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Reisende benötigen künftig verstärkt das Gefühl, sicher auf Reisen zu sein. Bild: Fotolia

Expert «Wir müssen lernen, klüger zu reisen»

Paul Abbott

Intelligenter zu reisen bedeutet auch, den gemeinsamen Ansatz für Reiseprozesse zu ändern, schreibt Paul Abbott, Chief Execute Officer von Amex GBT in einem Blog-Beitrag.

Nach Monaten der Kontaktbeschränkungen locken Reisen wie nie zuvor. Gleichzeitig wurde die Notwendigkeit des Reisens noch nie so stark in Frage gestellt.

Wie sich gezeigt hat, sind wir durchaus in der Lage, viele, wenn nicht die meisten, geschäftlichen Dinge online zu erledigen. Allerdings mahnt die Geschichte diejenigen zur Vorsicht, die Geschäftsreisen deswegen für tot erklären wollen. Faxe, E-Mails und Video-Konferenzen wurden zu ihrer Zeit alle drei zu Totenglöckchen für die Branche ausgerufen. Das Ende ist aber nicht eingetreten. Denn Reisen bietet etwas, was Telearbeit nicht bietet und auch nicht bieten kann. Wie ein Weiser einmal sagte: «Die Welt ist ein Buch, und wer nicht reist, sieht nur eine Seite.» Reisen überwinden Barrieren und schaffen Vertrauen, und das ist zu wertvoll, um es aufs Spiel zu setzen. Wir müssen daher in dieser neuen Ära einen neuen Ansatz für das Reisen entwickeln. Wir müssen lernen, klüger zu reisen.

Die vergangenen Monate haben gezeigt, wie eine Welt ohne Reisen aussieht. Nachdem die Einreisebeschränkungen in Kraft getreten waren, groundeten die Airlines ihre Flotten. Konferenzen, Tagungen und Seminare wurden online abgehalten. Millionen Menschen stiegen auf Kommunikationstools wie Zoom und Microsoft Teams um. Wir haben gelernt, mit der Situation umzugehen, wenn auch unter vielen Einschränkungen. Allerdings gibt es keinen Ersatz für persönliche Treffen, wenn es darum geht, Vertrauen aufzubauen, Innovationen zu entwickeln, Energie und Inspiration zu übermitteln. Für die Gesellschaft sind solche Mobilitätsbeschränkungen daher eine Bürde. Sie wiegt schwer, ist aber auch schwer zu messen. Einfacher lässt sich der wirtschaftliche Schaden quantifizieren, und eine globale Rezession scheint jetzt leider unvermeidlich.

«Die Geschichte hat gezeigt, dass Geschäftsleute persönlichen Treffen den Vorzug vor Video-Konferenzen geben.»

Die behördlich vorgegebenen Kontaktbeschränkungen werden nicht ewig in Kraft sein, die psychologische Dimension aber könnte die offiziellen Sperren überdauern. Reisen werden inzwischen als riskant und komplex wahrgenommen. Es wird wahrscheinlich mehr Störungen im Betriebsablauf geben. Aus heutiger Sicht ist es nicht schwer zu verstehen, warum manche Mitarbeiter sich lieber für eine Videokonferenz in ihr Wohnzimmer setzen, als in ein Flugzeug zu steigen.

Um die Welt wieder in Bewegung zu bringen, muss es für unsere Branche eine Priorität sein, diese Vorbehalte anzugehen. Und dazu müssen wir zusammenarbeiten. Es nützt nichts zu betonen, wie «sauber» wir im Vergleich zu unseren Mitbewerbern sind. Das erweckt nur den Eindruck, die Branche arbeite nicht nach einheitlichen Standards. Stattdessen müssen wir um Vertrauen werben. Das bedeutet, dass sich alle in der Branche gegenseitig unterstützen und füreinander eintreten. Dass Fluggesellschaften, Hotels und Travel Management Companies (TMC) einen einheitlichen, übergeordneten Standard für Geschäftsreisen leben. Noch nie lagen unsere Ziele so sehr auf einer Linie. Von nun an müssen wir den Wert des Reisens mit einer Stimme hervorheben.

