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Simon Gauch (l.) und Sebastian Selke im Büro von MSC Cruises in Zürich: Die Reederei hat seit letztem Sommer immerhin schon über 50'000 Passagiere befördert - und das bislang problemlos. Deshalb soll es bald wieder auf breiter Ebene mit Kreuzfahrten losgehen können. Bild: JCR

«Bei der Hotel-Servicegebühr gilt nun europaweit eine einheitliche Regelung»

Jean-Claude Raemy

MSC Cruises wartet mit guten News für den Schweizer Markt auf - und bekennt sich auch ganz klar zu diesem. Im Interview mit Travelnews erklären Sebastian Selke (Country Manager Switzerland) und Simon Gauch (Sales Director Switzerland), weshalb sie trotz den aktuell widrigen Umständen insgesamt positiv bleiben.

Herr Selke, Herr Gauch, Sie sind aktuell beide sind im MSC-Office in Zürich am arbeiten. Nach der Schliessung von Büros bei Mitbewerbern muss ich fragen: Bleibt ihr Büro bestehen?

Sebastian Selke: Ganz klar ja. Das Büro in Zürich ist nicht in Frage gestellt und wir haben hier weiterhin auch fünf Personen, welche in direktem Kundenkontakt sind. Nebst den Sales und Key Account Managern haben wir auch weiterhin Sales Supporter, eine Gruppen-Abteilung oder das Pricing bei uns, sowie auch ein lokale gesteuertes Marketing. Einschnitte sind kein Thema und MSC Cruises, als Schweizer Reederei, bekennt sich ganz klar zum Schweizer Markt und zu einer physischen Präsenz hier, nicht nur am Hauptsitz in Genf, sondern eben auch mit einem Schweiz-Sitz in Zürich.

Simon Gauch: Gerade der Umstand, dass wir ein Pricing spezifisch für den Schweizer Markt haben, unterstützt diese Aussage. So konnten wir auch in der zuletzt herausfordernden Zeit mit Partnern spezielle Promotionen auf die Beine stellen und bieten im Schweizer Markt eben auch ein marktspezifisches Preisbild an, nicht einfach einen anderswo festgelegten Preis, der starr umgerechnet in Franken angegeben wird. Und dass wir Standort und Betreuung in der Schweiz haben, unterstreicht auch die Wichtigkeit, welche MSC der Marktnähe einräumt. Es soll nicht über Call Center gehen. Wir hoffen, dass der Schweizer Markt das auch wahrnimmt.

Sebastian Selke: Wir sind eine Schweizer Reederei und wir lassen - im Gegensatz zu gewissen anderen Reedereien - auch Schweizer an Bord. Und wir haben noch weitere gute News für den Schweizer Markt...

Ach ja? Welche denn?

Sebastian Selke: Wir haben nun eine einheitliche Handhabung in Zentraleuropa für die Hotel-Servicegebühr - früher hiess das mal «Service-Entgelt» - erreichen können, so dass ab 1. April die Hotel-Servicegebühr ein integraler Preisbestandteil sein wird.

Ist das nicht schon so?

Sebastian Selke: In der Schweiz wurde das bereits im letzten Sommer eingeführt und war auch schon in Italien, Skandinavien oder Spanien so geregelt, aber in gewissen europäischen Ländern war das noch anders, aus juristischen Gründen. Die Vereinheitlichung hat deshalb etwas gedauert. Das ist uns jetzt aber in Zusammenarbeit mit lokalen Rechtsberatern gelungen. Durch die einheitliche Regelung in Europa sind nun alle Gäste gleich behandelt.

In der Schweiz wurde ja bemängelt, dass die unterschiedliche Regelung einer Benachteiligung gleichkomme. Dies, weil bei Schweizern bislang die Hotel-Servicegebühr automatisch verrechnet wurde, also integraler Preisbestandteil war, während beispielsweise französische oder niederländische Kunden noch wählen konnten, also das zumeist vorgebuchte Trinkgeld am Ende der Kreuzfahrt auf Verlangen streichen lassen konnten. Das ist nicht mehr der Fall.

Heisst das nun, dass europaweit alle Kunden alles im Voraus bezahlen? Oder wird man auch künftig noch am Ende der Kreuzfahrt die Hotel-Servicegebühr bezahlen müssen?

