Cruise

Aufgeschlossen, arbeitsam, aktiv: Alexandre Dupraz setzt auf Schweizer Tugenden bei der Schweizer Kreuzfahrtgesellschaft. Travelnews.ch traf ihn in einem Zürcher Café. Bild: TN

«2018 wollen wir in der Schweiz 10'000 zusätzliche Passagiere gewinnen»

Jean-Claude Raemy

Alexandre Dupraz, seit drei Monaten Commercial & Operations Director bei MSC Cruises Schweiz, im grossen Interview.

Herr Dupraz, welches sind Ihre Hauptaufgaben in Ihrer Rolle als Commercial & Operations Director?

Die strategische Planung und die Steigerung der Verkaufszahlen sind meine wichtigsten Verantwortungsbereiche, dazu das Erstellen und Einhalten des Budgets. Ich bin auch für operative Bereiche wie die Koordination mit den Call Centern in Salzburg und Paris oder mit der Gruppenabteilung zuständig. Ich kann hierbei auf ein 14-köpfiges Team zählen. Zudem arbeite ich eng mit unserem Marketing und dem Sales Support zusammen, um die Promotion und Kommunikation optimal zu steuern.

Da der Kreuzfahrt-Verkauf weiterhin grossmehrheitlich über Reisebüros läuft, arbeite ich permanent kommerzielle Aktivitäten für und mit Reisebüros aus, ob dies nun Kettenbüros, Franchiser oder Unabhängige sind.

Welches ist die grösste Herausforderung?

Wie Sie wissen wird MSC Cruises ihre Kapazität durch die Einflottung von 11 neuen Schiffen bis 2026 praktisch verdreifachen. Es ist wichtig, den Schweizer Markt schon heute auf diese Kapazitätsausweitung vorzubereiten. Es müssen strategische Partnerschaften aufgegleist und eine Langfrist-Vision für das Handling in unserem operativen Bereich aufgebaut werden.

Worin liegt Ihrer Ansicht nach die Stärke von MSC Cruises?

Einerseits in der Unabhängigkeit als eigenständige Kreuzfahrtgesellschaft in Familienbesitz, andererseits in unserer Kompetenz, uns rasch an neue Situation anpassen zu können. Wir sind das grösste Privatunternehmen dieser Art weltweit. MSC Cruises wurde 1988 mit einem Schiff gegründet, aktuell haben wir 12 Schiffe mit einer Kapazität von total 41‘000 Passagieren.

Bis 2026 wird die Kapazität, wie bereits angedeutet, auf 108‘000 Passagiere hochgeschraubt. Dies dank einem 9 Milliarden Euro schweren Investitionsplan. Darin noch nicht enthalten sind 200 Millionen US-Dollar für den Kauf und die Ausstattung der komplett privaten Bahamas-Insel «Ocean Cay MSC Marine Reserve». Diese wird ab November 2018 für unsere Gäste zur Verfügung stehen.

«Bis 2026 wird MSC Platz für 108'000 Passagiere auf ihren Schiffen haben.»

Wie äussert sich die Differenzierung konkret?

Wir differenzieren uns im Unterhaltungs- und Gastronomiesektor. Ich denke, das Engagement des Cirque du Soleil auf der MSC Meraviglia oder die Partnerschaft mit Starkoch Roy Yamaguchi sprechen für sich. Um möglichst moderne und komfortable Schiffe zu haben, bauen wir die neuste Schiffsgeneration in enger Partnerschaft mit Samsung, Bosch und Hewlett Packard. So können unsere Passagiere via App oder Bildschirm in der Kabine Reservationen im Restaurant oder für Ausflüge vornehmen oder die Bilder unserer Fotografen an Bord anschauen und bestellen. Nicht zuletzt sind wir künftig auch ökologischer unterwegs, da auch MSC künftig auf LNG-Antrieb setzen wird.

Steigen dadurch die Preise?

Nein! Ich möchte betonen, dass die Einstiegspreise, also Early-Booker-Tarife, pro Person für eine Kreuzfahrt von 8 Tagen/7 Nächten im Mittelmeerraum inzwischen schon deutlich unter 1000 Franken liegen.

Wie positioniert sich denn MSC?

Wir arbeiten in einem Segment, in dem wir einer möglichst breiten Bevölkerungsgruppe Zugang zu einem qualitativ hochwertigen Kreuzfahrtprodukt bieten wollen. Für anspruchsvollere Kundschaft gibt es den MSC Yacht Club, eine Schiff-im-Schiff-Konzept, mit Privaträumen und 24-Stunden-Service.

Dann gibt es noch den MSC Voyagers Club. Was sind die Vorteile einer Mitgliedschaft darin?