Werbung für Geschäftsreisen sollte nicht schwer sein. Die Geschichte hat gezeigt, dass Geschäftsleute persönlichen Treffen den Vorzug vor Video-Konferenzen geben, weil sie stärkere und stärker sinnstiftende Beziehungen aufbauen. Wie Warren Buffett sagte: «Sie werden nie auf Augenhöhe sein, wenn Sie sich nicht in die Augen sehen können.» Reisen schafft auch Respekt für andere Kulturen. Es stärkt die internationalen Bindungen und ist ein wesentlicher Bestandteil des wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritts.

Die Welt kann daher mit der Wiederaufnahme des Reisens eine Menge gewinnen. Deshalb setzen wir uns stark dafür ein, die Welt wieder in Bewegung zu bringen. Und darum haben wir einen Service entwickelt, der jedem globalen Notfall standhält. Unser Geschäft ist auf genau solche Situationen wie die gegenwärtige ausgelegt. Im März, als die Welt geschlossen wurde, brachte GBT mehr als 35'000 Reisende nach Hause, verarbeitete mehr als 100'000 Erstattungen und mobilisierte Tausende von erfahrenen Reiseberatern, um starke Unterstützung zu bieten.

So dramatisch der März auch war, das Wiederhochfahren wird schwieriger sein, als es das Herunterfahren war. Es wird Fehlstarts geben. Der Wandel wird stetig und dennoch unvorhersehbar sein. Kontaktsperren sind zumindest lokal oder regional begrenzt jederzeit wieder möglich. Um diese Situation zu managen, brauchen Unternehmen Partner im Reisegeschäft, die erfahren und gut ausgebildet sind und Übung darin haben, in Notfällen Probleme mit globalen Verzweigungen zu lösen. Sie brauchen einen Service, der die Komplexität der Nach-Covid-19-Welt bewältigt. Einen Service, der Vertrauen schafft.

«Die Geschäftsreise-Branche ist der Motor der Weltwirtschaft.»

Das ist genau das, was TMCs tun. Ihr Service bietet personalisierte Informationen für die Zeit vor, während und nach der Reise über alle Kommunilationskanäle hinweg. TMCs ermöglichen während des Fluges den Messenger-Nachrichtenaustausch mit einem Reiseberater, Telefonate aus dem Taxi heraus auf dem Weg zum Flughafen oder Online-Kommunikation vom heimischen Schreibtisch aus: Ein TMC begleitet seine Kunden auf jedem Schritt des Weges, das ist eine Voraussetzung für intelligentes Reisen.

Intelligenter zu reisen bedeutet auch, den gemeinsamen Ansatz für Reiseprozesse zu ändern. Dies ist eine neue Ära. Die Reisenden bekommen es mit mehr Unsicherheit zu tun. Auch für die Travel Manager steht mehr auf dem Spiel. Bisher waren sie mit der Umsetzung von Richtlinien, der Entwicklung von Reiseprogrammen und dem Management der Kosten betraut, jetzt liegt das Wohlergehen der Kollegen in ihren Händen. Gleichzeitig beginnen die Aufgaben der TMCs schon in dem Moment, in dem ein Reisebedarf erkannt wird, und enden möglicherweise erst lange nach der Rückkehr eines Reisenden. Von jetzt an wird jede Reise so organisiert, als ginge es um die Planung einer Veranstaltung, mit Ratschlägen, Reiseplan und Kontaktdaten für jeden Schritt der Reise. Nur so ist der Seelenfrieden unterwegs garantiert.

Die Geschäftsreise-Branche ist der Motor der Weltwirtschaft. Sich von Angesicht zu Angesicht zu treffen – jemandem auf Augenhöhe zu begegnen – ist für den Aufbau erfolgreicher Beziehungen von grundlegender Bedeutung. Covid-19 fordert diesen Teil des Geschäftslebens ernsthaft heraus. Um die Wirtschaft in Bewegung zu bringen, müssen wir die Welt wieder in Bewegung bringen. Wir müssen Reisenden und Arbeitgebern das Gefühl geben, sicher zu sein. Wir müssen die zusätzliche Komplexität und Unsicherheit der Welt nach Covid-19 von ihnen fernhalten. Dafür brauchen wir einen übergeordneten Standard für Geschäftsreisen. Dies ist ein entscheidender Moment. Wir müssen aktiv werden.