Destinationen
Hier ist nachhaltiger Tourismus kein blosses Gerede
Es ist frappant, wie häufig am Tag auf einer Reiseredaktion PR-Meldungen zu nachhaltigen Massnahmen im Tourismus in der In-Box landen. Hier ein Hotel ohne Plastikröhrchen, da ein Kreuzfahrtschiff ohne Schweröl, hier eine Airline, die die CO2-Kompensation aktiv anbietet. Schön, kümmert sich die Reiseindustrie verstärkt um Nachhaltigkeit. Aber handelt es sich bei diesen Meldungen mehr als nur um Stimmungsmache, mehr als nur um den Versuch, ein positives Bild in der Öffentlichkeit zu erwirken? Leben diese Unternehmen den nachhaltigen Gedanken auch wirklich?
Keine Zweifel, dass das Thema Nachhaltigkeit in der DNA der Destination verinnerlicht ist, kommt bei den Ostfriesischen Inseln auf. Schon mehrfach ausgezeichnet für die konsequente Nachhaltigkeitspolitik, beweist die Destination im Nordwesten Deutschlands, dass das Thema Nachhaltigkeit gelebt wird – mit jeder Pore. Vor wenigen Tagen war eine Delegation der Ostfriesischen Inseln zu Besuch in Zürich und gewährte Einblicke in die vielen Aspekte, die nachhaltiger Tourismus erfordert.
Das UNESCO Weltnaturerbe «Wattenmeer» ist die grösste zusammenhängende Schlick- und Sandwattfläche der Welt, mit jährlich über zwölf Millionen durchziehenden Zugvögeln und mehr als 10’000 Tier- und Pflanzenarten. Norderney, eine der sieben ostfriesischen Inseln in der Nordsee, gewann 2014 Gold bei den Quality Coast-Awards und gehört weltweit zu den Top 100 der Green Destinations. Juist wurde 2016 zu Deutschlands nachhaltigster Gemeinde gewählt. Die Inseln adressieren mit ihrem Engagement gezielt an klimabewusste und nachhaltigkeitsaffine Reisende.
Der ökologische Fussabdruck zeigt, dass die Anreise auf die Ostfriesischen Inseln rund 43 Prozent der CO2-Produktion verursacht. Die Tourismusorganisationen der Inseln aber auch schon einzelne touristische Akteure motivieren die Gäste, mit der Bahn oder dem Fernbus anzureisen. Auch die Schifffahrt wie die Reederei AG «EMS», dessen Schiffe Borkum ansteuern, ist sich der Verantwortung bewusst und rüstet auf Flüssiggas und somit einem umweltfreundlichen Antrieb um. Fünf der sieben Inseln sind heute autofrei respektive transportieren mit Elektrofahrzeugen. In Juist geschieht der gesamte Personen- & Gütertransport nur durch Pferdefuhrwerke und Kutschen inklusive der Müllabfuhr.
Bis 2030 plastikfrei
Die Mülltrennung gehört auf den Ostfriesischen Inseln seit vielen Jahren zum Standard. Noch sind die Inseln nicht vom Plastik befreit, doch mit diversen Massnahmen ist man Nahe am Ziel: Plastiktüten werden an den meisten Orten nur noch gegen Gebühr herausgegeben. Wangerooge lancierte erfolgreich die Stoff-Einkaufstasche. Die meisten Inseln haben ein Pfandbechersystem für den «Coffee respektive Tea to go» eingeführt.
Jede Insel unternimmt grosse Anstrengungen, damit der Energiebedarf durch Ökostrom abgedeckt werden kann. So bietet Norderney den Inselbewohnern den grünen Strom aus Wind- und Solarenergie ohne Aufpreis an. Zudem wurden die meisten Strassenbeleuchtungsanlagen auf stromsparende LED-Leuchten umgestellt.
In den Restaurants wird mehrheitlich mit biologischen und lokalen Produkten gearbeitet. Ausserdem ist Langeoog seit 2012 erste Deutsche Fairtrade Insel. Eine Mehrzahl an Cafes und Restaurants muss faire Lebensmittel anbieten, genauso wie Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen.
Auf den Ostfriesischen Inseln ist zudem die Thalasso-Therapie zu Hause: Thalasso ist die Heilkraft des Meeres quasi die maritime Apotheke. Meerwasser, Meeresklima und natürlich Schlick, Algen und Kreide. Diese Ingredienzen wirken Wunder – primär bei Atemwegs- und Hauterkrankungen sowie Infektionsanfälligkeit. Und die Insulaner sorgen dafür, dass ihre kilometerlangen Sandstrände, das Meerwasser und die salzhaltige Luft auch für die kommenden Generationen sauber bleiben.
Nachhaltiger Tourismus wird auf den Ostfriesischen Inseln gelebt, von der Tourismusbranche wie der Bevölkerung – von blossem PR-Gerede also keine Spur. Denn die Motivation ist klar: der Erhalt der Natur und des Klimas, aber auch die gute Resonanz der Gäste. Dass die Gäste insbesondere wegen der intakten Natur und den ausserordentlichen Anstrengungen auf die Ostfriesischen Inseln reist, schlägt sich unter dem Strich auch in der touristischen Wertschöpfung nieder. Die sieben Inseln Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge verzeichnen über 5,5 Millionen Logiernächte im Jahr, mehr als doppelt so viel wie die Schweizer Sonnenstube Tessin.
Weitere Infos: www.ostfriesische-inseln.de