Cruise

Am neuen Sitz der MSC Kreuzfahrten AG an der Zürcher Stockerstrasse 23: Country Manager Pythagoras Nagos und Marketing Managerin Nastasia Mouttet. Bild: TN

«Reisebüros tun gut daran, Kreuzfahrten weiterhin zu pushen»

Gregor Waser

Seit einem halben Jahr leitet Pythagoras Nagos die Geschicke von MSC Cruises in der Schweiz. Im Interview äussert er sich zu den Herausforderungen der aktuellen Saison, zur Bedeutung des Reisebüro-Kanals und er nimmt Stellung zur wiederholten Kritik an der Cruise-Industrie.

Herr Nagos, der Kreuzfahrt-Boom der letzten Jahre war enorm. Wie erleben Sie die aktuelle Buchungssituation in der Schweiz?

Pythagoras Nagos: Wie es Badeferien-Veranstalter schon gesagt haben, auch wir verzeichnen ein eher verhaltenes Jahr bisher. Über die Gründe kann man spekulieren, etwa den Hitzesommer 2018. Die Tatsache ist, dass die Leute dieses Jahr weniger Geld ausgeben für Reisen. Das war in der Vergangenheit immer wieder mal der Fall – ein zyklisches Verhalten. Für uns als Firma ist nicht nur ein Markt massgebend, wir verkaufen in total 70 Ländern, insgesamt wird 2019 ein gutes Jahr. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass in der Schweiz im Jahr 2020 wieder verstärkt vorausgebucht wird und nicht erst in letzter Minute.

Betrifft die Zurückhaltung Ihr ganzes Angebot?

Es gibt Kabinenkategorien, bei denen wir uns keine Sorgen machen müssen, etwa bei den höherpreisigen. Bei anderen Kategorien sehen wir schon, dass es einen Nachholbedarf gibt. Aber es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass wir das bisherige Manko noch aufholen können.

Welche Regionen sind bei Schweizer MSC-Gästen gut gebucht?

Wir sind in drei grossen Regionen stark präsent. Mit vier Schiffen im westlichen Mittelmeer, mit fünf Schiffen im östlichen Mittelmeer und vier Schiffen in der Nord- und Ostsee. Das Mittelmeer bleibt für den Schweizer Markt die Nr. 1 für Kreuzfahrten, gefolgt vom Norden, ein Sommerprodukt. Das Mittelmeer verkaufen wir das ganze Jahr. Weiter haben wir noch stärker investiert in die Karibik mit der Insel Ocean Cay und einem neuen Terminal in Miami. Komplementär zum Norden avancieren die Emirate zu einer immer wichtigeren Winterdestination.

«Das vorgesehene Wachstum ist gut geplant»

Wie entwickeln sich die einzelnen Buchungsanteile?

Die B2B-Kanäle sind für uns weltweit die Nr. 1-Kanäle. 2,2 Millionen Passagiere heute und die erwarteten 6 Millionen im Jahr 2027 können wir nicht im Direktverkauf erreichen. Die B2B-Kanäle sind sehr wichtig für uns, auch in der Schweiz. Wir sind auf unsere Partner angewiesen. Kreuzfahrten sind ein sehr beratungsintensives Produkt, da können unsere Partner eine grosse Leistung bringen. Gleichzeitig merken wir, dass die B2B-Partner ein sehr loyales Publikum haben, auch überraschend viele jüngere Kunden. Und Kreuzfahrten bieten weiterhin sehr gute Provisionen. Reisebüros tun also gut daran, Kreuzfahrten weiterhin zu pushen. Direktkunden über Online-Kanäle haben wir auch, für den DACH-Markt verfügen wir über unser Call-Center in Salzburg.

Sechs Millionen Passagiere bis 2027... wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?

Zu unseren bestehenden 16 Schiffen kommen nochmals 13 neue dazu.

Aber Sie sprechen ja fast von einer Verdreifachung der Passagierzahl.

Die neuen Schiffe werden über grössere Passagierkapazitäten verfügen. Einige ältere Schiffe bei uns verfügen über Platz für 2000 Passagiere, auf der Meraviglia etwa finden 5000 Platz. Das vorgesehene Wachstum ist gut geplant, wir verfügen auch über die dazu benötigten Slots in den Häfen.

