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Bild: Airbnb

Kommentar Meins ist deins: Die grenzenlose Sharing-Economy

Gregor Waser

Über das Gerangel von Priceline, Expedia und Airbnb um Privatunterkünfte. Und wieso Reisende nicht genug kriegen vom Tauschen.

Vor zehn Jahren war dies noch nicht vorstellbar: Tausende, Millionen übernachten bei Privaten, lassen sich in Privatautos herumchauffieren, folgen Einheimischen durch deren Städte. Aus einigen Studenten, die zu Beginn des Jahrhunderts Couchsurfing ausprobierten, ist über Nacht ein gigantischer Wirtschaftszweig entstanden.

Airbnb wurde erst 2008 gegründet. Acht Jahre später zählt die Wohnungsvermittlungsplattform 60 Millionen Kunden und ist drauf und dran, die Platzhirsche in der weltweiten Bettenvermittlung, Booking.com und Expedia, schwindlig zu spielen. Die Fahrdienste Uber und Lyft schiessen ebenso empor. Weltweit stehen Taxiunternehmen vor einer Konkurrenz, die sie zunächst nicht ernst nahmen und nun mit allen Rechtsmitteln zu bekämpfen versuchen.

Zwar haben mittlerweile die Priceline-Tochter Booking.com mit der Online-Vermittlung von Hotelbetten und Expedia (mit Hotelbetten und Flügen) in der weltweiten Hotellerie eine unerhört starke Stellung eingenommen. Airbnb und das Phänomen Sharing-Economy bringen die beiden Giganten aber unter Zugzwang. Expedia ist mit dem Kauf von Homeaway im November zumindest einmal ein Schritt in die neue Welt gelungen, den Booking.com wohl nur zähneknirschend zur Kenntnis genommen hat. Das laufende Jahr wird vom Gerangel der zwei Giganten und dem Shooting-Star weiterhin geprägt sein.

«Die Bäckerei, die Bar und der coole Laden um die Ecke»

Der Treiber hinter der rasanten Entwicklung ist der jederzeitige Zugriff auf Daten von beliebiger Stelle aus, der drahtlose Austausch mit anderen Geräten. Im Post-PC-Zeitalter haben sich die Anwendungen emanzipiert. Und die User ebenso.

Technologie ist das eine, das Bedürfnis von Reisenden, in Privatunterkünften zu weilen, gerade in Städten, pusht die Entwicklung genauso. Da spielt die soziale Komponente mit. Bei der Schlüsselübergabe vom Wohnungsvermieter zu erfahren, welche Bäckerei, Bar und coolen Läden um die Ecke unbedingt zu besuchen sind, teilt einem der Réceptionist eines Hotels nur auf Bitten hin mit, wenn er es denn weiss.

Naturgemäss tauchen jetzt immer mehr Player in der Sharing-Economy auf und auf Peer-to-Peer Marktplätzen, wo sich Gleichgesinnte austauschen und einander Dienste zur Verfügung stellen. Wie lange die Goldgräber-Stimmung herrscht, bis sich die Tauschindustrie in ihrer Grösse gefunden hat oder wieder abkühlt, muss sich nun zeigen. Faszinierend ist jedenfalls, in welcher Vielfalt und Breite nun überall Dienste auftauchen und die Tourismusindustrie in ihren Grundfesten zwar nicht erschüttert, aber zumindest das bisherige Geschäftsmodell und die Vertriebswege in Frage stellt.

Flightcar.com oder Getaround.com sind Tauschplätze, wo Reisende von Privaten ein Auto mieten können. Neben der Plattform Getyourguide.ch, die mit professionellen Anbietern für Stadtentdeckungen arbeitet, tauchen immer neue Vermittlungsseiten zu lokalen Guides und Einheimischen auf, etwa Toursbylocals.com, Contexttravel.com, Viator.com oder Yourlocalcousin.com. Food-Enthusiasten haben das social dining entdeckt auf Mealsharing.com („Eat with people around the world“) oder Bonappetour.com. Und natürlich, unter Getmyboat.com, kann man auch auf einer Barke temporär Platz nehmen.