Rund ein Drittel unserer Kunden sind Mitglieder im Voyagers Club. Dank unserem neuen Programm «Status Match» können Kunden, welche bereits eine Vorteilskarte bei einem anderen Unternehmen haben – sei dies eine Airline, eine Hotelkette ode reine andere Kreuzfahrtgesellschaft – beim Eintritt in den Voyagers Club von Beginn weg denselben Status mit all seinen Vorteilen auch bei uns geniessen. Es gibt Mitgliedschafts-Levels von «Welcome» bis «Black». Ab dem Status «Classic» erhält man 5% Rabatt auf die nächste Buchung und zahlreiche Gratisangebote an Bord. Je höher der Level, desto besser sind diese Gratisangebote, welche von Spa-Zugang über Priorität beim Landgang bis hin zu speziellen Degustationsmenüs in den Restaurants gehen.

«Als Schweizer Gesellschaft mit Schweizer Qualitäten sind wir noch zu wenig bekannt.»

Worauf legen Sie bei der Marktbearbeitung in der Schweiz Wert?

Der Kreuzfahrtverkauf erfolgt primär über den Reisebürokanal, was mit der enormen Vielfalt des Kreuzfahrtprodukts zu erklären ist. Wir stellen überdies fest, dass sich auch die Kundensegmente seit einiger Zeit stärker diversifizieren. Senioren und Familien sind immer noch die grösste Kundengruppe, aber das Wachstum bei jungen Paaren zwischen 25 und 35 Jahren ist bemerkenswert. Letzteres hängt damit zusammen, dass Kreuzfahrten generell immer besser auch online gebucht werden können.

Unser Marketing fokussiert also grösstenteils auf Co-Marketing-Aktivitäten in Partnerschaft mit unseren Vertriebspartnern – etwa im Eventbereich oder durch Promotionen in den Medien. Daneben müssen wir weiterhin unsere Marke bekannter machen. Für eine Schweizer Gesellschaft sind wir meiner Ansicht nach noch nicht genügend bekannt. Wir wollen «Schweizer Werte» wie Zuverlässigkeit und Professionalität im Umgang mit den Branchenpartnern vermitteln. Für die Endkunden haben wir im Januar erstmals eine TV-Werbekampagne auf SRF1 und RTS1 lanciert, welche stark beachtet wurde. Nicht zuletzt sind auch ganzjährig in den Sozialen Medien sehr präsent.

Die tiefen Kreuzfahrtpreise legen die Vermutung nahe, dass ein harter Kampf um die Nachfrage besteht.

Aktionen zur Steigerung der Nachfrage sind doch üblich. Unsere Aktion «Zweiter Passagier: 50% Rabatt» im Januar und Februar wurde allein in der Schweiz 12‘000 Mal in Anspruch genommen. Das ist ein grosser Erfolg. Wir haben die Bedürfnisse der Schweizer Kundschaft genau analysiert und ich denke, dass unsere Offerten jetzt sehr gut auf den Schweizer Markt zugeschnitten sind.

«Die 119-tägige MSC World Cruise haben bereits über 100 Passagiere aus der Schweiz gebucht.»

Welches sind denn die beliebtesten Routen der Schweizer Bevölkerung?

Die Trendziele ändern von Jahr zu Jahr. Aufgrund der Migrationsproblematik im Mittelmeerraum spüren wir, dass einige Kunden Alternativen buchen. Grösster Gewinner ist Nordeuropa, wo MSC dieses Jahr um 20% zulegt. Aber auch Ferndestinationen laufen gut, etwa Kuba, welches wir seit 2015 und als eine der ersten Kreuzfahrtgesellschaften anbieten.

Der Schweizer Markt ist einer der Quellmärkte mit dem grössten Wachstum. Zudem sind die Schweizer jene Kundengruppe, welche am ehesten längere Kreuzfahrten bucht, also länger als seine Woche, beispielsweise in den Hohen Norden oder auch Transatlantikrouten. Die erste Ausgabe der «MSC World Cruise», welche Anfang 2019 losgeht und 119 Tage dauern wird, ist ebenfalls ein Erfolg. Allein aus der Schweiz haben dies schon über 100 Passagiere gebucht.

Darf man konkreter wissen, wie sich der Schweizer Markt entwickelt?

Das Jahr 2016 war relativ schwierig. Für 2017 erwarten wir wieder die Zahlen von 2015. Wir befinden uns in einer Übergangs- und Konsolidierungsphase. Den Wachstumsschub erwarten wir 2018: Dann wollen wir allein aus der Schweiz 10'000 zusätzliche Passagiere gewinnen. Das liegt über dem durchschnittlichen Wachstum, welches sich einzig durch neue Schiffe ergeben könnte. Eine grosse Herausforderung!

