Destinationen

Die Tessiner Sonnenstube zog bisher viele ältere Gäste an – nun soll sich der Mix ändern. Bild: Swiss-Image / Jan Geerk

Von der Sonnenstube zur Sonnenlounge

Nach 100 Tagen im Amt äussert sich Direktor Angelo Trotta zur künftigen Ausrichtung von Tessin Tourismus. Ein Hauptaugenmerk legt er auf die Gästeverjüngung.

Angelo Trotta, Direktor Tessin Tourismus.

Er redete mit Interessensgruppen, sprach mit Partnern, machte eine Auslegeordnung und stellte nun seine Vision für den Tessiner Tourismus vor: Angelo Trotta, seit 1. Juli Direktor von Ticino Turismo, sagt zur künftigen strategischen Ausrichtung: «Europa ist und bleibt ein wichtiger Treiber für den Tourismus in der Schweiz wie auch im Tessin. Neben dem Hauptmarkt Schweiz werden wir deshalb unsere Aktivitäten in den kommenden Jahren auf die Märkte mit dem grössten Gästeaufkommen konzentrieren. Dazu gehören vor allem Deutschland und Italien, aber auch UK, Benelux, und Frankreich.» Neu werde Tessin Tourimsmus auch auf den nordischen Märkten aktiv sein. «Auf den Fernmärkten konzentrieren wir uns auf die USA, GCC und China», äussert sich Trotta zu den Fokusmärkten.

Innerhalb der Schweiz sind verstärkte Marketingaktivitäten in der französischen Schweiz und im Sektor MICE geplant. Darüber hinaus ist vor allem das Wachstum auf den Auslandsmärkten erklärtes Ziel. Aktuell kommen 62% der Gäste aus der Schweiz, 24% aus Europa und 14% aus den Fernmärkten. Künftig soll die Verteilung auf 50% Schweizer Gäste, 30% Europäer und 20 % Besucher aus Übersee lauten.

Bisher sind 43% der Gäste über 56 Jahre alt

Neben dem Wachstum der Touristenzahlen hat sich Trotta zum Ziel gesetzt, die Gästestruktur zu verjüngen. Aktuell sind 17% der Gäste zwischen 16 und 35 Jahre, 40% zwischen 36 und 55 Jahren und 43% über 56 Jahre alt. Die Verteilung 25% jüngere Gäste, 40% mittleren Alters und 30% ältere Gäste wird angestrebt.

«Die Natur ist unser höchstes Gut, auch für die Entwicklung des Tourismus und somit einer unserer grössten Schätze», sagt Angelo Trotta. «Wir möchten uns deshalb als eine Destination «green» positionieren und vor allem auf nachhaltigen Tourismus setzen.» Das Klima und Wetter sowie die Seen und Flüsse sind Reisegründe, mit denen sich das Tessin vom Rest der Schweiz abhebt. Ist das Wetter schweizweit zu 22,9% an der Entscheidung für eine Reise beteiligt, spielt es im Tessin mit 53,3% eine grosse Rolle, gemäss dem Tourismus Monitor. Die Seen und Flüsse im Tessin wurden mit 45,8% als Reisegrund angegeben, während dies in der restlichen Schweiz nur 21,7% ausmacht. Unter dem Schwerpunkt Ambiente wird Ticino Turismo sich den Auswirkungen des Klimawandels widmen und die Chancen für touristische Angebote ausarbeiten.

Wasser mit Angeboten an den Seen und Flüssen wird ebenfalls im Fokus stehen. Ausbaufähig ist das Gästebedürfnis nach Bergen. Macht es doch im Tessin aktuell nur 38% im Vergleich zu 60.5% in der übrigen Schweiz aus. Die Weiterentwicklung der Wander- und Bikeangebote und deren Vermarktung wird deshalb an Wichtigkeit zunehmen. Für die Positionierung im internationalen Wettbewerb ist jedoch nicht nur die Leistung, sondern auch der Preis entscheidend. Neben der Differenzierung durch Konzentration auf die Stärken des Tessins und der Entwicklung neuer Produkte, spielt für den Preiswettbewerb die Qualität und Swissness eine Rolle und die damit einhergehende Positionierung als Premiumdestination.

Digitale Ansprache

Ein zweiter Schwerpunkt ist die veränderte Gästeansprache im Tourismus durch die Digitalisierung. Sie umfasst weit mehr als die digitalen Systeme, sie ist ein Kulturwandel in der Informationsvermittlung. Im Tourismus bietet dies im Wettbewerb um den Gast Chancen, den immer sachkundigeren, vernetzten und anspruchsvolleren Gast von heute personalisiert anzusprechen und ein auf ihn abgestimmtes Angebot zu unterbreiten.

Trotta plant deshalb für die Gästeansprache eine Verstärkung des digitalen Marketings, um neue Gäste zu gewinnen und bestehende zu binden. Ein für Ticino Turismo wichtiges Instrument ist das in 2019 gestartete Projekt «DESy» (Abkürzung für Digital Destination Evolution System), welches die Erstellung einer TCRM (Tourism Customer-Relationship-Management) Plattform der neuesten Generation beinhaltet. Damit kann Ticino Turismo künftig Cluster von Gästen erstellen sowie Verhaltensmuster analysieren und den Gast auf seiner gesamten Customer Journey personalisiert ansprechen.

Als weiteren Schwerpunkt nennt Trotta die Mobilität. Mit dem Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) entstehe eine schnelle und leistungsfähige Bahnverbindung, welche das Tessin näher an die Gäste nördlich der Alpen rücken liess und somit auch in der Erreichbarkeit attraktiver gemacht hat. «2020 wird der Ceneri-Basistunnel eröffnet, der unsere Regionen noch näher zusammenrücken lässt und somit dem touristischen Angebot neuen Gestaltungsspielraum bietet», hebt Angelo Trotta hervor. «In diesem Moment ist das Schaffen von Synergien und die Angebotsbündelung wichtiger als je zuvor. In unserer Kommunikation werden wir dem Gast viele Ferienerlebnisse zu Land und auf den Seen vermitteln, die er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann, insbesondere zum Thema langsame Mobilität, zu denen die Wander- und Bikeangebote gehören.»

Nicht zuletzt sei auch die Tessiner Kultur ein Schwerpunkt der Marketingstrategie. Hierzu zählen neben den kulturellen Attraktionen, die zahlreichen grossen und kleinen Veranstaltungen, die UNESCO Stätten, auch die regionale Küche mit den lokalen Produkten sowie die Weinkultur des Tessins.

(TN)