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Zum Abschluss der Taufzeromonie: ein Feuerwerk am Himmel über dem Atlantik. Bilder: Thomas P. Illes

Sophia Loren tauft «achtes Weltwunder»

Thomas P. Illes

Am vergangenen Samstag wurde MSC’s neustes Flaggschiff, die MSC Meraviglia, feierlich in Le Havre getauft. Travelnews.ch war mit dabei.

Nein – ein Mangel an Selbstbewusstsein ist der italienisch-schweizerischen Reederei MSC Kreuzfahrten beim besten Willen nicht zu attestieren: schon bei der 2008 erfolgten Markteinführung der Fantasia-Klasse sprach man vom «schönsten Schiff der Welt». Und weil man das mit der gestern, von der französischen Bauwerft STX France in Saint-Nazaire nach 26-monatiger Bauzeit ihrem regulären Dienst übergebenen neuen MSC Meraviglia schlecht wiederholen konnte, wurde in stolzer MSC-Manier nochmals eins draufgesetzt: Nichts Geringeres, als das «achte Weltwunder» war es, was da an diesem schönen Sommerabend von Leinwandlegende Sophia Loren an der Seite von Kapitän Raffaele Pontecorvo mittels Durchschneiden des Blauen Bands, welches die daran befestigte Champagnerflasche standesgemäss am Bug zerschellen liess, getauft wurde.

Der Schweizer PR-Agentur schien diese Bezeichnung dann offensichtlich aber doch etwas dick aufgetragen. Mit der Formulierung «das neueste Wunder der MSC Flotte» wurde beim Pressetext deutlich zurückbuchstabiert.

Eine Schweizer Kreuzfahrtreederei? - MSC machts möglich...

Dennoch: die an Superlativen nicht eben dünn gesäte Kreuzfahrtbranche wurde auch diesmal ordentlich bedient: So ist die als Ganzjahresschiff für alle Jahreszeiten und Witterungen konzipierte MSC Meraviglia mit ihrer Vermessung von 171'598 BRZ und einer Kapazität für maximal 5714 Passagiere der grösste Kreuzfahrtschiff-Neubau des Jahres und der grösste Cruiseliner, der je von einer europäischen Reederei in Auftrag gegeben wurde. Übertroffen wird sie in dieser Hinsicht gegenwärtig nur von Royal Caribbean International’s Oasis-Klasse.

Spätestens hier schwindet allerdings jegliche Schweizer Zurückhaltung: als Teil ihrer Marketing- und Brandingstrategie verweist die Reederei, die ihren Hauptsitz zwar in Genf hat, sich aber in italienischem Familienbesitz befindet sowie wichtige operative Basen ausserhalb der Schweiz betreibt, gerne und wiederholt auf ihre Swissness. Die Schweizer Version des Pressetextes vermeldet etwa, dass es sich bei der MSC Meraviglia um das «grösste Schiff handelt, das je von einem Schweizer Kreuzfahrtunternehmen gebaut wurde». Und Sylvie Boulant, Country Manager Switzerland, verweist sympathisch, aber durchaus auch mit Nachdruck auf das diskrete «Swiss-Established» unter dem Logo von MSC Crosières/Kreuzfahrten.

Ob nun aber «schweizerisch» oder «europäisch»: anscheinend hat mittlerweile auch MSC die Erkenntnis ereilt, dass einer allzu einseitigen Fokussierung auf Gigantomanie und Grössenattribute bei wachsenden Bevölkerungskreisen eher mit Skepsis und Kritik begegnet wird. Vielen wird das ungebremste Wachstum der Kreuzfahrtindustrie langsam unheimlich, obwohl deren Anteil am gesamten weltweiten Tourismus immer noch verschwindend klein ist.

Nichts desto trotz wies MSC Cruises CEO Gianni Onorato anlässlich der im Vorfeld der Taufzeremonie an Bord veranstalteten Pressekonferenz für die aus aller Welt angereisten Medienvertreter darauf hin, dass man nicht mehr von einem «primär grossen Schiff», sondern einem «Schiff reich an Erlebnissen» sprechen mag, welches überdies aufgrund seiner gemessen an der Schiffsgrösse relativ moderaten Länge von knapp 316 Metern «fast alle Häfen der Welt anlaufen könne». Sprich, die generationsübergreifende Angebotsvielfalt, nicht die schiere Grösse soll das hauptsächliche Verkaufsargument dieser neuen Schiffsklasse sein.

Schiff als eigenständige Destination

Dazu zählt unter anderem die einem belebten mediterranen Boulevard nachempfundene, knapp hundert Meter lange Innenpomenade als zentraler Treffpunkt und Begegnungsort des Schiffs. Als technische Besonderheit wartet diese mit dem längsten LED-Himmel auf See (80 Meter) auf, der je nach Tages- und Nachtzeit beeindruckende optische Effekte zu erzielen und der Illusion, sich in einer Stadt an Land zu befinden, zuweilen täuschend nahe zu kommen vermag. Pierfrancesco Vago, Executive Chairman von MSC Cruises, versteht das Schiff denn vor allem auch als «konsequente Weiterentwicklung und Definition einer eigenständigen Destination». Dazu Country Manager Sylvie Boulant: «Wir wollen die Meraviglia als eine der populärsten Destinationen auf See etablieren.»

