätigt gegenüber Travelnews: «Konflikte gibt es nicht nur in Lateinamerika, sondern überall auf der Welt. Die Menschen lernen damit umzugehen und sind nicht mehr nachhaltig verängstigt.»

Nachhaltiges Plus für Chile?

Interessant ist auch das aktuelle Buchungsplus von 13,2 Prozent für Chile im letzten Quartal dieses Jahres. Vor allem deshalb, weil es in diesen Wochen erneut zu Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen ist. Zehntausende Menschen protestieren in der Hauptstadt Santiago de Chile und in weiteren Grossstädten seit Wochen gegen die Regierung.

Genau hier sieht sich Steward von LATA in der Verantwortung: «Es ist unsere Aufgabe, akkurate Informationen einzuholen und – wie im Fall von Chile – den verschiedenen Ansprechpartnern klar zu machen, dass sich die Ausschreitungen auf die Hauptstadt beschränken.» Vor allem bei der Beratung von Regierungen in Bezug auf allfällige Reisewarnungen funktioniere das relativ gut, so Steward.

Etwas schwieriger gestalte es sich hingegen mit den Agenten. So sei Lateinamerika mit seinen verschiedenen Ländern und Regionen immer noch nicht bekannt genug in Europa. Nach einem Anschlag in Paris habe kaum einer Bedenken, nach Berlin in die Ferien zu reisen. «Weil Lateinamerika aber immer noch oft als eine grosse Destination wahrgenommen wird, müssen wir hier Aufklärungsarbeit leisten und klar zeigen, wo sich die kritischen Orte befinden und wie weit sie von den touristischen Hotspots entfernt sind», so Steward weiter.

Zumindest für Brasilien, Argentinien und Peru dürfte sich Stewards Arbeitsaufwand in Grenzen halten. Diese Länder gehören weiterhin zu den Top-Performern des Kontinents. Kolumbien, Ecuador und Panama bezeichnet Steward zudem als die grossen Hoffnungsträger, die dank zusätzlicher Verbindungen immer mehr im Kommen sind.

(NKR)