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Die Entwicklung von Einreisezahlen verläuft nicht immer linear: Nach Boomjahren erfolgte beim USA-Tourismus eine Korrektur. Nun wächst die Nachfrage wieder. Bild: Fabien Bazanegue

Kommentar Amerika ist weiterhin ein Tourismus-Powerhouse!

Jean-Claude Raemy

Fertig mit dem Alarmismus: Die Reisezahlen von Schweizern in die USA sind gut und erholen sich in diesem Jahr bereits deutlich. Interessantes Detail: Sie erholen sich bei Schweizer Bürgern deutlich langsamer als bei Ausländern mit Schweizer Wohnsitz.

Zugegeben, das Image der USA hat in jüngster Zeit gelitten. Allerdings nur jenes Image, welches dortige Politiker und Parteien von sich geben. An den natürlichen Vorzügen des Landes hat sich nichts geändert, ebenso wenig daran, dass es ein weiterhin recht problemlos zu bereisendes Land ist. Die aktuellen Rückgänge einfach pauschal auf einen «Trump-Effekt» zu reduzieren, wäre allerdings falsch, wie wir schon früher argumentiert haben. Vor allem aber zeigt sich inzwischen, dass die Zahlen gar nicht so miserabel sind, wie man zuletzt immer hören musste. Zeit, sich mit den Zahlen mal wieder auseinander zu setzen.

Als Fakt ist nicht wegzureden, dass die Einreisezahlen von Schweizern in die USA innert zwei Jahren um fast 20 Prozent zurückgegangen sind. Mit 441‘270 Ankünften waren die USA aber 2017 deutlich über dem Stand von 2010 und auch deutlich über jenem all der 90er-Jahre, welche durchaus auch als «USA-Boomjahre» angesehen werden; man ist lediglich unter die Marken zurückgefallen, welche in den Extrem-Boomjahren 2011-2015 erzielt wurde. Und für diesen Boom gibt es eigentlich nur mässig hinreichende Erklärungen. In der Regel wird mit Dollarkurs und Flugpreisen argumentiert. Diese haben sich aber nicht dermassen zu Ungunsten der Schweizer verändert, als dass damit der Rückgang in diesem Masse argumentierbar wäre. Oder anders formuliert: Es gibt eigentlich keinen triftigen Grund, warum so starke Zahlen wie 2015 dereinst nicht wieder erreicht werden sollten.

Es kann und wird wieder aufwärts gehen, weil noch keine Ende des Wachstums bei der Reisetätigkeit generell festgestellt werden kann. Offizielle Prognosen des US National Travel and Tourism Office (NTTO), welches die ganzen Einreisedaten sammelt und auswertet, gehen von einem Wachstum, gingen bislang von einem Wachstum von 6 Prozent in den kommenden fünf Jahren aus. Damit wäre die Schweiz wieder bei einem Volumen von rund 475‘000 Einreisen, was realistisch scheint. Nun ist die Prognose aber noch auf älteren Zahlen basierend und nahm schon nur für das «schlechte» USA-Jahr 2017 deutlich zu tiefe Zahlen an. Und zudem zeigen auch die Zahlen aus dem ersten Quartal 2018 ein besseres Wachstum: Von Januar bis März 2018 reisten laut aktuellsten NTTO-Zahlen 17,1 Prozent mehr Schweizer als noch im Vergleichs-Vorjahresquartal in die USA.

«Schweizer» sind zurückhaltender als «Ausländer»

Spannend ist übrigens, dass das NTTO neuerdings – nur zurückgehend bis 2015 – die Einreisezahlen auch differenziert nach «Country of Residence» (COR) und «Country of Citizenship» (COC). Bislang war nie klar gewesen, wie die Aufteilung des Schweizer Marktes zwischen «Schweizern» und «Ausländern» aussieht.

Nun denn, nimmt man Schweizer Bürger (COR), so reisten 2017 exakt 392‘992 Personen in die USA. Einreisen von Personen mit Wohnsitz in der Schweiz (COR) – also jene Zahlen, welche für die Marktstärke aussagekräftig sind - liegen eben bei 441‘270. Will heissen: 11 Prozent der Einreisen in die USA werden im Schweizer Markt von Ausländern mit Wohnsitz in der Schweiz generiert. Eigentlich beträgt der Ausländeranteil in der Schweiz rund 25 Prozent.

Aber… die 17 Prozent Wachstum im 1. Quartal 2018 (COR-Zahlen) sind plötzlich, heruntergebrochen auf COC-Zahlen, nur noch 8,5 Prozent Wachstum. Oder anders gesagt: Die Schweizer halten sich mit USA-Reisen eher zurück als in der Schweiz lebende Ausländer.

Über die Gründe dafür mag man nur spekulieren. So oder so ist aber Wachstum vorhanden. Und die USA stellen weiterhin mit grossem Abstand den wichtigsten Fernstreckenreise-Markt der Schweizer dar.

Fragt man bei Reiseveranstaltern nach, hört man zwar aktuell nicht mehr von «Rekordzahlen» für die USA. Aber wer nachhakt, hört immer noch, dass die Nachfrage grundsätzlich hoch ist. Den Markt also jetzt nur noch am schier unglaublichen Rekordergebnis von 2015 zu messen, wäre falsch. Selbst mit «nur» rund 450‘000 Einreisen wäre noch fast jeder fünfte Schweizer einmal im Jahr in die USA gereist…

USA sind touristische Ertrags-Weltmeister

Ebenso falsch wäre zu glauben, dass die USA die Schweiz beknien, um wieder mehr Touristen zu erhalten. Denn die Rückgänge aus der Schweiz werden durch Wachstum aus anderen Märkten mehr als wettgemacht. Und ein Report des «World Travel & Tourism Council», welcher gestern anlässlich des Welttourismus-Tags präsentiert wurde, zeigt deutlich, dass die USA weiterhin ein touristisches Powerhouse sind, Trump hin oder her.

Demzufolge sind in den letzten sieben Jahren die USA in punkto touristischem Wachstum nach Einreisezahlen global auf Rang 2. Bei den Einreisezahlen auf ein einziges Jahr heruntergebrochen lagen sie 2017 auf Rang 3 weltweit. Und bei den Netto-Einnahmen aus dem Tourismus liegen die USA haushoch in Führung.

Es ist also bei Weitem nicht so, dass Alarmstimmung herrschen muss. Aber wenn die Reisebranche weiterhin eine Rolle spielen will bei der Wahl und Ausgestaltung von Reisen in die USA, muss sie sich stetig weiterbilden und Ausbildungs-Angebote im Inland und bei Bedarf allenfalls auch im Ausland besuchen.