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Das beste Kundenerlebnis zu schaffen, ist garantiert der beste Weg, um Loyalität zu erzeugen. Bild: AdobeStock

Was wird nun aus den Loyalitäts-Programmen der Airlines?

Fluggesellschaften weltweit haben ein komplexes Gratifikationssystem aufgebaut, um die Loyalität der Kunden zu fördern. Was passiert damit nun in Zeiten von niedriger Nachfrage und neuen Prioritäten?

Mit der Kunden-Loyalität ist es so eine Sache. Diese lässt sich auf ganz unterschiedliche Weise erzielen, zumal ja nicht alle Kunden gleich ticken. Für die einen ist Sofortgratifikation bzw. Schnelligkeit im Service das entscheidende Argument, für andere ist es die Erreichbarkeit bzw. die physische Präsenz an möglichst vielen Orten (ob real oder virtuell mittels Werbung), wodurch man sich einfach an einen Anbieter gewöhnt. Starbucks zum Beispiel macht nicht unbedingt besseren Kaffee als andere, ist aber omnipräsent und hat es geschafft, einen «Buzz» zu kreieren. Es gibt noch diverse andere Möglichkeiten, sich auszuzeichnen und Anreize zu schaffen. Kurz: Bei Loyalität geht es darum, ein Verhalten zu fördern, welches den Konsumenten «automatisch» in die Richtung eines Unternehmensangebots treibt.

Schwieriger wird es, wenn man Loyalität versucht mittels einem komplizierten System von Punkten/Meilen, Rabatten, der Verknüpfung zu Kreditkarten und dergleichen zu erreichen. Sie merken es, hier bewegen wir uns im Feld der Fluggesellschaften, welche Loyalität über komplexe Mitgliedschaftssysteme mit zahllosen «Goodies» zu erzielen versuchen. Der Leisure-Kunde wird sich kaum je an der Airline orientieren, sondern am Angebot auf der gewünschten Route und dann wohl auch am Preis. Anders verhält es sich bei Commercial-Kunden und Vielfliegern - diese werden dank besonderen Anreizen gerne mal spezifisch das Angebot einer gewissen Airline suchen.

In gewissem Sinne konnten Airlines dabei auch auf den Stolz gewisser Reisenden bauen: Mit ihrem Flugstatus geben Reisende schon gern mal an. Vielflieger sammelten wie wild Meilen, kauften sich gar Tickets für Flüge, deren Ziel es einzig war, Meilen zu sammeln (ökologisch natürlich fragwürdig), und schalteten im Gegenzug dafür immer höhere Statusstufen frei. Von den niedrigsten Vielflieger-Einstiegsstufen wie etwa «Ivory» bei Air France-KLM bis bis hin zum höchst exklusiven «HON Circle» der Lufthansa Group werden diese Systeme von den Fluggesellschaften aufgebaut und verfeinert, um eine gewisse Bindung und Abhängigkeit zu erzeugen. Erzielt wird die Loyalität mit kleinen Annehmlichkeiten wie früheres Boarding, Zugang zu Lounges, bevorzugte Sitzplätze oder auch die Möglichkeit, tatsächlich jemanden am Telefon zu erreichen. Kein Wunder, lässt sich der Status vieler Reisenden bereits an Gepäcktags ablesen, welche signalisieren, dass man zu den bessergestellten Reisenden gehört.

Doch wie sieht das nun im Sog der Corona-Pandemie aus? Ein Grossteil der Geschäftsreisen ist «in der Schwebe», also vorübergehend verschwunden, ohne Garantie, im selben Mass zurück zu kommen. Die Gewöhnung an Zoom führt nicht nur bei Firmen zur Frage, wie viele und welche Geschäftsreisen jetzt noch wirklich nötig sind, nein, auch Airlines müssen sich fragen, wie sie ihre Kunden dazu bringen können, einer Fluggesellschaft gegenüber loyal zu sein. Die einfachste Lösung ist es, zunächst einmal über die Krisenzeit mit weniger Flugtätigkeit einfach dem Kunden den Erhalt des Status gewähren. Doch bei einer Krise, deren Ende die meisten Airlines erst rund 2024 erwarten («Ende» im Sinne einer Rückkehr zu Nachfrage-Levels von 2019), ist das eine lange Zeit, um Privilegien zu bewahren und Egos zu schmeicheln.