MSC Cruises breitet ihr Produktportfolio weltweit aus. Entspricht das der Marktentwicklung? Vielfach wird ja MSC noch als «Mittelmeer-Spezialist» wahrgenommen.

Rund 60% unserer Kundschaft haben sich 2016 für eine Mittelmeerroute entschieden. 2015 waren es noch 70%. Ich habe zwar die Migrationsproblematik angesprochen, glaube aber auch, dass die Schweizer an den neuen Zielen in fernen Ländern interessiert sind. Das stärkste Wachstum aus der Schweiz verzeichnen wir in der Karibik und in den Arabischen Emiraten. Die Nachfrage für Kuba ist bereits so gross, dass wir im Winter 16/17 zwei Schiffe dort positionieren und Kuba auch im Sommer 2017 ansteuern werden. Die Nachfrage ist so gut, dass wir unsere Kommunikation nicht mal speziell auf die neuen Fernziele ausrichten müssen.

«Anteilsmässig grösster Gewinner ist Nordeuropa.»

Die Tarifierung ist für Kreufahrt-Laien nicht immer durchschaubar. Was ist inkludiert, was nicht?

Im Grundpreis unserer Kreuzfahrten sind generell die Kabine, die Mahlzeiten am Buffet sowie in den meisten à-la-carte-Restaurants, die Nutzung der meisten öffentlichen Anlagen wie Pool oder Fitnesscenter sowie das Unterhaltungsangebot an Bord inbegriffen, inklusive den Discos/Nachtclubs.

Was meist nicht inbegriffen ist, sind die An- und Rückreise, die Landexkursionen sowie Massagen, Kosmetik- und Wellnessbehandlungen. MSC bietet aber spezielle Angebote, mit denen etwa die Getränke an Bord oder auch die An- und Rückreise per Bus oder Flugzeug günstiger ausfallen.

Zum Abschluss noch… Man kommt angesichts der starken Expansion kaum noch mit. Können Sie kurz zusammenfassen, welche Schiffe aktuell in Bau oder geplant sind bei MSC?  

Die Liste ist effektiv lang… Wie gesagt erhalten wir 11 neue Schiffe bis 2026. Im kommenden Juli stösst die MSC Meraviglia zur Flotte, das erste von vier Schiffen der neuen Meraviglia-Klasse, welche bei der Werft STX in Saint-Nazaire erbaut werden. Diese grossen Schiffe können zu jeder Jahreszeit und in allen Gewässern verkehren, kommen dann also auch auf Routen im Hohen Norden zum Einsatz. 2019 folgt die MSC Bellissima, 2020 die MSC Meraviglia Plus 1 und 2022 die MSC Meraviglia Plus 2.

Parallel dazu wird in der Fincantieri-Werft in Monfalcone die neue Seaside-Klasse gebaut mit zunächst drei Schiffen. Diese bieten eine völlig neue Architektur, welche sich an Outdoor-Aktivitäten auf dem Schiff orientiert und natürlich vor allem für den Einsatz in sonnenreichen, warmen Gebieten vorgesehen ist. Die MSC Seaside erhalten wir im kommenden Dezember, die MSC Seaview dann 2018 und die MSC Seaside 3 wird 2021 ausgeliefert.

Schliesslich werden wir ab 2022 vier zusätzliche Schiffe in der neuen Kategorie «World Class» erhalten. Das sind futuristisch anmutende Schiffe mit viel High-Tech an Bord. Die MSC World Class kommt 2022, die MSC World Class 2 dann 2024, im Jahr darauf die MSC World Class 3 zuletzt, 2026, die MSC World Class 4. Auch diese Schiffe werden bei STX in Saint-Nazaire gebaut. MSC Cruises ist damit übrigens in Frankreich der grösste ausländische Privatinvestor.

MSC ist auch eine bekannte Marke im Bereich «Container Shipping». Welches ist der stärkere Teil?

MSC Cruises und MSC Mediterranean Shipping Company sind beide Teile der MSC Group. Die Containerschiffgruppe ist die zweitgrösste weltweit dieser Art und verfügt über 471 Schiffe. Der Umsatzanteil von MSC Cruises mit aktuell lediglich 12 Schiffen ist natürlich viel tiefer.

Ich möchte hier nochmals festhalten, dass MSC zwar in Neapel gegründet wurde, aber die Gruppe mitsamt den beiden Töchtern ihren Sitz in der Schweiz haben, die Mediterranean Shipping Company seit 1976 und MSC Cruises seit 2006.