Cruise

Die Panelteilnehmenden: v.l.n.r: George Studer, Urs Steiner, Cornelia Gemperle, Thomas P. Illes, Peter Hauke und Dario Cremona. Bild: TN

Kreuzfahrten und Corona – wie weiter?

Nadia Imbaumgarten

An der Paneldiskussion am BZLU Luzern, geleitet von Thomas P. Illes, kamen sowohl Kreuzfahrt-Experten als auch Studierende zu Wort. Travelnews war am Seminartag mit dabei und hat sich die Fragen und Antworten im Rahmen des spannenden Panels angehört.

Der diesjährige StudyTrip@Sea-Event fand für einmal nicht auf hoher See an Bord der Kreuzfahrtfähre Silja Serenade statt, sondern aufgrund von Corona in Luzern am BZLU (Bildungszentrum Luzern, zu dem auch die HFT Höhere Fachschule Tourismus Luzern und die HFW Höhere Fachschule Wirtschaft Luzern gehören). Der Kommunikationscoach und Kreuzfahrtanalyst Thomas P. Illes organisiert und leitet für das BZLU auch dieses Jahr das Seminar für deren Studierende, welches während einer Woche, in zwei verschiedenen Gruppen, durchgeführt wird.

Die Studierenden sollen im Rahmen des Seminars mit Illes sowie verschiedenen Kreuzfahrten- und Touristikprofis wichtige Aspekte der Branche besser kennen und verstehen lernen. Die angehenden Touristiker und Betriebswirtschafter haben in dieser Woche unter anderem die Möglichkeit, alles über das allgegenwärtige Nachhaltigkeits-Thema in der Branche sowie Guidelines zu einer erfolgreichen Krisenkommunikation bzw. effektivem Reputationsmanagement zu erfahren und bei spannenden Paneldiskussionen zum Thema « Kreuzfahrten & Corona - wie weiter?» zuzuhören, aktiv mitzureden und Fragen zu stellen. Travelnews war am Dienstag, 20. Oktober 2020 bei der interessanten Paneldiskussion in Luzern mit dabei.

Der gestrige Seminartag begann für die Studierenden der Höheren Fachschule für Tourismus HFT Luzern mit einer kurzen Reflektion vom Montag. Schon bald wurde klar, dass auch in dieser Klasse die Meinungen zum Thema Kreuzfahrtengeschäft enorm gespalten sind. So wurde scheinbar am Montag von einem Studenten die Frage in die Runde geworfen: «Brauchen wir Kreuzfahrten? Für was denn? Damit ich auf einem Schiff Tennis spielen kann, auch wenn ich dies an Land machen könnte?». Darauf konterte eine junge Studentin: «Wenn es darum geht, nachhaltige Ferien zu machen, müssten wir doch den gesamten Tourismus hinterfragen. Zum Beispiel müsste man sich dann doch auch fragen: Brauchen wir ein Fitness-Studio auf den Malediven? Da muss dieser Raum auch bei 40 Grad Aussentemperatur heruntergekühlt werden.» Schnell wurde klar, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Kreuzfahrtbranche ein Thema ist, das viele junge Leute beschäftigt.

Doch was rät Experte Thomas P. Illes den Reedereien?

Am gestrigen Tag war dies allerdings nicht das Hauptthema. Gestern ging es um das sehr präsente Thema Corona-Pandemie und die Kreuzfahrtindustrie - wie weiter? Dazu luden Thomas P. Illes und das BZLU fünf versierte Kreuzfahrten-Kenner für die Panel-Diskussion ein: Cornelia Gemperle, General Manager Kuoni Cruises (DER Touristik Suisse AG), George Studer, Geschäftsführer CruiseCenter AG, Dario Cremona, Kreuzfahrtverkäufer Knecht Reisen AG und Kreuzfahrt-Blogger, Urs Steiner, Initiant und Product Manager Globoship AG, sowie Peter Hunke, Marketingleiter Schweiz e-hoi AG.

Faszination Kreuzfahrt-Branche

Nach einem gekonnt humorvoll und eloquent gestalteten Einstieg von Thomas P. Illes in die Diskussion erzählte jeder Kreuzfahrt-Experte kurz, wie er zur Kreuzfahrt-Branche kam. Einige kamen schon jung in Kontakt mit Hochseeschiffen. Andere kamen dazu, weil sie nun mal einen Job gesucht haben. Doch mittlerweile verbindet alle Panel-Teilnehmenden das Selbe: Die Faszination für diese Branche.