Sebastian Selke: Der Kunde kann wählen. Also entscheiden, ob er alles im Voraus bezahlt, womit das Thema Hotel-Servicegebühr gleich erledigt ist, oder dieses weiterhin an Bord bezahlen. Für die Reisebüros ist in diesem Zusammenhang interessant, dass wir diese Gebühr ab dem 1. April und bis Ende 2021 mit 5 Prozent provisionieren, wenn sie vorab gebucht ist. Das hat für den Kunden den Vorteil, dass die Gebühr bereits 30 Tage vor der Kreuzfahrt mit dem Reisepreis bezahlt ist und an Bord nur noch die laufenden Kosten anfallen. Und für das Reisebüro bietet es auch einen finanziellen Vorteil.

Und MSC hat damit frühen Cash-Flow...

Sebastian Selke: Natürlich, das ist eine Triple-Win-Situation (lacht).

Hat diese Vereinheitlichung irgendwelche Folgen auf den Preis?

Sebastian Selke: Nein. Für die Schweiz und die bisher so verfahrenden Märkte ändert sich eigentlich gar nichts, sie «profitieren» nur davon, dass andere Märkte nun bei dieser Regelung nachziehen.

«MSC Cruises, als Schweizer Reederei, bekennt sich ganz klar zum Schweizer Markt und zu einer physischen Präsenz hier.»

In diesem Zusammenhang: Auf der MSC-Website steht, dass empfohlen wird, «einzelnen Crew-Mitgliedern kein Trinkgeld zu geben». Ist das nicht wider den Servicegedanken?

Sebastian Selke: Das war schon immer so. Wir wollen eben eine faire Verteilung der Trinkgelder vornehmen. Es arbeiten viele Personen im Hintergrund, welche für den Gast wichtige Dienste leisten; von den Putzkräften über Show-Artisten bis zu Tourguides. Die sollen auch ihren Teil des Trinkgelds bekommen, nicht nur die Kellner oder Kabinen-Stewards. Es gibt hierfür einen fairen, bargeldlosen Verteilschlüssel. Und wenn jemand aber einem Crew-Mitglied doch zusätzlich etwas zustecken will, werden wir sicher nicht dazwischengehen...

Anderes Thema: Kürzlich wurde angekündigt, dass der MSC Yacht Club vergrössert wird. Ist das nachfragegetrieben oder geht's hier um Cash-Flow, oder bloss um Image?

Simon Gauch: Es ist klar nachfragegetrieben. Wir haben - gerade im Schweizer Markt - eine hohe Nachfrage für dieses Premium-Angebot. Bei der MSC Virtuosa wird es 103 Suiten haben, bei der MSC Seashore sogar 131 Suiten. Damit können wir einen grossen Premium-Bereich bieten, der diese Nachfrage gut abdeckt. Es gibt zudem neue Angebote innerhalb des Yacht Clubs, etwa 98 Quadratmeter grosse Owner Suites, welche eine spezifische Nachfrage hierfür abdecken.

Geht diese Erweiterung aber nicht zu Lasten der Exklusivität?

Simon Gauch: Nein, denn das Angebot innerhalb des Yacht Clubs wird auch immer innovativer. Ausserdem findet die Vergrösserung immer noch in einem überschaubaren Rahmen statt.

Sebastian Selke: Man muss hier anfügen, dass die Schiffe, wie die MSC Seashore, auch länger geworden sind. Es stehen also nicht mehr Kabinen bei gleicher Fläche zur Verfügung, sondern insgesamt mehr Fläche. Die öffentliche Fläche pro Gast ist im Yacht Club nicht kleiner geworden. Man muss auch künftig beim Pool im Yacht Club nicht um einen Liegeplatz kämpfen.

«Die Vergrösserung des MSC Yacht Club ist klar nachfragegetrieben.»

Aktuell ist das Thema Flexibilität in der Branche vordringlich. Kunden verlangen eine Flexibilität, welche Anbieter möglicherweise nicht nachhaltig bieten können. Nun hat MSC Cruises gerade neulich eine flexible Umbuchungsregelung nochmals verlängert, bis zum 31. Mai. Was machen Sie denn damit für Erfahrungen?

