Cruise

Leitet seit 2005 Kuoni Cruises: Cornelia Gemperle. Bild: TN

«Es wäre fatal, wenn der Kunde bei seiner ersten Cruise auf dem falschen Schiff landet»

Gregor Waser

Cornelia Gemperle, Leiterin von Kuoni Cruises, äussert sich im Interview über die aktuellen Kreuzfahrt-Trends, die Vielzahl der Schiffe und die anhaltenden Tiefpreise (Teil 1/2).

Frau Gemperle, auf welchem Schiff waren Sie zuletzt unterwegs?

Cornelia Gemperle: Auf der AidaPerla und der MSC Meraviglia war ich kurz, zuvor verbrachte ich eine Woche Ferien auf der Seabourn Encore im westlichen Mittelmeer. Das Luxusschiff bietet viel Platz, ist sehr hell und das All-Inclusive-Konzept ermöglicht, jeden Tag in einem neuen Spezialitäten-Restaurant zu essen. Die Reise gefiel mir sehr gut.

Wie beurteilen Sie die Nachfrage nach Kreuzfahrten in diesem Jahr?

Die ersten vier Monate liefen sehr gut, der Mai war etwas ruhiger. Die Reedereien geben Gas, das fördert die Nachfrage. Gefragt ist weiterhin der Norden, auch 14-tägige Routen, die einem längere Stopps in Städten wie St. Petersburg ermöglichen. Im Mittelmeer – nach Jahren des Booms im östlichen Mittelmeer – ist nun auch der Westen wieder gefragter.

In welchen Bereichen haben Sie auf dieses Jahr hin Ihre Angebotspalette ausgebaut?

Wir haben unser Programm «Meer Erleben!» erweitert, das sind begleitete Schiffsreisen teils mit dem Fokus auf Expeditionen an etwa 15 Reisedaten. Die laufen sehr gut. Neu haben wir bei uns auch Yachtferien in Kroatien und der Südtürkei, eine unkomplizierte Ferienform, da braucht man nicht viel mehr als Badehosen und Flip-Flops dabei zu haben.

Kuoni Cruises bietet als Kreuzfahrtenzentrale eine sehr breite Palette an. Was wird am stärksten gebucht?

MSC und Costa ist sicher das volumenstärkste Geschäft, wenn auch nicht beim Umsatz. MSC und Costa sind beliebte Einsteigerprodukte. Auch Aida oder Mein Schiff werden immer beliebter. Viele Schweizer schätzen es, wenn an Bord oder bei den Ausflügen deutsch gesprochen wird.

Wie teilt sich der Umsatz bei Ihnen nach Kanälen auf?

Über 50 Prozent der Buchungen erhalten wir von unseren Filialen, der Rest von Agenten. Der Direktvertrieb macht nur einen minimen Teil aus.

Kuoni hat bei den Agenten im letzten Jahr Einbussen erlitten. Sie auch?

Bei den Schiffen merken wir das weniger. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass die 25 Personen unserer Abteilung mit grossem Know-how aufwarten, das wir über die Jahre hinweg aufgebaut haben. Viele Reisebüro-Angestellte sind mit der Vielzahl der Schiffe überfordert und «gottenfroh», wenn sie hier anrufen können. Wenn ein Kunde erstmals auf ein Schiff geht, wäre es fatal, wenn er auf einem für ihn falschen Schiff landet, dann kommt er nie mehr. Deswegen ist die Bedürfnisabklärung schon sehr wichtig – und die Kenntnisse darüber, welches Schiff für diesen Kundentyp am besten passt.

«Bei den Regionen ist vieles vorgegeben, einige spannende Ziele sind leider weggefallen»

Wie verfolgen Sie die Preisentwicklung bei Kreuzfahrten? Im Mittelmeer sind ja äusserst tiefe Preise auszumachen.

Eine super Gelegenheit, um einmal tolle Ferien für wenig Geld zu machen… (lacht). Wir fragen uns auch, wohin das führt mit all diesen Neubauten und gleichzeitig tauchen so viele Aktionen auf. Wobei es noch so viele Märkte mit Potenzial gibt, etwa in Asien oder Südamerika, so werden einige Schiffe von unserem Markt auch wieder verschwinden. Aber klar, ich wünschte mir auch höhere Schiffspreise. Gleichzeitig können wir sagen: es gibt kein Hotel an Land, das die gleichen Leistungen zu diesem Preis bietet. Es gibt mindestens drei Mahlzeiten am Tag, abends viele Shows und eine Vielfalt an Infrastruktur. Für uns bieten die Tiefpreise der Einsteigerprodukte die Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen, die man dann später eventuell auf andere Schiffe buchen kann.

Fixe Essenszeiten, förmliche Garderobe… mit welchen Vorurteilen müssen Sie am häufigsten kämpfen?

Eine Kreuzfahrt ist nicht mehr so steif und elitär wie früher, heute gehts lockerer zu und her. Auf der «Mein Schiff» mit Hemd und Jeans ans Abendessen zu gehen ist normal, das Publikum will in den Ferien lockerer sein, Essenszeiten oder Ausflüge nicht mehr fix vorgegeben haben. Traditionelle Captain-Dinners gibt es ausser auf der EUROPA kaum mehr.

Wie halten Sie es mit Flusskreuzfahrten bei Kuoni Cruises? Welche Zukunft geben Sie der Sparte?

Vor drei Jahren haben wir das Flussangebot aufgehoben, für unsere Filialen haben wir den Mittelthurgau-Katalog mit einem Kuoni-Cover versehen. In der Schweiz haben wir mit Mittelthurgau und Thurgau Travel zwei so starke Brands. Man braucht eigene Busse, um das eher ältere Publikum etwa nach Passau zu chauffieren, mit dem Zug und den Koffern geht das nicht oder nur mühsam. Die River Cruises sind dran, ein neues Publikum anzusprechen zum Beispiel mit Themenreisen zu Golf, Velo oder Musik. So holen sie ein jüngeres Publikum an Bord, das erleben kann, wie erholsam eine Flussreise ist. Flusskreuzfahrten haben definitiv ihren Reiz.

Welche neuen Routen gibt es auf den Weltmeeren?

Bei den Regionen ist vieles vorgegeben, einige spannende Ziele wie Tunesien, Schwarzes Meer, Istanbul sind ja weggefallen. Neue Routen bietet Silversea an, etwa mit Zielen in Myanmar, Bangladesh, den Lakadiven oder Madagskar. Ponant etwa wartet immer wieder mit neuen, speziellen Routen auf, etwa in Asien und der Südsee. Auch im Expeditionsbereich kommen dank kleineren Schiffen neue Routen ins Spiel. Giganten wie Harmony of the Seas haben es schwer, neue Routen zu bieten. Die müssen schauen, wo sie überhaupt anlegen können.

Lesen Sie morgen: das sagt Cornelia Gemperle über einzelne Schiffe, Weltreisen und künstliche Inseln.