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«Unternehmen wägen genau ab, ob und wie Reisen in Risikoländer mit einer zehntägigen Quarantäne sinnvoll sind», sagt Andy Steherenberger Schweiz-Chef von AirPlus. Bild: TN

«Die Unsicherheit macht eine kurzfristige Planung der Geschäftsreise erforderlich»

Der Geschäftsreisebereich kommt nur ganz langsam wieder in die Gänge. Andy Stehrenberger, Geschäftsführer von AirPlus in der Schweiz, äussert sich zur aktuellen Situation.

Herr Stehrenberger: Die Geschäftsreisebranche kam durch die Corona-Pandemie zum Stillstand. Wie ist der aktuelle Stand?

Andy Stehrenberger: Wir sehen seit Juni wieder einen Aufwärtstrend, jedoch auf noch immer schwachem Niveau. Im Juli beispielsweise stieg die Zahl der Flugbuchungen im Vergleich zum Juni in der Schweiz nach unseren Zahlen um mehr als 30 Prozent, im Vergleich zum Mai verfünffachte sie sich sogar fast. Allerdings sind wir damit immer noch nur bei rund einem Zehntel der Reisen des Vorjahres. Wer reist, ist besonders innerhalb Europas unterwegs, bucht deutlich kurzfristiger und reist dabei aber für einen längeren Zeitraum. Lagen zwischen Abreise und Rückkehr im Juli 2019 noch im Schnitt 6 Tage, sind es nun 8,2 Tage und während Schweizer im vergangenen Jahr selbst innereuropäisch noch im Schnitt mehr als 30 Tage im Voraus buchten, waren es im Juli 2020 nur noch 19,3 Tage. Dabei planten Schweizer Geschäftsreisende in der Vergangenheit auch immer deutlich länger im Voraus als die Geschäftsreisenden anderer Länder. Besonders die Unsicherheit und immer wieder veränderte Regeln bei Ein- oder Ausreise sowie Reisewarnungen und -hinweise machen allerdings eine kurzfristigere Reiseplanung erforderlich.

Welche Auswirkungen hat die Liste der Risikoländer des BAG auf die Geschäftsreisetätigkeiten der Schweizerinnen und Schweizer?

Ob und wie sich die Liste mit Risikoländern des BAG auf die Buchungen der Geschäftsreisenden konkret auswirkt, lässt sich noch nicht abschliessend einschätzen. Da der weltweite Reiseverkehr erst langsam wieder anläuft, wären Vergleichszahlen nicht besonders aussagekräftig. Sowohl Unternehmen als auch die Geschäftsreisenden selbst werden sicherlich genau abwägen, ob und wie Reisen in diese Risikoländer unter den Voraussetzungen wie der zehntägigen Quarantäne sinnvoll sind. Neben der Quarantänepflicht dürften hier auch Einreiserestriktionen der Zielländer, wie beispielsweise in die USA, ebenso eine Rolle spielen wie die Verfügbarkeit von Verbindungen und eine allgemeine Risikoabwägung.

Wie hoch ist die Bedeutung dieser Risikoländer für den Geschäftsreisebereich in der Schweiz?

Mit den USA und Spanien sind aktuell zwei Länder auf der Liste, die zu den Top10- Zielgebieten Schweizer Geschäftsreisender zählen. Der Anteil dieser Länder an allen Flugbuchungen lag hier 2019 trotzdem bei immerhin «nur» 11 Prozent. Dazu kommen mittlerweile einige französische Gebiete mit erhöhtem Risiko. Ganz Frankreich hatte 2019 einen Anteil von 5,5 Prozent. Da sich das Infektionsgeschehen und damit auch die Einteilung in Risikoländer verändern kann, kann sich auch die Bedeutung für Geschäftsreisen verändern. Im vergangenen Jahr ging beispielsweise jede fünfte Flugreise Schweizer Geschäftsreisender nach Deutschland (Anteil: 19,3 Prozent). Würde Deutschland nun zu den Risikoländern hinzukommen, wäre die Bedeutung deutlich stärker. Andererseits können Länder bei entsprechender Entwicklung auch wieder von der Liste genommen werden, was mit Belgien und zuvor Schweden und Russland immerhin drei Top20-Ländern in den vergangenen Wochen gelang.