Simon Gauch: Man muss hier schon unterscheiden zwischen kostenlosen Stornierungen und kostenlosen Umbuchungen. Bei uns wird ja Letzteres gewährt. Das ist eine Massnahme, die wir in der aktuellen Situation den Kunden bieten müssen. Wir prüfen auch bereits, ob wir diese flexible Regelung auch über Ende Mai hinaus weiterführen werden. Das hängt von der epidemiologischen Entwicklung und von den Durchimpfungs-Ständen ab. «Ausgenutzt» wurde dieses Angebot aus unserer Sicht nicht.

Aber rechnet sich das?

Sebastian Selke: Wir konnten damit klar Kunden bei uns halten, also die Buchungen. Insofern hat sich das schon gerechnet. Selbst wenn der Kunde sagt, er wolle dieses Jahr nicht reisen, weil es mit den Impfungen nicht vorwärtsgeht oder dergleichen, konnten wir ihn so halten. Und der Kunde verliert kein Geld und hat keine sonstigen Gebühren, und reist einfach nächstes Jahr mit uns.

Kommen wir zur «Grosswetterlage» im Cruise-Bereich. Aktuell ist bei Ihnen nur ein Schiff, die MSC Grandiosa, in Betrieb. Wann folgen die nächsten?

Simon Gauch: Ab Mai wird die MSC Seaside Kreuzfahrtenin Italien durchführen. Darüber hinaus wird die MSC Virtuosa ab Mai speziell für den britischen Markt eingesetzt werden.

Dass die Grandiosa den ganzen Winter über, mit einem kurzen Unterbruch an Weihnachten, im Einsatz war und weiterhin ist, hat sich übrigens auch gelohnt. Es ist eines der wenigen Angebote, welche Schweizer im Cruise-Bereich aktuell finden. Gut zu wissen: Selbst wenn Ligurien oder das Piemont in einer «orangen Zone» sind, können Schweizer trotzdem aufs Schiff, wenn sie auf direktem Weg durchfahren. Wir konnten stets Gäste willkommen heissen. Die Behörden sehen das wie einen Transit an.

Wie sieht es mit dem Testen an Bord aus?

Simon Gauch: Auf dem Schiff wird man zwei Mal getestet. Bei der Einschiffung, also noch im Hafen, und dann nochmals auf dem Schiff während der Reise, in der Mitte der Kreuzfahrt. Damit kann man bei der Heimreise auch nachweisen, dass man Corona-negativ ist. Es sind in beiden Fällen Antigen-Tests. Ist ein solcher positiv, wird zusätzlich ein PCR-Test durchgeführt, da Antigen-Tests oftmals falsch positiv sind. Wenn dieser negativ ist, darf der Gast an Bord.

Wie soll das zeitlich gehen? Der Kunde, der zusätzlich einen PCR-Test machen muss und somit bis Vorliegen des PCR-Testresultats nicht aufs Schiff darf, verpasst doch die Abfahrt?

Sebastian Selke: Italien schreibt vor, dass Gäste, die aus Risikoländern kommen, ohnehin schon einen maximal 48 Stunden alten Antigen-Test bei der Einreise ins Land vorweisen müssen. Dann wird wie gesagt noch zweimal getestet, also sehr engmaschig. Das Risiko ist sehr gering. Und sollte es doch zu einer Erkrankung kommen, was aufgrund der Inkubationszeit ja möglich ist, so sind Prozesse bereit, mittels derer frühzeitig erkannt und separiert wird, so dass es nicht zu generellen Ausbrüchen kommt. Und wegen ihrer Frage: Innert vier Stunden sollte das Resultat vorliegen, da wir in Genua mit Laboren kooperieren.

Das heisst also, dass die Einschiffungszeit möglichst früh gewählt werden soll?

Sebastian Selke: Wer den spätestens Einschiffungstermin, um 18 Uhr bei Abfahrt um 20 Uhr hat, da kann es eng werden. Wir legen aber pro Passagiere spezifische Einschiffungszeiten durch, an die man sich halten muss, um zu verhindern, dass die Terminals voll werden. Bisher klappt das gut. Mir ist noch kein Fall bekannt, dass jemand wegen eines zusätzlichen PCR-Tests die Kreuzfahrt verpasst hätte.

