Destinationen

Die Schweizer Ferienziele – hier der Oeschinensee im Berner Oberland – stehen auch bei jungen Wandergästen hoch im Kurs. Bild: Swiss-Image / Ivo Scholz

«Das Wandern wird bei jüngeren Gästen immer beliebter»

Gregor Waser

Graubünden, Luzern, Bern, St. Gallen und Zermatt ziehen eine positive Sommerbilanz – und die Tourismusdirektoren sagen, wie sie künftig die Gäste in die Schweiz locken wollen.

Der dritte Traumsommer in Folge beschert den Schweizer Tourismusregionen erneut deutliche Pluszahlen. Nach ersten Einschätzungen dürfte sich das Plus auf knapp drei Prozent belaufen.

Woher kommen die Zuwächse? Welche Angebote und Themen haben es den Gästen in diesem Sommer speziell angetan? Und welche Trümpfe liegen für den nächsten Sommer bereit? Travelnews.ch hat sich mit den Tourismusdirektoren von Graubünden Ferien, Luzern Tourismus, BE! Tourismus, St. Gallen-Bodensee-Tourismus und Zermatt Tourismus unterhalten.

Pascale Berclaz, Direktorin von BE! Tourismus, sagt: «Das Sommergeschäft verläuft sehr erfreulich. Schweiz Tourismus spricht von einem Plus in der Höhe von 2,8 Prozent, diese Einschätzung erachten wir auch für den Kanton Bern als realistisch.» Ein Plus stellt sie bei Gästen aus den USA und Südostasien fest, einen Rückgang bei Spaniern.

Zu den Hauptreisegründen der Gäste sagt Pascale Berclaz: «Unser Schwerpunktthema diesen Sommer war das Wandern. Auf Instagram ist sehr gut ersichtlich, wie beliebt das Thema auch bei jüngeren Gästen ist.» Zudem berücksichtigt BE! Tourismus bei den Marketingaktivitäten jeweils die Themen der Berner Destinationen. Bern Welcome etwa habe diesen Sommer erfolgreich den Genuss und die Aare in den Vordergrund gerückt.

«Sehr gut entwickelt sich der Schweizer Heimmarkt»

«Der Sommertourismus entwickelt sich in Graubünden sehr erfreulich», sagt Martin Vincenz, CEO von Graubünden Ferien. «Ein erster Trend zeigt, der Monat Juli 2019 liegt 3,9 Prozent über dem Vorjahr». Ausschlaggebend sei das Wetter, welches diesen Sommer in Graubünden meistens sehr gut bis perfekt gewesen sei. Bereits im Sommer 2017 (+5,9%) und Sommer 2018 (+5,6%) konnte Graubünden deutlich zulegen.

Die deutlichen Plus-Zahlen in Graubünden sind vor allem einheimischen Gästen zuzuschreiben. Schon im letzten Jahr generierten Schweizer Gäste 3,1 Millionen Übernachtungen im Bergkanton. In diesem Jahr geht die Kurve weiter nach oben. Im Juli etwa verzeichnete Graubünden Ferien 6,3 Prozent mehr Schweizer als im guten Vorjahr. Minuszahlen zeichnen sich aus Italien und Belgien ab.

«Bei uns ist Wandern hoch im Kurs», sagt Martin Vincenz, «für 55 Prozent der Sommergäste stellt das Wandern den Hauptreisegrund dar, um im Sommer nach Graubünden zu kommen.» Und unter Bikern sei Graubünden bekannt als «Home of Trails» mit total 11'000 Kilometern Wegnetz.

Marcel Perren, Direktor von Luzern Tourismus, blickt ebenfalls auf einen guten Sommer zurück: «Die Logiernächte in der Stadt Luzern konnten nicht ganz mit dem Rekordjahr 2018 mithalten, was aber auch mit dem Wegfall von zwei kleineren Hotelbetrieben zu begründen ist. Gemäss Informationen von der Hotelfront konnte der RevPar aber erneut gesteigert werden» – dies ist der Erlös pro verfügbarer Zimmerkapazität.

Sowohl in der Stadt als auch Region seien die Logiernächte aus dem asiatischen Markt rückgängig, Europa sei leicht im Minus. «Sehr gut entwickelt sich der amerikanische Markt und der Schweizer Heimmarkt», stellt Perren weiter fest. In diesem Sommer seien die Themen Wandern und Biken spezifisch im Vermarktungsfokus gestanden.

