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Demonstration im Hongkonger Stadtteil Wan Chai: Bislang ist die Situation nicht eskaliert. Tourismusunternehmen beobachten die Lage aber genau. Bild: Joseph Chan

Für den Tourismus in Hongkong sind die kommenden Tage entscheidend

Seit Wochen halten die Proteste der Hongkonger an. Bislang hatte dies noch wenig Auswirkung auf die touristische Nachfrage. Doch die Sorge vor einer Eskalation der Lage wächst.

Drei Wochen schon dauern die Proteste der Bevölkerung Hongkongs gegen einen Beschluss der chinesischen Obrigkeit an. Bislang machte dies eigentlich noch keine grossen Wellen im globalen öffentlichen Bewusstsein. Dass aber das «Hong Kong and Macau Affairs Office» des Pekinger Zentralbüros die Proteste zu Beginn dieser Woche scharf verurteilte, lässt nun doch vermehrt auch Tourismus-Player eine Befürchtung eskalieren. Ebenso, dass die bisher auf wenige Zonen beschränkten Proteste inzwischen auch den Flughafen erreicht haben, wo am vergangenen Freitag eine Flugbegleitergewerkschaft friedlich gegen die Massnahmen protestierte.

Super-GAU für den Tourismus? Bislang nicht. «Wir sehen die Lage bislang für Touristen als unproblematisch an - im Gegensatz zur Lage für die Einheimischen», sagt etwa Ruth Landolt, Geschäftsführerin des Spezialisten Asia365. Den Kunden werde empfohlen, Demonstrationen zu meiden, «was ja generell gilt und auch in Paris bei den Gelbwestenprotesten oder am 1. Mai in Zürich gilt», so Landolt. Es habe bei Asia365 bislang nur vereinzelte Anrufe besorgter Kunden gegeben, aber noch keine Annullationen. «Einige Kunden haben von den Protesten gar erst nach ihrer Rückkehr aus Hongkong erfahren», erklärt Landolt. Sie sieht aktuell keinen Kollateralschaden für den Tourismus - das könnte erst bei einer deutlichen Eskalierung der Lage erfolgen.

Ähnlich tönt es bei Marcel Goetz, Product Director beim Spezialisten Tourasia: «Wir verfolgen die Situation in Hongkong täglich. Bislang gab es keine Annullationen von Kunden und wir wissen noch nicht, wie sich die Lage auf künftige Buchungen auswirkt. Aktuell ist es ja so, dass die meisten Proteste in der Gegend der Admiralty stattfanden, weshalb unsere Agentur vor Ort den Kunden rät, diese Gegend zu meiden. Den Resten von Hongkong kann man völlig problemlos bereisen.» Goetz erinnert daran, dass es sich hier nicht um Terrorismus oder ähnliches handle, sondern um Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und der Polizei, denen man natürlich fernbleiben sollte. «Es gab schon vor einigen Jahren ähnliche Proteste, wonach sich die Lage wieder entspannte», sagt Goetz hoffnungsvoll, «und bislang waren ja auch kaum Touristen betroffen.»

Die meisten Kunden bereisen Hongkong entweder als Stopover oder vor bzw. nach einer China-Reise. Aktuell muss niemand bedenken haben, nach oder via Hongkong zu fliegen. Sollte dies dennoch zu einem Problem werden, könnte allenfalls Singapur profitieren, glaubt Goetz. Schaut man sich in asiatischen Medien um, geht es dem Tourismus in Hongkong bislang noch gut - die Erwartungen waren angesichts des chinesisch-amerikanischen Handelskriegs und dem Brexit (Hongkong war bekanntlich bis zum 30. Juni 1997 ein britisches Übersee-Territorium) ohnehin nicht hoch. Die Zahlen sind also derzeit nicht das Problem - es herrscht aber eine gewisse Besorgnis in der Reisebranche wie auch bei den Reisenden vor. Wie geht es nun weiter und nimmt die Gewalt auf beiden Seiten tendenziell zu? Solche Sorgen sind bekanntlich Gift für die Nachfrage - ebenso der Gedanke, ob man in Länder reisen will, wo möglicherweise demokratische Rechte nicht anerkannt sind. Bleibt also für alle Seiten zu hoffen, dass sich die Lage wieder beruhigt.

(JCR)