Business Travel

So werden Geschäftsreisen wirklich umweltverträglicher

Die Organisation Fairunterwegs bemängelt, dass die Geschäftsreisebranche nach der Corona-Pandemie noch nicht wirklich nachhaltiger unterwegs ist als zuvor - und richtet Empfehlungen an Manager, Reiseorganisationen und Mitarbeitende.

Viel wurde während der Pandemie über den enormen Einbruch bei Geschäftsreisen geschrieben. Inzwischen scheint sich ein Comeback der Geschäftsreisen abzuzeichnen, welches stärker als erwartet ausfällt. Doch während den beiden Pandemiejahren hatte doch die Geschäftsreisebranche, ebenso wie die Leisure-Reisebranche, sich stark mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt und viele Unternehmen haben für eine «sinnvollere» Form der Geschäftsreise ihre Policies angepasst. Steht man also wirklich am Beginn eines nachhaltigeren Zeitalters bei Geschäftsreisen?

Der Verein Fairunterwegs hat hierbei seine Zweifel, wie Geschäftsführer Jon Andrea Florin festhält. Zwar sprechen Erhebungen für die These des nachhaltigeren Businessreisenden: 98 Prozent der Geschäftsreiseverantwortlichen wären nämlich bereit, mehr dafür zu zahlen, damit die Geschäftsreisen grüner und fairer werden. 97 Prozent der Mitarbeitenden würden dafür auch mehr Zeit investieren. Dies besagte der «Corporate Travel Sustainability Index», eine Umfrage unter 2450 Entscheidungstragenden in führenden Unternehmen und 2000 Geschäftsreisenden in 11 Ländern bereits 2020. Doch inzwischen - und trotz Corona - liegt die Anzahl der Buchungen für Geschäftsflüge wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie.

Dazu schreibt Fairunterwegs: «Geschäftsreisen sind keine quantité négligeable, weder fürs Klima noch für die Tourismuswirtschaft: Sie sind für schätzungsweise acht Prozent der Treibhausgasemissionen der Schweiz verantwortlich. Damit liegen sie fast gleichauf mit der Landwirtschaft (zehn Prozent).» Reisen aus beruflichen Gründen machten vor Corona rund sieben Prozent aller Reisen mit Übernachtungen aus; nahezu drei Viertel davon führten von der Schweiz ins Ausland, wie das Bundesamt für Statistik 2020 festhielt.

«Werden diese Reisen nachhaltiger, so wird eine beachtliche Wirkung für Klima und die Menschen, die vom Tourismus leben, erzielt», hält Florin fest, «umgekehrt können Unternehmen aus einem Reputationsrisiko eine Reputationschance machen und Kundinnen, Geldgebenden und Mitarbeitenden ihr Engagement tatkräftig aufzeigen. Und das mit einem überschaubaren finanziellen und zeitlichen Aufwand.»

Was es für faire Geschäftsreisen braucht

Damit aus einer Geschäftsreise eine faire Geschäftsreise wird, braucht es also das Engagement des Managements, der Reisorganisatorin und der Mitarbeitenden. Hierzu hat Fairunterwegs Empfehlungen für sämtliche angesprochenen Funktionsstufen formuliert, welche hier wiedergegeben werden.

Management

Das oberste To-do des Managements – von der Verwaltungsrätin über die CSR-Verantwortlichen bis zur Teamleaderin – für menschenrechtskonforme und umweltverträgliche Geschäftsreisen: Policy und Reglemente einführen, die auf den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und dem Pariser Klimaabkommen basieren. Zum Beispiel mit einem Treibhausgasbudget, das pro Mitarbeitenden oder Abteilung eine Maximalmenge an CO2-Emissionen vorgibt. Oder mit der ausdrücklichen Bevorzugung zertifizierter Hotels.   

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, die Chancengleichheit zu gewährleisten: Alle Mitarbeitenden unabhängig von Geschlecht, sexueller Ausrichtung und Hautfarbe können auf Geschäftsreise gehen.

Reiseorganisatorin

Die Reiseorganisatorin – das kann ein internes oder externes Reisebüro, die Assistenz oder jemand aus der Administration sein – macht, dass aus der Policy Praxis wird. Sie kann Risiken minimieren, indem sie Menschenrechts- und Korruptions-, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken scannt. Ausserdem informiert sie die Reisenden zur gesellschaftlichen Situation und den örtlichen Gepflogenheiten (auch zum Umgang mit Geschenken und Einladungen).  
Um den CO2-Ausstoss zu senken, schlägt sie die treibhausgasärmste Reisevariante vor. Die Reiseorganisatorin bezahlt faire Preise und präferiert Angebote mit Nachhaltigkeitszertifikat.  

Mitarbeitende

Ohne faire Geschäftsreisende keine fairen Geschäftsreisen. Mitarbeitende können den CO2-Ausstoss senken, indem sie den Zug, Bus und das E-Bike bevorzugen und den Flug kompensieren. Sie machen keine Eintagesreisen. Im Gegenteil: Die Mitarbeitenden versuchen nach der Geschäftsreise noch freie Tage anzuhängen oder gar einen Mix von Arbeit in der Gegend und Freizeit zu realisieren.

Entscheidend ist die Vorbereitung auf das Reiseland (z. B. wie hierarchisch ist die Betriebskultur?) und auf kritische Situationen (wie geht man mit der Einladung in ein Striplokal um?). Auch zum Geschäftserfolg trägt es bei, die lokale Kultur zu beachten, etwa Lautstärke, Haltung, Gestik und Kleidung der Kultur anzupassen und lokale Angebote zu präferieren. Dabei bezahlen die Reisenden faire Preise (keine Preisdrückerei), wählen zertifizierte Hotels und entrichten das übliche Trinkgeld.

Bei Prostitution und Korruption gibt es kein Pardon. Die Mitarbeitenden blocken sie sofort ab und melden den Vorfall der vorgesetzten Person und dem Compliance-Officer. Im Debriefing reflektieren sie auch eigenes Fehlverhalten, eine diffuse Rechtssituation oder nicht-einhaltbare Vorschriften.

Fazit: Für faire Geschäftsreisen braucht es einen Extra-Einsatz. Aber es lohnt sich - für die Reisenden, fürs Geschäft, fürs bereiste Land und für die Welt.

(JCR)