Auf die Frage, wie die Hygienekonzepte an Bord der Hochseeschiffen zurzeit aussehen, meinte Dario Cremona klar: «Das Schutzkonzept von TUI Cruises beispielsweise greift.» Der Kreuzfahrt-Blogger war bereits schon im Juni wieder auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs und betonte, dass die Massnahmen sehr strikt seien. Er lobte auch die Disziplin der Reisenden, vor allem jene der italienischen Passagiere, die sich alle sehr gut an die Richtlinien gehalten hätten. Doch ist sich Cremona bewusst, dass genau diese diversen strengen Massnahmen viele Reisende davon abschreckt, eine Kreuzfahrt-Reise zu buchen. Auch Illes ist davon überzeugt, dass beispielsweise die PCR-Testpflicht auf eigene Kosten ein Problem ist: «Eine Familie, bestehend aus vier Personen, bezahlt zusätzlich zu ihren gebuchten Ferien noch rund 1000 Franken oben drauf für all die Coronavirus-Tests, die für jeden Einzelnen gemacht werden müssen»; dies wollen sich und können sich viele nicht mehr leisten, stellte er zur Debatte. Auch Gemperle ist überzeugt: «Die PCR-Tests sind sicher eine Hemmschwelle. Leute wollen diesen Aufwand nicht mehr auf sich nehmen».

Nicht nur auf Konsumenten-Seite ist der Aufwand momentan riesig: «Wir müssen aktuell jedes Dossier genauestens im Griff haben, bis der Kunde abfliegt. Ständig ändert sich etwas an der BAG-Risikoländerliste oder bei den Regionen, die wir mit den Schiffen anfahren würden», meint Gemperle weiter. Bis zu 80 Prozent weniger Umsatz machen die Reedereien zurzeit, stellte Peter Hunke klar.

Und wie überlebt man diese Krise nun, bei solchen Einbussen? Hierzu meint George Studer: «Das kann ich so nicht beantworten. Es ist alles eine Frage der Zeit und wie lange diese Krise andauern wird.» Wichtig seien jedoch, so Studer weiter, die Teamarbeit, die Kommunikation und dass die Mitarbeitenden in diesen schwierigen Zeiten bei Laune gehalten werden.

In Zeiten wie diesen soll man auch über andere Themen sprechen

Die Studierenden brachten sich immer wieder aktiv ein und liessen die Aussagen der Experten nicht einfach so stehen. So beispielsweise fragte eine Studierende zur Aussage von Studer nach, wie er es denn gemacht habe, die Motivation bei den Mitarbeitern zu halten? «Wichtig ist, klar zu kommunizieren und Fakten auf den Tisch legen», so dessen Antwort. Oder wie Urs Steiner ergänzte: «Mit den Mitarbeitenden an einem Freitagnachmittag um vier Uhr einen Apéro trinken und einfach mal über etwas anderes als Annullationen reden. Auch wenn am Montag der ganze Seich von vorne losgeht.»

Von Motivations-Coaching zurück zu den Reisenden auf den Kreuzfahrtschiffen: Zurzeit ist es den Passagieren nicht möglich, individuelle Landgänge zu tätigen. Jeder, der von Bord will, muss in einer Schiffs-Reisegruppe unterwegs sein, darf also nicht individuell unterwegs sein. Also in einer sogenannten «Bubble», welche man nicht verlassen darf. Will das überhaupt jemand?

Hier meint Gemperle ehrlich: «Auch für mich wäre eine Reise, bei der ich nicht selbständig von Bord gehen kann, keine Option. So ist das auch bei den Kunden. Mit dieser Massnahme Neukunden zu gewinnen, ist kaum möglich.» Auch Studer ist dieser Meinung, jedoch fügt er hinzu, dass sie doch eigentlich Reisen verkaufen wollen und nun halt Angebote suchen müssen, welche diese «Bubble» kompensieren. Hier seien die Nischenprodukte definitiv im Vorteil, äussert sich Steiner. Ist denn überhaupt eine Nachfrage fürs kommende Jahr 2021 vorhanden, will eine Studierende wissen. «Wir haben einige Umbuchungen, jedoch keine komplette Neubuchungen fürs neue Jahr», gibt Gemperle bekannt. Steiner ergänzt: «Umbuchungen von Reisen kamen in Phasen. Jetzt sind die Kunden schon so weit, dass sie nur das Geld zurückerstattet wollen, weil die Reise schon zum dritten Mal verschoben wurde».

Zum Schluss wollte Illes noch von den Panelteilnehmenden wissen, was diese den jungen Nachwuchskräften mit auf den Weg geben wollen und ob es Tourismus in der aktuellen Form in Zukunft noch geben wird. «Die Branche wird sich verändern. Wichtig ist, dass man Leidenschaft und Durchhaltevermögen in die Branche mitnimmt. Denn einigen fehlt es an Dienstleistungsbereitschaft. Viele wollen einfach ihre Sachen abhaken und zum Nächsten weiter gehen», äussert sich Hauke. Gute Ratschläge gab es von Studer: «Bleibt innovativ und haltet die Augen offen.» Auch Steiner gab den Studierenden eine wichtige Anmerkung mit: «Der Mix zwischen Praxis und Theorie ist sehr wichtig für den Erfolg».