Cruise

Kreuzfahrtexperte Thomas P. Illes unterstrich am Berliner Kommunikationskongress die grossen kommunikativen Herausforderungen der Cruise Industrie. Bild: Laurin Schmid

Wie lässt sich der Ruf und die Reputation der Kreuzfahrtbranche verbessern?

Der Wirtschafts- und Kommunikationsberater Thomas P. Illes sprach am diesjährigen Kommunikationskongress in Berlin über Strategien und Prinzipien einer für die Cruise Industrie zielführenden Krisenkommunikation.

Ohne Zweifel, Kreuzfahrten polarisieren und geniessen schon seit längerem nicht immer den besten Ruf. Auch wenn die Stossrichtung der Kritik an dieser vor Corona immer beliebter gewordenen und in Sachen Wachstumsraten jährlich von Rekord zu Rekord jagenden Ferienform in vielerlei Hinsicht richtig und wichtig sein mag: etliche Kritikpunkte hielten und halten einem objektiven Faktencheck nicht oder nur bedingt stand. Bereits vor der Krise machte das auch der Branche zunehmend zu schaffen – sie fühlte sich zunehmend falsch verstanden und wahrgenommen.

Laut dem Wirtschafts- und Kommunikationsberater sowie Hochschuldozenten Thomas P. Illes sei es deshalb umso wichtiger, die Krise auch als Chance zu begreifen und proaktiver zu nutzen. Illes berät zahlreiche Firmen und Unternehmen inner- und ausserhalb der Tourismus- und Schifffahrtsbranche und trat am diesjährigen führenden deutschen Kommunikationsevent der beiden Veranstalter Bundesverband der Kommunikatoren (BdKom) und der Quadriga Hochschule in Berlin auf.

Vor zahlreichen prominenten Wirtschaftsvertretern und Kommunikationsfachleuten stellte er am Beispiel der gebeutelten Cruise Industrie Strategien und Prinzipien einer zielführenden Krisenkommunikation und eines effektiveren Reputationsmanagements zur Diskussion und erläuterte, wie diese als Best Practice Beispiele erfolgreich auf andere Branchen übertragen werden können.

Kreuzfahrten als Innovationstreiber für umweltfreundlichere Technologie

Zuerst stellte er in seinem Referat etliche Zahlen in die korrekte Relation. Etwa, dass es beispielsweise in Venedig vor Corona keineswegs die Kreuzfahrer waren, welche die Touristenströme dominierten, sondern diese lediglich 6 Prozent am gesamten jährlichen Touristenaufkommen ausmachten und die Branche mit einem Anteil von gerade einmal 2 Prozent am globalen Tourismus nach wie vor eine Nische darstelle.

Dies würde, so Illes, auch durch die Tatsache untermauert, dass nicht einmal ein Prozent der Handelsschiffe auf den Weltmeeren Kreuzfahrtschiffe seien, es aber gerade ausgerechnet diese vielgescholtenen Kreuzfahrtschiffe seien, die mit Investitionen in neue Antriebs- und Umwelttechnologien regelmässig als Innovationstreiber für eine gesamthaft umweltfreundlichere Schifffahrt dienten. Mittlerweile würde dies auch der bislang so kreuzfahrtkritische Naturschutzbund Deutschland NABU eingestehen, der nun befürchtet, dass der Branche aufgrund der momentan immensen finanziellen Probleme das Geld fehlen könnte, um hier auch weiterhin in nötige Zukunftstechnologien zu investieren.

Mehr Offenheit für Kritik wichtig

Gleichwohl stellte Illes nicht in Abrede, dass die Kritik an der Branche an manch anderen Punkten durchaus berechtigt sei und nach wie vor Verbesserungsbedarf bestünde. Vor allem plädierte er dafür, die Kritik ernst zu nehmen, statt sie, wie von einigen Reedereien «nach wie vor und viel zu exzessiv praktiziert, reflexartig zu negieren und sich in mantramässige Old School Schönwetter-PR zu verlieren».

Auch sei es wenig konstruktiv, sich einem Dialog zu verschliessen und kritische Presseanfragen notorisch abzuweisen. Damit tue sich die Branche keinen Gefallen und erwirke das Gegenteil, nämlich noch mehr Kritik. Dann brauche man sich auch nicht zu wundern, dass Kreuzfahrtschiffe als ein mit zunehmender Regelmässigkeit hochstilisiertes gewichtiges Symbol für Dekadenz, Wertezerfall, fehlende Nachhaltigkeit bzw. «eskapistischen Megazerstörungstourismus» (Soziologe Harald Welzer) oder «umweltschädlichen gesellschaftlichen Luxus, der eigentlich verboten gehört» (Philosoph Richard David Precht) bemüht würden und sich Zukunftsforscher wie Matthias Horx beispielsweise im «Club» von Fernsehen SRF gar zur These versteigen, dass «beschleunigte Formen des sehr sehr erhitzten, sehr schnellen Kapitalismus wie Kreuzfahrtschiffe in der Ökonomie der Zukunft so nicht wiederkommen würden».

Wunsch nach Austausch nie drängender

Mit seinem Referat trug Thomas P. Illes dem BdKom und Quadriga zufolge «in diesem Jahr besonders hohen Bedarf nach Diskussion in der Kommunikationsbranche» Rechnung. Die Verantwortung für Kommunikatoren/innen sei nie grösser gewesen, die kommunikativen und organisatorischen Herausforderungen nie komplexer, der Wunsch nach Austausch nie drängender. Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Gegenwart und die Zukunft von Kommunikation, auf die Gesellschaft als Ganzes, würden jede Menge Fragen aufwerfen, jedoch auch ganz neue Chancen bergen. Der Kommunikationskongress ergriff diese Chancen eindrücklich und wurde dieses Jahr digitaler, dezentraler, demokratischer und aktueller denn je geführt.

Die Hauptveranstaltung wurde erneut im bcc am Berliner Alexanderplatz durchgeführt. Sie fand erstmals als Hybrid-Event unter strengen Gesundheitsrichtlinien parallel und vernetzt mit dem digitalen Kongress statt. Geboten wurden Keynotes, Veranstaltungen, Diskussionen, Workshops und Vorträgen in acht Räumen, Exkursionen zu Unternehmen und Partner-Präsentationen.

Die Wichtigkeit und Relevanz des Kommunikationskongresses wurde unter anderem auch durch die Auszeichnung des Virologen Christian Drosten mit dem diesjährigen Ehrenpreis für herausragende Kommunikation unterstrichen. Sein preisgekrönter NDR-Podcast «Coronavirus-Update» wurde mehr als 60 Millionen Mal abgerufen. Details zu Programm, Referent/innen und den spannenden Inhalten des Kommunikationskongresses sind unter diesem Link ersichtlich.

(TN)