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Diskutierten im Parkhotel Zug die aktuellen Geschäftsreisetrends, von links: Dieter Zümpel (CEO DER Touristik Suisse), Renya Heinrich (CEO Zug Tourismus), Moderatorin Karin Kofler (Geschäftsführerin Zuger Wirtschaftskammer), Barbra Albrecht (MICE-Chefin/GL-Mitglied Schweiz Tourismus) und Markus Conzelmann (General Manager Radisson Blu Hotel Luzern). Bilder: CKÜ

Wachsen Geschäftsreisen nun doch stärker und schneller?

Cornel Küng

Seit Ausbruch der Covid-Pandemie hielt sich hartnäckig die Prognose eines nachhaltigen Einbruchs der Geschäftsreisen. Überholt nun die Realität die düsteren Prognosen? An einem Podiumsgespräch äusserten sich dazu Dieter Zümpel (DER Touristik Suisse), Renya Heinrich (Zug Tourismus), Barbra Albrecht (Schweiz Tourismus) und Markus Conzelmann (Radisson Blu).

Im Spannungsfeld von Klima, Pandemie und geopolitischer Unruhen erleben wir aktuell Schwankungen bei Geschäftsreisen, die es seit Beginn der kommerziellen Luftfahrt noch nie gegeben hat.

Rund vierzig Gäste folgten der Einladung von Zug Tourismus und der Wirtschaftskammer Zug gestern Abend ins Parkhotel Zug. Sowohl das Referat wie auch die Diskussion waren entsprechend der Gastgeber mehrheitlich Inbound geprägt.

Mit einem Kurzreferat lieferte Barbra Albrecht, bei Schweiz Tourismus zuständig für den Geschäftsreisemarkt, Impulse für die anschliessende Diskussion. Podiumsteilnehmer waren Dieter Zümpel, CEO DER Touristik Suisse, Renya Heinrich, CEO Zug Tourismus und Markus Conzelmann, General Manager Radisson Blu Hotel in Luzern, wie auch Barbra Albrecht. Der Anlass wurde von Karin Kofler moderiert, der Geschäftsführerin der Zuger Wirtschaftskammer.

Wie wird sich der Geschäftsreisemarkt erholen?

Die Gretchenfrage zuerst: Wie wird sich der Geschäftsreisemarkt erholen? Barbara Albrecht legte die Prognose anhand einer McKinsey Studie aus dem Jahr 2021 dar. Rund achtzig Prozent des Volumens vor der Pandemie dürfen wir erwarten. Firmen mit hoher Wettbewerbsintensität gehören zu den Rückkehrern, wie auch jene Unternehmen, die den persönlichen Kontakt als Erfolgsfaktor werten. Jungfirmen mit vielen Digital Natives werden virtuelle Treffen weiterhin favorisieren. Diese Grössenordnung der Markterholung wurde von den Podiumsteilnehmern als konservativ kommentiert. Dass jedoch der Geschäftsreisemarkt die Werte vor der Pandemie übertreffen werde, wagte niemand zu behaupten.

Das MICE-Segment zeichnet in der Schweiz für knapp zwanzig Prozent der Logiernächte verantwortlich. Mit CHF 330 ist der Tagesumsatz pro Gast jedoch nahezu doppelt so hoch gegenüber den touristischen Gästen. Rund zwei Drittel dieser Wertschöpfung erfolgt übrigens in Städten.

Interessant waren die Aussagen zum Standort Zug. Dieser hat aus bekannten Gründen einen überdurchschnittlich hohes Verhältnis zwischen Arbeitsplätzen und Einwohnern. Ebenso ungewöhnlich hoch ist die Anzahl registrierter Firmen. Nicht verwunderlich war somit die Aussage, dass Geschäftsreisen vor der Pandemie fast ein Selbstläufer waren. Ein Kuriosum passt jedoch ganz und gar nicht in dieses Bild: Der Kanton Zug hat gerade mal 27 Hotels, und kein einzig grosses 5-Sterne Haus. Ebenfalls fehlen internationale Hotelketten im Kanton gänzlich.

Was wird sich ändern? Nachhaltigkeit, ROI-Überlegungen und Meeting Design stehen ganz oben. Weniger Plenarsessions mit endlosen Referaten, mehr Aktivität in kleineren Break-out Gruppen. «Bleisure» ist definitiv mehr als eine Modeerscheinung. Die Verzahnung geschäftlicher wie auch privater Reiseabsichten wird eindeutig zunehmen.

Weniger Tagesreisen

Welche Reisearten gehören zu den Verlierern? Tagesreisen ins Ausland wie auch rein firmeninterne Reisen werden zunehmend vermieden. Das Kosten-/Nutzenverhältnis ist schlicht fragwürdig.

Zum Thema Nachhaltigkeit vermerkte Dieter Zümpel, dass die Reiseindustrie mit sieben bis acht Prozent Anteil für die Senkung des globalen CO2-Ausstosses relevant sei. Eine Vertiefung der Diskussion in Richtung konkrete Anstrengungen zur Förderung von Nachhaltigkeit war nicht zuletzt aus Zeitgründen schwierig. Gemäss Dieter Zümpel verfügen die TMCs heute über die entsprechenden Tools, um den gesteigerten Ansprüchen der Firmenkunden bezüglich Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen. Dass der ursprüngliche Fokus der direkten Verursachung auf die gesamte Wertschöpfungskette ausgedehnt werden muss (Scope 3), war unbestritten. Interessant war der Einwurf von Markus Conzelmann, dass aus eigener Erfahrung der kulturelle Unterschied bei Gästen zum Thema Food Waist enorm sei, und gerade die Hotellerie hier auch eine gewisse Erziehungsfunktion wahrnehmen könne. Dass ein Paradigmenwechsel stattfinde, blieb unbestritten. Dieser setzte jedoch nicht erst im Laufe der Pandemie ein. Märkte wie Skandinavien waren Vorreiter, und bedienten schon früh den Begriff «Responsible Business». Andere Märkte stehen noch in den Anfängen und haben entsprechenden Nachholbedarf.

Zuletzt wurde die Frage nach der Preisentwicklung aufgeworfen. Sowohl für Land- wie auch für Flugleistungen muss mit einer Steigerung im zweistelligen Bereich gerechnet werden. Die höheren Dossier-Umsätze – gerade in der Touristik – sind jedoch auch dem Nachholeffekt geschuldet. Reisende gönnen sich eine höhere Hotelkategorie, bezahlen mehr für Erlebnisse und reisen komfortabler.

Für Publikumsfragen verblieb wenig Zeit. Das Thema «Workation» wurde kontrovers beleuchtet, aus dem Podium jedoch als knifflig und aufwändig beurteilt. Der anschliessende Steh-Apéro gab jedoch Gelegenheit, offene Fragen im kleinen Rahmen einzuwerfen.

Dass Vertreter von Inbound und Outbound relevante Themen gemeinsam beleuchten, ist lobenswert. Gerade während der Pandemie wurde ja offensichtlich, wie der Outbound-Tourismus aus der Schweizer Brille ein Nischendasein pflegte.