«Die Wirtschaft ist weltweit stark eingebrochen und jetzt langsam auf Erholungskurs.»

Wie ändern sich durch Corona die Anforderungen an das Geschäftsreisemanagement?

Geschäftsreisen werden auch in Zukunft wieder einen wichtigen Stellenwert in Unternehmen einnehmen. So gut Onlinemeetings auch funktionieren, sie können den persönlichen Kontakt nicht komplett ersetzen. Allerdings zeigt die aktuelle Krise, wie wichtig es ist, Komplexität managen zu können. Das gilt für das Unternehmen im Ganzen, wie auch für den einzelnen Geschäftsreisenden. Dabei geht es in erster Linie um die Umsetzung intelligenter, digitaler Lösungen mit der Implementierung effizienter Prozesse. Die Entwicklung geht beispielsweise in Richtung des komplett papierlosen Reisens mit elektronischem und damit auch kontaktlosem Payment im Hintergrund und der automatisierten Abrechnung von Reisebuchungen und -spesen. Mit zentralen Bezahllösungen beispielsweise fallen nicht nur lästige Bargeldvorschüsse und Abrechnungen weg. Das Unternehmen erhält zudem Kontrolle und Analysemöglichkeiten und kann so beispielsweise die Einhaltung von Reisekostenrichtlinien entsprechend gewährleisten.

Corona zeigt auch, dass Unternehmen eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren reisenden Mitarbeitern haben. Duty-of-Care ist das Stichwort. Welche Massnahmen müssen hierfür in Betracht gezogen werden?

Arbeitgeber haben gegenüber ihren Arbeitnehmern eine Fürsorgepflicht und hier wird eine höhere Professionalisierung notwendig, gerade auch im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit von Geschäftsreisenden. Auch ein Zahlungsdienstleister kann hier einen deutlichen Mehrwert bieten. Schliesslich laufen hier die Daten auf, die aufzeigen können, auf welchem Flug ein Reisender gebucht ist, in welchem Hotel er übernachtet und in welchem Restaurant er gegessen hat. Das kann im Notfall wertvolle Hilfestellungen geben. Wir arbeiten hier auch an Konzepten, wie wir zum Beispiel mit Anbietern, die Sicherheitsservices bereitstellen, mit uns diese Dienstleistungen über Datenaustausch verbessern können.

Wie wirkt sich die aktuelle Lage auf das Kostenbewusstsein von Unternehmen aus?

Unternehmen werden nun mehr denn je auf die Kosten achten. Die Wirtschaft ist weltweit stark eingebrochen und jetzt langsam auf Erholungskurs. Das A&O wird sein, dass Unternehmen ihre Ausgaben im Blick und damit unter Kontrolle behalten, alle Daten in hoher Qualität vorliegen haben und somit durch deren Analyse laufend Optimierungen vornehmen können. Durch zentralisierte Bezahllösungen ist beim Unternehmen alles an einem Ort hinterlegt und online einsehbar – unabhängig davon, über welchen Weg der Mitarbeiter seine Reise gebucht hat oder wo er ein Produkt für Unternehmenszwecke gekauft hat.

Gibt es bei so viel Datenqualität und der zentralen Bündelung nicht auch ein erhöhtes Sicherheitsrisiko?

Nein, ganz im Gegenteil. Nehmen Sie als Beispiel eine zentrale Reisestellenkarte. Der Einsatz ist hier auf reisebezogene Leistungen beschränkt, so dass beispielsweise das Risiko betrügerischer Abbuchungen hier äusserst minimal ist. Oder virtuelle Kreditkarten: Das sind Kreditkartennummern, die nur für einen bestimmten Kaufzweck generiert wurden und mit einer Gültigkeit, einem Kartenlimit und einer bestimmten Verwendungsart versehen sind. Selbst wenn jemand die Nummer in die Hände bekommen sollte, kann damit nicht einfach irgendwo im grossen Stil eingekauft werden, da diese virtuelle Karte nach der dafür vorgesehenen Benutzung nicht mehr gültig ist. Ein Missbrauch kann durch diese einmalige Nutzung also fast ausgeschlossen werden. Die bereits guten Sicherheitsvorkehrungen in diesem Bereich werden durch den Ausbau der IT-Infrastrukturen der Dienstleister laufend verbessert.

(TN)