Zwölf Restaurants und zwanzig Bars, zahlreiche Geschäfte, mehrere Pools, Sport- und Fitnesseinrichtungen inklusive einem Aquapark sowie ein breites Familien- und Entertainmentangebot – darunter abendliche Aufführungen von zwei exklusiven, speziell für die MSC Meraviglia konzipierte Shows des Cirque du Soleil, untermauern diese Aussagen. Zehn verschiedene Kabinen-/Suitentypen – inklusive spezielle Single-Kabinen – sollen überdies einer möglichst breiten Palette an Wohnansprüchen genügen.

Nastasia Mouttet, Marketing Manager MSC Cruises Schweiz, streicht die hohe Anzahl von Balkonkabinen hervor: «75 Prozent der Kabinen verfügen über eine eigene Veranda – das kommt dem Schweizer Markt sehr entgegen.» Weiter weist Mouttet darauf hin, dass man davon ausgehe, dass sich die Cirque du Soleil-Aufführungen – trotz Aufpreis von 16 Euro für die «Cocktail & Show» und 38 Euro für die «Dinner & Show» (ohne Getränke) – als sehr populär erweisen werden und man deshalb am besten «rechtzeitig im Voraus» buchen sollte.

MSC Yacht Club optimiert

Um ein viertes Deck erweitert wurde der MSC Yachtclub. Der im vorderen Bereich über der Kommandobrücke angeordnete, erstmalig auf der MSC Fantasia eingeführte «Schiff-im-Schiff»-Komplex soll mit komfortablen Suiten und Kabinen, exklusiven Bereichen sowie einem 24- Stunden-Butler-Service die Vorzüge eines luxuriöse(re)n, niveauvollen Reiseerlebnisses mit der besagten Angebotsvielfalt eines grossen, energetischen und familienfreundlichen Mainstreamschiffes vereinen. Der MSC Yacht Club verfügt nun – endlich – auch über das lang herbeigesehnte eigene Restaurant, welches nicht mehr, wie noch bei den vier Schiffen der Fantasia-Klasse, nur über einen langen Umweg zum Heck des Schiffs zu erreichen ist. Was allerdings «Innensuiten» (Kabinen ohne Fenster – auf der MSC Meraviglia gibt es 15 davon) mit angestrebtem Yacht Club Luxus zu tun haben sollen, bleibt etwas rätselhaft...

Ebenfalls wurde «MSC for Me» lanciert, das an der diesjährigen ITB in Berlin vorgestellte umfangreiche digitale Innovationsprogramm, welches unter anderem die Gäste mit der Crew und dem Schiff vernetzt, um trotz stetig wachsenden Passagierkapazitäten ein möglichst individuelles, flexibles und personalisiertes Kreuzfahrterlebnis zu ermöglichen.

Anlehnung an Royal Caribbean-Design

Bei einem ersten kurzen (zu mehr reichte die Zeit anlässlich der Taufe leider noch nicht) Rundgang durchs Schiff fiel zum einen auf, dass die MSC Meraviglia, trotz ihrer zahlreichen Innovationen und Grösse, nach wie vor über die MSC-typische DNA verfügt. Das darf durchaus als positiv gewertet werden: bisherige treue MSC-Fans werden sich so schnell auf dem neuen Schiff zurechtfinden und zugleich eine Fülle an neuen Entdeckungen machen können.

Zum anderen fühlte man sich – trotz MSC’s Eigenständigkeit und Identität – bisweilen auf ein Royal Caribbean Schiff versetzt. Etliche Elemente, wie beispielsweise die erstmals auf einem MSC-Schiff vorgefundene atriumförmige Innenpromenade, die sich über zwei Decks ersteckende Duplex Suiten oder auch die auf Deck 7 im Heckbereich angeordnete Carousel Lounge (hier finden die Cirque du Soleil-Vorführungen statt) erinnern stark an die Voyager-/Freedom- bzw. Quantum-Klasse der in Miami ansässigen amerikanischen Reederei.

Das ist insofern interessant, als dass die MSC Meraviglia im Rahmen von MSC’s geplanter Expansion in den nordamerikanischen Markt ab Winter 2019/20 auch in der Karibik unterwegs sein und sich damit in direkte Konkurrenz zu den dort etablierten US-Reedereien begeben wird. Es wird spannend sein zu verfolgen, wie das Verdikt der nordamerikanischen Gäste auf die europäische, pardon – Schweizer Kreuzfahrtvariante ausfallen wird...

Vorerst einmal ist die die MSC Meraviglia gestern in Le Havre – laut Alexandre Dupraz, Commercial & Operations Director MSC Cruises Schweiz, «zusammen mit 300 Schweizern, was die Schweiz einmal mehr als sehr wichtigen Quellmarkt ausweise» (siehe TN-Interview)  – zu ihrer Jungfernfahrt nach Genua aufgebrochen. Ab dem 11. Juni sticht das Schiff ab Genua auf ihre Sommerroute in See. Diese umfasst sechs Zustiegshäfen, darunter die beliebten Städte Genua, Marseille und Barcelona ebenso wie Neapel, Messina und Valletta.