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Sie präsentierten die neue Kampagne von Tobago in Berlin (v.l.): Hon. Kelvin Charles (Chief Secretary, Tobago Assembly), Councillor Ms. Nadine Stuart-Phillips (Secretary of Tourism), sowie von der Tobago Tourism Agency Ltd., Sherma Roberts (Chair of the Board), Sheena Des Vignes (Marketing Coordinator) und Louis Lewis (CEO). Bild: JCR

Tobago: Eine Karibikinsel erfindet sich neu

Jean-Claude Raemy

Von der Schwesterinsel Trinidad emanzipiert, lanciert Tobago mit «Tobago Beyond» eine grosse Marketingkampagne, um besser bekannt zu werden. Travelnews hat sich mit Tourismusminister Louis Lewis unterhalten.

Im Rahmen der ITB Berlin hat die Karibik-Insel Tobago letzte Woche die Lancierung der Kampagne «Tobago beyond» angekündigt. Diese basiert auf vier Eckpfeilern, also den Vorzügen der Insel, welche hervorgehoben werden: «Meer & Strand», «Ökotourismus und Natur», «Kultur, Menschen und Geschichte» sowie «Romantik und Hochzeiten».

Die Marketing-Initiative ist speziell auf den DACH-Markt ausgerichtet. Louis Lewis (der ursprünglich aus St. Lucia stammt) wurde vor 16 Monaten zum CEO der wiederbelebten Tobago Tourism Agency Ltd. ernannt und soll das Tourismusgeschäft ankurbeln - er erklärt im Gespräch mit travelnews.ch, warum der DACH-Markt wichtig ist, was die Vorzüge der Insel sind und wie der Tourismus ausgebaut werden soll.


Herr Lewis, zunächst einmal müssen Sie erklären, wieso Tobago alleine eine Marketingkampagne aufzieht und nicht zusammen mit der Schwesterinsel Trinidad.

Wir möchten uns eben von der Rolle als Schwesterinsel des deutlich grösseren Trinidad lösen. Tobago ist eine Inseldestination mit Alleinstellungsmerkmal. Diese wollen wir hervorheben. Wenn wir uns zusammen vermarkten, verpasst Tobago möglicherweise seine Kernzielgruppe.

Zudem haben wir festgestellt, dass bei Millionen Konversationen im Internet der Name der Destination kaum je erwähnt wurde. Dieser relative Nachteil kann zu einem Vorteil umgemünzt werden: Wir können den Begriff Tobago frisch positionieren, also mit den von uns gewünschten Assoziationen verknüpfen.

Welches ist Ihre primäre Zielgruppe?

Die Kerngruppen sind die DINKYs - Double Income no Kids yet - sowie die Superboomer, also gesunde und aktive Über-50er. Diese verfügen einerseits über die finanziellen Mittel, sich Karibik-Ferien zu leisten, und suchen andererseits gerne Reiseziele abseits der üblichen Touristenpfade. Da bieten sich Ferien auf Tobago ideal an.

Wo wollen Sie diese Zielgruppen erreichen?

Idealerweise natürlich überall. Dass wir die Lancierung der neuen Kampagne in Berlin durchführen, ist aber nicht Zufall. Der DACH-Markt ist schon jetzt unser zweitwichtigster Quellmarkt hinter Grossbritannien und dürfte infolge der Brexit-Wirren noch weiter an Bedeutung gewinnen. Aktuell kommen 16 Prozent unserer Touristen aus dem DACH-Raum.

Deshalb auch die Kooperation mit Condor?

Ja, die ganzjährige wöchentliche Verbindung mit Condor ab Frankfurt nach Tobago existiert bereits; wir haben dafür viel Marketinggeld investiert, was sich nun aber auszahlt. Deutschland ist damit unser Hub für Europa geworden. Inzwischen gibt es auch Codeshares mit Lufthansa für Zubringer aus anderen europäischen Ländern. Natürlich fliegen British Airways und Virgin Atlantic ebenfalls noch nach Tobago.

Wir bezeichnen uns selber als «The Capital of Paradise»...

Was sind denn die Hauptanziehungspunkte von Tobago?

