Destinationen

Die Insel Rihiveli mit den beiden zu Fuss erreichbaren, unbewohnten Inseln, vom Wasserflugzeug aus gesehen. Ein solches darf dort laut den neuen Betreibern gar nicht landen. Bild: Fotolia

Wenn Gäste sich die eigene Malediven-Insel kaufen

Jean-Claude Raemy

50 Gäste haben Geld zusammengetragen und ein Konzept erarbeitet, um selber den Betrieb der Malediven-Insel Rihiveli übernehmen zu dürfen. Ihr Plan ging auf – und fokussiert vor allem auf Nachhaltigkeit.

Rihiveli ist eine kleine Malediven-Insel im Süd-Male-Atoll, rund 50 Speedboot-Minuten vom internationalen Flughafen von Male entfernt. Die Barfuss-Insel ist rund 460 mal 160 Meter gross und verfügt über 48 Bungalows. Was sondert Rihiveli von anderen Malediven-Inseln ab? Die Betreiber der Insel. Denn dabei handelt es sich ausschliesslich um Privatpersonen, «Liebhaber der Insel», welche gemeinsam investiert haben, um die Insel vor dem Massentourismus zu erhalten.

Die Geschichte beginnt im September 2017, als Christian Kalb, ein Consultant aus Paris, zum wiederholten Mal Ferien auf Rihiveli verbringt, dabei jedoch eine Verschlechterung der Qualität feststellt und im Gespräch mit Angestellten erfährt, dass diese seit längerem nicht bezahlt werden. Es stellt sich heraus, dass die Managementgesellschaft Castaways Maldives ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommt und von der Eigentümerschaft der Insel zur Rückgabe der Management-Lizenz gedrängt wird.

«Nachdem der vorgängigen Managementgesellschaft Castaway Maldives die Betriebslizenz entzogen wurde, befürchteten wir, dass der Eigentümer die Insel einer grossen Unternehmensgruppe übertragen könnte, welche diese dann ausbauen und für Massentourismus tauglich machen würde», erklärt Kalb im Telefongespräch mit travelnews.ch. Deshalb habe er sich mit einigen gleichgesinnten «Freunden der Insel» zusammengeschlossen und ein Konzept ausgearbeitet, welches die Übernahme der Inselpacht und den Betrieb der Ferieninsel mit ökologischen und sozialen Prioritäten vorsah. Der Inseleigentümer, den Kalb persönlich kannte, liess sich vom Konzept überzeugen.

Was passierte dann? Am 1. März 2018 wurde die Aktiengesellschaft «Save The Dream» mit Sitz in Honfleur (Frankreich) gegründet, deren Präsident Christian Kalb ist. Insgesamt 50 Aktionäre – 46 Franzosen und 4 Schweizer – beteiligten sich mit Beträgen zwischen 21‘000 und 42‘000 Euro, wodurch total ein Aktienkapital von 1,638 Millionen Euro zusammenkam. Im Mai 2018 wurde «Save the Dream» dann die Betriebslizenz für Rihiveli übertragen, welche bis 2042 gilt. Offizielle Betreibergesellschaft ist eine Firma nach maledivischem Recht, welche zu je 50 Prozent dem Eigentümer und «Save the Dream» gehört.

Vom Aktionär zum Geschäftsführer

«Rihiveli The Dream», wie sich das Ganze nennt, setzt laut Kalb auf den Schutz des «Inseljuwels Rihivel», den Respekt der Angestellten, auf Ruhe und Gemeinsamkeit. Was den Umweltschutz angeht, wird beispielsweise auf den Bau von Overwater-Bungalows verzichtet, dazu wird versucht, den Betrieb aus energetischer Sicht möglichst nachhaltig zu betreiben. So wird aktuell ein modernerer Generator angeschafft; mittelfristig will Kalb auf Solarenergie setzen. Auch die Abfallbewirtschaftung wird modernisiert. In den Bungalows wird auf Klimaanlagen verzichtet. Und die Anreise kann lediglich per Speedboot erfolgen; man will keine Wasserflugzeuge an die Insel andocken lassen.

Das Angebot ist trotz dem Fokus auf Ruhe reich. Tauchen ist natürlich möglich, wie auch diverse motorisierte und nicht motorisierte Wassersportarten, allerdings keine Jetskis. Dazu gibt es ein Badmintonfeld. Gegessen wird im Restaurant «Le Lagon». Bei Ebbe können zudem zwei kleine, nicht bewohnte Nachbarinselchen zu Fuss erreicht werden. Diese werden «auf keinen Fall» bebaut.

Als General Manager fungiert Jean-Marc Bonnet - einer der Aktionäre, der nun vollständig diesem Job nachgeht. Er bringt zwar viel Management-Erfahrung, aber keine touristischen Kenntnisse mit. Als Consultant hilft ihm deshalb ein weiterer Aktionär, Omar Abodib, der Direktor des Hotels Le Donjon im französischen Badeort Étretat in der Normandie, und Mitglied im siebenköpfigen Verwaltungsrat von «Save the Dream». Eine weitere Aktionärin ist als «Concept Director» tätig und verbringt viel Zeit auf Rihiveli. Für Verkauf und Marketing ist ein fünfköpfiges Team zuständig, an dessen Spitze ein langjähriger Airliner steht. Mit Ausnahme von Bonnet arbeiten alle unbezahlt und «in ihrer Freizeit» an diesem Projekt – aus Überzeugung, aber natürlich auch, weil sie darin persönlich investiert haben. «Es gibt also unter den Aktionären einige mit Tourismuskenntnissen, welche ein paar Tipps für den Betrieb geben konnten», erklärt Kalb. Grundsätzlich verbinde die Investoren aber die Liebe zur Insel und zu Beginn des Projekts konnten alle ihre unterschiedlichen Kenntnisse einbringen – zu den Investoren zählen nämlich auch Lehrer, Unternehmer, Handwerker, Psychologen, Bauern und mehr. Allesamt Privatpersonen, denen der Erhalt der Insel in ihrem ursprünglichen Zustand wichtig ist. Daneben könne Rihiveli auf rund 100 motivierte einheimische Mitarbeitende zählen.

Bei Kuoni und TUI buchbar

Die Betreiber und die Mehrheit der Kunden mögen Franzosen sein, doch grundsätzlich steht die Insel allen Gästen offen. Den Anteil Schweizer am gesamten Gästeaufkommen mag Kalb nach erst wenigen Monaten Betriebszeit noch nicht beziffern. Er verweist aber darauf, dass «Rihiveli The Dream» in der Schweiz bei Kuoni und TUI Suisse buchbar sind. Weitere Anbieter, etwa Manta Reisen, habe man «auf dem Radar».

Die vier beteiligten Schweizer Personen sind übrigens zwei Ehepaare aus der Romandie, Privatpersonen aus den Bereichen Design und Finanzen.

Laut Kalb gibt es auf Rihiveli noch «viel zu tun» - doch die Vorausbuchungen für die kommende Hochsaison seien gut und der Fokus auf Ökologie und Ruhe sei «zukunftsgerichtet». Es gibt aktuell zumindest keinen ersichtlichen Grund, weshalb das Rihiveli mit seinem «Management durch Gäste» nicht erfolgreich sein sollte.