Gibt es generell die Möglichkeit eines PCR-Tests?

Simon Gauch: Man kann an Bord einen PCR-Test machen, der ist aber kostenpflichtig, da man die Proben an Land untersuchen muss, wenn man im Hafen ist, oder im Bedarfsfall auch an Bord. Sofern für die Heimreise in die Schweiz auch ein Antigen-Test reicht, kann man diesen an Bord kostenlos vornehmen. MSC hat viel investiert, um dieses Testing an Bord zu ermöglichen.

Sebastian Selke: Wenn PCR-Tests für die Rückreise benötigt werden, werden diese aktuell zwei Tage vor Ankunft in Genua durchgeführt, also in Palermo, wo wir mit Labors arbeiten. Damit liegt das Resultat bis zur Ankunft vor. Weil das inzwischen doch einige Länder verlangen, ist es kostenpflichtig.

«MSC hat viel investiert, um Testing an Bord zu ermöglichen.»

Also kein Grund zur Beunruhigung für Reisende...

Sebastian Selke: Nein. MSC war ein Vorreiter in Sachen Corona-Massnahmen und setzte diesbezüglich neue Standards auf See. Da kam das Schweizer Unternehmen durch: Planung und Umsetzung funktionierten wie ein Schweizer Uhrwerk.

Trotzdem ist es noch ein langer Weg zurück, bis die Kunden wieder vollumfänglich Vertrauen in diese Reiseform schöpfen. Wie sieht denn Ihr Ausblick aus hinsichtlich der nahen Zukunft der Cruise-Branche?

Sebastian Selke: Wir fahren nun nach und nach hoch, mit der Aktivierung für den aktiven Gästebetrieb neuer Schiffe, wie vorhin schon besprochen. Spätestens im Winter, wenn alle dann geimpft sind, hoffen wir auf einen echten Restart, mit einer Planung, die alle Schiffe berücksichtigt. Die Leute wollen ja reisen und das Vertrauen in die Kreuzfahrt ist aus unserer Sicht auch schon wieder da. Seit August haben 350'000 Personen eine Kreuzfahrt unternommen, davon 50'000 alleine mit MSC. Das geschah ohne Vorfälle. Wir haben bewiesen, dass wir Kreuzfahrt können, und das Gefühl der Sicherheit sollte wieder vorhanden sein.

Simon Gauch: MSC beweist das Vertrauen insofern, als ja noch kein Schiff abgewrackt wurde. Wir haben aktuell insgesamt 18 Schiffe, eines davon wurde diesen Februar gerade erst in Dienst gestellt, und im Sommer kommt noch ein weiteres hinzu und bis 2025 bauen wir auf 25 Schiffe aus. An dieser Planung hat sich, ausser kleinen Zeitverschiebungen bei der Virtuosa infolge Lockdowns in den Werften, nichts geändert.

Und in Sachen Umweltschutz? Wir haben erst kürzlich mit Linden Coppell von MSC ein spannendes Interview diesbezüglich geführt. Gibt es seitdem weitere News?

Simon Gauch: Wir haben wirklich modernste Technik an Bord, aber nicht nur: Umweltschutz wird auch im Unternehmen gesamthaft gelebt.

Sebastian Selke: Kürzlich wurde eine Zusammenarbeit mit dem französischen Gas- und Elektrizitätsversorger Total vereinbart. Dieser wird uns Flüssigerdgas, also LNG, für unsere LNG-betriebenen Kreuzfahrtschiffe liefern. Diese gehen nächstes Jahr in Dienst. Diese werden nicht einfach herkömmliche LNG-Schiffe sein, sondern weitere 25 Prozent Ausstoss-Reduktion erreichen, dank einer 50-Kilowatt-Festoxid-Brennstoffzellentechnologie mit LNG-Antrieb. Wir werden also die fortschrittlichsten Schiffe haben. Und dank den stark reduzierten Emissionen profitieren letztlich auch die Küstenorte und Hafenstädte. Die Kreuzfahrtindustrie wird das umweltschädliche Image schon bald abstreifen können. Auch deshalb glaube ich durchaus an eine bald wieder rosige Zukunft der Kreuzfahrtbranche.