Cruise

Das Coronavirus hat die Boom-Branche der Hochseekreuzfahrten zu Fall gebracht. Bild: TN

Himmelhoch jauchzend, zutiefst betrübt

Jahresrückblick, 5. Teil: Kreuzfahrten. 23 Kreuzfahrtschiffe sollten in diesem Jahr an den Start gehen – die Industrie boomte anfangs Jahr. Das Coronavirus bringt nun aber eine ganze Branche zu Fall. Erholung ist am Horizont noch kaum auszumachen.

Dezember 2019: Die Kreuzfahrt-Industrie boomt! 23 Neubauten sollten im Jahr 2020 in See stechen. Zahlreiche Reedereien präsentierten Anfangs Jahr ihre Neuheiten und Routen. Am 31. Januar gab es den ersten Corona-Verdachtsfall an Bord der brandneuen Costa Smeralda – die italienische Reederei hat richtig reagiert und es stellte sich heraus, dass die betroffene Passagierin an einer normalen Grippe erkrankt war. Das Unternehmen liess sich indes nicht verunsichern. Zwei Wochen später äusserte sich Ulrike Soukop, General Manager Austria/Switzerland/Emerging Central Europe von Costa Kreuzfahrten im Travelnews-Interview über die Zukunft es Unternehmens. Das grösste Problem bestand damals noch darin, wie man vermehrt Neukunden für Kreuzfahrten begeistern kann.

Rund einen Monat später beginnt die Corona-Odyssee. Costa Crociere läuft italienische Häfen aufgrund der Pandemie nicht mehr an. Kurze Zeit später setzen Viking, MSC Cruises, Princess Cruises, AIDA, TransOcean, die Scenic Gruppe, Hurtigruten, TUI Cruises und auch Costa Crociere die Kreuzfahrten vorübergehend aus. Die Hoffnung war gross, dass dieser Betriebsstopp nur einige Wochen dauert. Doch es kam anders.

Bereits damals ortete der Kommunikations- und Kreuzfahrtexperte Thomas P. Illes neue Produkte für die Cruise-Industrie, welche trotz der Herausforderungen Potenzial haben - etwa «Cruises to Nowhere» ohne Landgänge. Tatsächlich wurden diese im Sommer sogar von Reedereien umgesetzt.

Es wird ruhig auf den Weltmeeren

Zuerst wird es aber still um die Kreuzfahrt-Branche. Zu gross sind die Hindernisse der Behörden um in absehbarer Zeit wieder auf dem Meer zu sein. Buchungen werden für 2021 oder gar erst 2023 getätigt, wie Cornelia Gemperle, die Geschäftsführerin von Kuoni Cruises Ende April und inmitten der Krise verrät. Auf jeden Fall sind sich Cruise-Spezialisten Mitte Jahr einig, dass es noch Monate dauern wird, bis sich das Geschäft einigermassen erholen wird. Ein Blick Mitte Juni in die USA stimmt nicht optimistisch: bis 15. September dürfen keine Kreuzfahrten ab US-Häfen durchgeführt werden.

Aber es ergeben sich auch ganz neue Chancen: Wieso nicht die Ferien mit den Liebsten auf einer Yacht abseits des Rummels verbringen? Und der Flussfahrt-Spezialist Reisebüro Mittelthurgau lanciert erfolgreich Schweiz-Erlebnisse für den Sommer. Sogar Rivalen werden plötzlich zu Freunden, wie die Kooperation bei der Ausarbeitung von Gesundheits- und Hygieneprotokollen zwischen Royal Caribbean Group und Norwegian Cruise Line zeigt. Zudem sind plötzlich Hausboot-Ferien in den Fokus der Reisenden gerückt. Wieso? Diese Reiseart ist eben sehr Corona-konform.

Freude kam beim Reisebüro Mittelthurgau auf, als die Excellence Empress, das 11. Excellence-Schiff der Twerenbold Reise Gruppe, in Betrieb genommen wurde. Anfangs August gibt Italien dann endlich grünes Licht für Kreuzfahrten. 1,5 Monate später begibt sich Travelnews schliesslich mit Costa auf die erste Kreuzfahrt in Zeiten von Corona und testet die neuen Hygienemassnahmen auf Leib und Seele. Und per Ende Oktober entfällt auch die «No Sail Order» des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) für die USA.

Für Unmut hat in diesem Jahr im Vertrieb gesorgt, dass MSC Cruises das Direktinkasso in der Schweiz forciert hat. Sofort haben sich die Verbände SRV/TPA/STAR eingeschaltet und nach Lösungen gesucht - und gefunden: Nach Gesprächen bietet die Reederei künftig weiterhin die Möglichkeit, um das bisherige Lastschriftverfahren zur Abwicklung von Transaktionen rund um Kundenbuchungen zu nutzen.

Gegen Ende Jahr haben sich die Aussichten für Hochsee-Kreuzfahrten in Europa nun aber wieder verdüstert. Aufgrund steigender Corona-Fallzahlen auf dem gesamten Kontinent sagen zahlreiche Reedereien wie Costa und MSC die Cruises vorerst wieder ab. Ein deutliches Zeichen, auf welch wackeligen Beinen die gesamte Industrie zurzeit steht.


Jahresrückblick 2020:

(NWI)