Sie sind in diesem Jahr bereits mit verschiedenen Preisaktionen im Markt aufgetreten. Wie schaut Ihre Preisstrategie aus?

Das Preis-Leistungsverhältnis ist für uns prioritär und der wichtigste USP. Wir bieten sehr gute Qualität zu sehr guten Preisen. Zu Beginn des Jahres treten wir im Markt mit einer Wave-Kampagne auf. Bei dieser lässt sich das gesamte Produkt buchen. Wir haben in diesem Jahr der 2. Person 50 Prozent gewährt, also 25 Prozent unter dem Strich für die gesamte Buchung. Nach Ablauf dieser Wave-Kampagne Ende Februar beginnt bei uns die Post-Wave-Kampagne. Bei diesen vergünstigten Angeboten lassen sich dann aber nur noch vereinzelte Abfahrten oder Kabinenkategorien finden. Das ist dann eine ganz andere Aktion. Jedes Unternehmen hat seine eigene Pricing-Strategie, wenngleich es da in der Reisebranche – ob Airlines, Hotels oder Cruises – Ähnlichkeiten gibt. Auf Schnäppchen oder Last-Minute-Angebote sind wir aber nicht angewiesen. Unsere Aktionen bewegen sich auf einem üblichen Markt- und Branchenniveau. Schweizer Kunden möchten wir aber generell ans Herz legen, so früh wie möglich zu buchen. Das lohnt sich preislich.

Was sagen Sie zur Kritik, dass die Kreuzfahrtindustrie Schuld ist vielerorts am Overtourism?

Dem widerspreche ich. Airbnb ist ein viel grösserer Auslöser von Overtourism als es Kreuzfahrten sind. Bei gewissen Häfen, etwa Venedig, machen Kreuzfahrtschiffe nicht einmal fünf Prozent des Besucheraufkommens aus. Die Cruise-Gäste kommen am Morgen und gehen am Abend. Overtourism können wir umgehen, indem wir das Routing ändern, das machen wir in Zukunft noch konsequenter; oder in Infrastruktur investieren wie wir das in Miami mit einem neuen Terminal tun oder der eigenen Insel Ocean Cay, wo man dem Gast ein ganz anderes Erlebnis bieten kann.

«Citybreaks, Wellness, Kulinarik, Ausflüge, Entertainment – ein beeindruckendes Mosaik»

Eine weitere Kritik lautet, dass Cruise-Gäste nur wenig Umsatz in die Städte bringen.

Gemäss den CLIA-Zahlen stimmt das so nicht. Der Kreuzfahrt-Tourist zahlt etwa Eintrittsgebühren bei Sehenswürdigkeiten, geht shoppen, essen, trinken. Ich denke, ein Resort-Hotel, aus dem der Gast überhaupt nicht rausgeht, bringt einem Ort deutlich weniger. Zudem sehen wir die Entwicklung, dass die Gäste gewisse Häfen wie Barcelona zunehmend bevorzugen zum Start oder zum Ende einer Kreuzfahrt, weil sie gerne noch ein, zwei Nächte in der Stadt verbringen möchten – und dies beschert der Stadt weitere Zusatzeinnahmen.

Was sagen Sie einem Gast, der noch nie auf einer Kreuzfahrt war und noch zögerlich ist, wieso er auf ein Schiff soll?

Eine Kreuzfahrt bietet unglaublich viel. Dazu gehören die Citybreaks, jeden Tag erlebt man eine andere Destination. Je nach Produkt gehören zu Kreuzfahrten auch Aufenthalte am Strand, etwa in der Karibik oder in den Emiraten oder im Sommer im Mittelmeer. Wellness, Kulinarik, Ausflüge, Entertainment, das alles gehört zum Mosaik. Wenn man nun all diese Aktivitäten alleine zusammenbasteln möchte, würde das viel mehr kosten und Zeit benötigen – und nicht so komfortabel von einer Firma angeboten, die das alles vorbereitet. Und die Flexibilität und Auswahlmöglichkeiten sind sehr gross.