Sinken die Hürden für Status-Erlangung wieder?

Die Frage lautet also: Was wird aus den Bonusprogrammen und Vielflieger-Stati, wenn das Geschäftsreise-Segment noch länger in der Krise ist? Klar ist, dass es Geschäftsreisen weiterhin geben wird, also persönliche Treffen vor Ort für Strategiesitzungen oder Verkaufsabschlüsse. Dass das bisherige Niveau wieder erreicht wird, ist bislang aber mehr frommer Wunsch als gesicherte Überzeugung.

In den letzten Jahren war es so, dass die Statusprogramme - vor allem jene der US-Fluggesellschaften - tendenziell immer schwieriger zu erreichen wurden. Zusätzlich zum Abfliegen von Meilen wurde immer mehr auch der generierte Umsatz in Betracht gezogen. Das war beim Lufthansa-Programm Miles & More bereits zum Jahresbeginn 2021 so kommuniziert worden (Travelnews berichtete), US-Airlines waren schon früher so vorgegangen. Zum Beispiel muss bei Delta ein «Diamond Medallion»-Mitglied pro Jahr 125'000 Meilen fliegen fliegen, aber auch mindestens 15'000 Dollar für die Flugtickets ausgeben. Damit wurden eigentlich nur noch Premium-Tickets mit hohen Ausgaben belohnt und nicht mehr die cleveren Meilenkombinierer. Man kann nicht sagen, dass die Meilenprogramme damit für Freudensprünge bei ihren Mitgliedern gesorgt haben.

Zum einen verabschieden sich damit wohl einige bisherige Vielflieger vom «Hamsterrad der Meilensammlung» und der ewigen Jagd nach Status - vielleicht ist das sogar ein Ziel der Airlines, doch damit geben sie auch einen Teil ihrer bislang loyalen Kundschaft her. Zum anderen könnte es auch einfach sein, dass sich viele nicht mehr von Meilen und Goodies ködern lassen, sondern lediglich vom Service. Wer weniger oft fliegt, wird sich in der Regel Business-Tickets leisten. Ob das genügt, um einen Status zu erlangen, ist dabei irrelevant: Wenn man Business-Class-Tickets kauft, bekommt man ohnehin viele der Vorteile, mit welchen Fluggesellschaften Premiumkunden verwöhnen.

Guter Service ist immer das beste Loyalitäts-Argument

Womit wir wieder bei der Marketingtheorie wären. Ein oft formulierten Grundsatz lautet: Das beste Kundenerlebnis zu schaffen, ist ein garantierter Weg, Loyalität zu erzeugen. Die Erfahrung bei der Verwendung des Produkts muss schlicht so gut sein, dass sie das Kundenverhalten wesentlich beeinflusst. Und zwar jedes Mal. Das macht Loyalität aus.

Wenn also eine grössere Sparte an Vielfliegern oder auch Geschäftsreisenden gar nicht mehr zu bestimmtem Status kommen kann, wird man einfach wieder den besten Flug, die beste Route oder das nach eigener Einschätzung beste Produkt für den bestmöglichen Preis wählen. Das Gängelband der künstlich via Goodies erzeugten Loyalität würde entfallen. Airlines können versuchen, ihre Hürden wieder tiefer zu legen, oder sich definitiv auf die «Spitze der Pyramide» (in Sachen erzeugtem Umsatz) konzentrieren. In jedem Fall aber werden sie bei ihrem Service und Bordprodukt prioritär ansetzen müssen, ebenso beim Netzwerk, das schnell wieder hochgefahren werden muss. Denn selbst der treuste Kunde kann nicht loyal zu etwas sein, das er nicht kaufen kann.

(JCR)