Destinationen

Die Niederlande will auf Destinations-Promotion verzichten - und dafür auf Destinations-Management setzen. Bild: Jace Afsoon

Marketingstopp als Lösung gegen Overtourism

Das Fremdenverkehrsamt der Niederlande hat in einem Strategiepapier festgehalten, dass man infolge des enormen Tourismuswachstums künftig keine Werbung für Reisen ins Land machen werde. Stattdessen will man sich auf eine bessere Verteilung der Touristen fokussieren.

Das niederländische Fremdenverkehrsamt NBTC (Nederlands Bureau voor Toerisme & Congressen) macht sich ernsthafte Sorgen über die touristische Entwicklung im eigenen Land. Aktuell besuchen rund 19 Millionen internationale Touristen pro Jahr das Land; 2011 waren es noch 11 Millionen und für die kommenden 10 Jahre ist ein Wachstum auf bis zu 29 Millionen (also um nochmals rund 52 Prozent) prognostiziert - andere Studien sprechen gar von bis zu 42 Millionen Touristen. Und dies in einem Land mit 17 Millionen Einwohnern.

Ein Grossteil der Touristen konzentriert sich schon heute auf Amsterdam, den Keukenhof und den Windmühlen-Distrikt von Kinderdijk, wo längst «Overtourism»-Alarmglocken läuten. An Ostern dieses Jahr war der Keukenhof vor lauter Touristen kaum mehr erreichbar und die Situation war für Einheimische «inakzeptabel», wie der Keukenhof-Direktor selber erklärte. In Amsterdam wird schon lange gegen im Zusammenhang mit Overtourism stehende Probleme wie steigende Mietkosten, Abfallberge und Lärm angekämpft. Das 2500-Seelen-Dorf Giethoorn mit seinem pittoresken Windmühlen wird jährlich von 350'000 Touristen allein aus China besucht.

Das NBTC will deshalb künftig darauf verzichten, Ferien in den Niederlanden aktiv zu promoten. Anstelle dessen wolle man sich darauf fokussieren, die Besucherströme besser zu verteilen, also weniger bekannte Attraktionen der Niederlande zu promoten. Die geht aus einem Strategiepapier hervor, welches der niederländischen Zeitung «Telegraaf» vorliegt. Anders ausgedrückt: Die Niederlande verzichten auf generische Destinationspromotion zugunsten von Destinationsmanagement.

Das allein klingt noch nicht besonders revolutionär. Die Stossrichtung bei dieser Strategie 2030 ist jedoch klar: Das NBTC verabschiedet sich von seiner reinen Promotionsrolle und will sich verstärkt als Daten- und Expertise-Zentrum positionieren. So will man Besucherströme besser lenken und neue, massgeschneiderte Angebote schaffen können. Darüber hinaus kann man mit besserer Kontrolle und langsamerem Wachstum auch selber auferlegte CO2-Ziele erreichen. Dass der Tourismus jeden 13. Job in den Niederlanden bieten und dem Land rund 82 Milliarden Euro einbringt, sei zwar erfreulich, die Kosten dafür seien aber in der aktuellen Form nicht mehr tragbar, argumentiert das NBTC, weshalb es «höchste Zeit» für neue Wege im Tourismusmanagement sei.

(JCR)