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Schaufenster mit leicht bekleideten Sexarbeiterinnen gehören seit langem zum Bild der historischen Amsterdamer Innenstadt. Die aktuelle Bürgermeisterin will damit allerdings aufräumen - auch im Interesse der Sexarbeiterinnen selbst. Bild: Euroced on Visual hunt (CC BY-ND)

Licht aus für das Amsterdamer Rotlicht-Viertel?

Die Amsterdamer Behörden wollen bald entscheiden, wie es mit einer der grössten und auch zweifelhaftesten «Touristenattraktion» der Stadt künftig weitergehen soll.

Das Rotlichtviertel in Herzen Amsterdams gibt es schon seit Jahrhunderten. Versuche der Behörden, das Viertel zu «gentrifizieren» und vor allem die Anwohner vor den in den letzten Jahren massiv angewachsenen Touristenmassen besser zu schützen, sind immer wieder gescheitert.

Nun könnten aber die Lichter über den Fenstern, wo spärlich bekleidete Sexarbeiterinnen ihre Dienste anbieten und täglich von Tausenden Touristen angegafft werden, gelöscht werden. Femke Halsema, die grüne Bürgermeisterin Amsterdams, will Änderungen auf politischem Weg erreichen. Ihr klares Ziel: Ein Rotlichtviertel ohne (sichtbare) Prostitution, die Reduktion von Menschenhandel und auch eine Reduktion des Touristenaufkommens im Stadtzentrum. Im Verlauf des Sommers sollen mehrere Varianten hierfür evaluiert werden: Diese reichen von simplen Massnahmen wie dem Verbot der Schaufenster-Prostitution bis hin zur kompletten Schliessung der Sexclubs und einem Transfer des Rotlichtviertels hinaus aus dem historischen Zentrum in neuere, noch zu definierende Stadtteile. Auch Drehkreuze für Zugangskontrollen ins Rotlichtviertel, damit nur noch solche dort vorbeilaufen, die dort gewissermassen «Geschäfte zu erledigen» haben, sind angedacht.

Insgesamt liegen vier Vorschläge auf dem Tisch; im September soll über die Umsetzungsmöglichkeiten inklusive Finanzierung abgestimmt werden, nach vorgängiger Abklärung der Rechtslage. Es ist der neuste Versuch Amsterdams, die Zukunft des Viertels mit seinen rund 330 Prostitutions-Schaufenstern neu zu regeln. Bereits im Frühjahr waren geführte Touren durch das Rotlichtviertel verboten worden. Halsema habe genug von den Menschenmassen, welche täglich durch die Peepshows, Hasch-Cafés und Bordelle streifen, und insbesondere davon, dass Sexarbeiterinnen als Touristenattraktion wahrgenommen werden.

Die Sexarbeiterinnen wehren sich

Wie schon beim genannten Verbot der geführten Touren kommt der grösste Aufschrei gegen die möglichen neuen Massnahmen nicht etwa von den Touristen, sondern von den Sexarbeiterinnen selbst. Eine Lobbygruppe namens «Red Light United» hat angegeben, dass 90 Prozent von 170 befragten Sexarbeiterinnen gerne weiterhin in den Schaufenstern in den schmalen Gassen an und um die kanalseitigen Strassen Singel und De Wallen arbeiten wollen. Es gehe hier schliesslich um Arbeitsplätze und eine Verlegung ins äussere Quartiere sei nicht praktikabel und würde neue Verkehrslösungen für Touristen erfordern.

Halsema - welche keine der möglichen Aufräum-Varianten explizit bevorzugt hat - geht es aber genau um den Schutz der Frauen, also nicht um ein Verbot der Prostitution an sich, sondern um bessere, sicherere und vor allem menschenwürdigere Arbeitsbedingungen.

(JCR)