Generell gesprochen ist es der Mangel an Kommerz. Die Insel ist relativ unverbaut und authentisch, so wie die Karibik früher war und an manchen Orten nicht mehr ist. Nebst der natürlichen Schönheit können wir diverse Attraktionen bieten.

Sie haben vier Eckpfeiler für Ihre Marketingkampagne definiert. Können Sie diese etwas näher erläutern?

Ich denke, «Meer & Strand» erklärt sich für eine Karibikinsel von selbst. An unseren wunderschönen Sandstränden bieten wir natürlich Aktivitäten wie Tauchen, Paddleboarding oder Bootstouren an. Bei uns gibt es überdies 42 Arten Sand!

Womit wir beim zweiten Eckpfeiler «Ökotourismus und Natur» sind...

Wir haben festgestellt, dass wir «undiscovered, untouched & unspoiled» sind, also wenig bekannt, unberührt und wohlversehrt. Daraus möchten wir Profit schlagen - aber eben unter Berücksichtigung der Natur. Wussten Sie, dass wir über ein grosses Regenwaldgebiet verfügen, welches seit 1776 geschützt ist? Wir haben bei der Unesco für die «Tobago Main Ridge Forest Reserve», welche die ganze Insel durchzieht, um Weltnaturerbestatus ersucht. Darüber hinaus haben wir laut der Audubon Society die fünftgrösste Artenvielfalt an Vögeln weltweit, mit insgesamt 230 Vogelarten. Diese Natur gilt es, bei allen Wachstumsplänen, sorgfältig zu schützen. Wir bezeichnen uns nicht umsonst als «The Capital of Paradise».

Eben, für Wachstum braucht es unter anderem neue Hotelzimmer.

Natürlich. Wir wollen aber nur im High-End-Bereich agieren; wir werden bald ein neues Grossprojekt vorstellen können. Wir sind aktuell mit vier Hotelketten im Gespräch. Dass allerdings ein bereits weit fortgeschrittenes Projekt mit Sandals wieder abgeblasen wurde, unterstreicht unseren Fokus auf die Natur: Die Bevölkerung von Tobago war aus ökologischen Überlegungen gegen dieses Projekt, und so wurde es nicht umgesetzt. Wir sehen das nicht als Misserfolg an.

Gibt es andere Infrastrukturprojekte, die umgesetzt werden?

An unserem Hauptflughafen Robinson International in Crown Point entsteht ein neues Terminal, darüber ist eine grosse Marina geplant.

«Tobago hat eine faszinierende, vielfältige Geschichte»

Wie sieht es denn mit Kreuzfahrten aus?

Wir haben nur wenig solches Geschäft, welches ohnehin saisonal ist. Wir werden uns eher auf unsere Natur-Vorzüge fokussieren.

Auch im Zusammenhang mit dem dritten Eckpfeiler, «Romantik & Hochzeiten»...

Genau, wir bieten die perfekte Kulisse für romantische Ferien oder Strand-Hochzeiten. In diesem Segment wollen wir stark aktiv werden.

Bleibt der letzte Eckpfeiler, «Kultur, Menschen und Geschichte». Darüber ist wohl am wenigsten bekannt.

In der Tat. Tobago hat eine erstaunlich vielfältige und spannende Geschichte. Tobago hat auch eine starke Kultur, eine des Widerstands und der Adaptierung. Unsere Insel hat im Lauf seiner Geschichte 35 Mal den Besitzer gewechselt, das ist in der Karibik der höchste Wert, vielleicht gar weltweit. Wir haben dadurch unzählige Kulturen und Anschauungen verschmelzen können. Das merkt man etwa auch in der Gastronomie mit ihren afrikanischen, indischen und kolonialen Einflüssen. Wir haben einerseits natürlich wunderbaren Seafood, andererseits auch zahlreiche Gerichte auf Basis von Dasheen, das man auch Taro nennt und quasi unsere Kartoffel ist. Dann gibt es Kolonialbauten und Festungen zu besichtigen - und wir lieben den Karneval.

Was sollen Besucher denn konkret von einem Besuch der Insel mitnehmen?

Das Gefühl, die Insel als Erste entdeckt zu haben. Wir sind das besterhaltene Geheimnis der Karibik - idyllisch, willkommend, natürlich. Ich hoffe, auch die Menschen in der Schweiz werden Tobago damit verbinden.