«Im Juli hatten wir einen neuen Rekordmonat»

Eine positive Zwischenbilanz zieht auch Thomas Kirchhofer, Direktor von St. Gallen-Bodensee Tourismus, sowohl für die Stadt St. Gallen wie die übrigen Destinationsgebiete. Wegen des im Sommer totalsanierten Hotel Walhalla sei in der Stadt zwar ein ein leichtes Minus festzustellen. Neu seit diesem Monat verfügt das Walhalla mit 100 Zimmern über einen Siebtel des städtischen Bettenangebotes.

«Interessant für uns ist, dass wir es offensichtlich geschafft haben, mehr Individualreisende aus China zu beherbergen», sagt Kirchhofer. Dies zeige ein merklicher Anstieg der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer und die Tatsache, dass gegenüber dem Vorjahr mit deutlich weniger Ankünften ein plus von 6,5% an Logiernächten erzielt wurde. Er rechnet damit, dass sich in St.Gallen zu den spürbar mehr Tagesgästen asiatischer Reisegruppen auch deutlich mehr Individualgäste aus China gesellen. Ebenfalls im Plus liegen die Gästezahlen aus Deutschland und Frankreich.

Als «sehr gut» bezeichnet Daniel Luggen, Direktor von Zermatt Tourismus, den laufenden Sommer: «Wir stellen fest, dass die Sommersaison dieses Jahr früh gestartet ist und wir bereits im Mai sehr viele Buchungen hatten.» Im Mai (+ 22 %), Juni (+ 15 %) und Juli (+ 8 %) konnte Zermatt deutliche Pluszahlen bei den Logiernächten registrieren. «Im Juli hatten wir mit 186'487 Hotelübernachtungen einen neuen Rekordmonat», freut sich Luggen, auch betreffend August seien die Rückmeldungen sehr postiv.

Während in den Monaten Mai bis Juni in Zermatt Schweizer Gäste um 2,6% zulegten, lagen die Pluszahlen vieler anderer Märkte noch deutlich höher: China (+32%), USA (+29,4%), Frankreich (+19%), Japan (+11%) und Deutschland (+6,4%).

«Wir haben stark in unser Mountainbike-Angebot investiert, was sich ausgezahlt hat. Immer mehr wird Zermatt als Mountainbike-Destination wahrgenommen», sagt Daniel Luggen, «auch Trailrunning und Bergsteigen liegen hoch im Kurs.»

«Es kommen immer mehr junge Leute»

Auf die Learnings aus diesem Sommer und die Schwerpunkte des kommenden Sommers 2020 angesprochen, sagt Martin Vincenz: «Die Zahl der Mountainbiker dürfte weiter steigen. In Graubünden wollen wir am Rezept Koexistenz festhalten und Verständnis schaffen, dass der freie Zugang zu den Bergen weiterhin für alle möglich sein soll, für Wanderer und Biker. Wo nötig, wird aber eine Entflechtung der Gästegruppen angestrebt und umgesetzt. Biker sind schon heute auf 2500 Metern speziell auf als Moutainbike-Routen signalisierten Trails unterwegs.»

Und für Wanderer sei das Angebot vielfältig wie noch nie: «Weitwanderungen durch verschiedene Sprach- und Kulturräume mit Übernachtung und Gepäcktransport, Genuss- und Kulturwanderungen, Panorama- und Rundwanderungen wie auch Familien- und Themenwanderungen bieten einmalige Bergerlebnisse», sagt der CEO von Graubünden Ferien.

Thomas Kirchhofer stellt fest: «In letzter Zeit hat sich das Alter des Publikums in unseren Tourist Offices merklich verändert, es kommen immer mehr junge Leute. Offensichtlich fruchten unsere Anstrengungen, die Erlebnisdichte zu erhöhen.»

Verstärkt auf die Karte Schweizer Gäste setzt im nächsten Jahr BE! Tourismus. Pascale Berclaz sagt: «Wir werden den Heimmarkt Schweiz vermehrt mit eigenen Kampagnen bewerben, um die Gäste von der Ferienregion Bern zu überzeugen. Die Themen werden anfangs Jahr im Detail ausgearbeitet. Das Wandern wird aber ein wichtiges Thema für uns bleiben.» Die Destination Adelboden-Lenk-Kandersteg ist zudem auf dem Weg, zur Ganzjahresdestination zu wachsen. Mit der Bergbahn Adelboden AG bietet ab diesem Herbst eine weitere Bergbahn in der Destination den durchgehenden Betrieb an.